Wochenrückblick KW 47

Da bin ich direkt mit meinem Vorsatz wieder gescheitert. Wöchentlich tagebuchbloggen. Die letzten Wochen waren chaotischer als sonst, ich noch müder und alles Durcheinander. Darum gibt es jetzt eine Zusammenfassung mit vielen Bildern.

Ein Stein, bemalt mit einer Tomate und darunter als Wort "Tomate"

Letztes Jahr habe ich im (Gemüse)Garten richtig losgelegt. Seit drei Jahren wohnen wir hier, dann war ich aber aufgrund meiner Krankheit echt überfordert mit Gartenarbeit und erst jetzt konnte ich mich etwas mehr kümmern. Tatsächlich stellte ich schnell fest, dass ich mir trotz der kleinen Fläche, die ich ‚bewirtschafte‘ nicht merken konnte, was ich da ausgesetzt, bzw eingesetzt habe. Beschriftete Stöckchen oder Eisstiele verrotteten zu schnell oder wurden von Kindern und Katzen ‚verschleppt‘. Ich versuche es ab nächstem Jahr mit bemalten und beschrifteten Steinen. Ab und zu hab ich dann die Muße, mal ein Gemüse aufzumalen.

Im Vorgarten liegt ein Totenkopf und zwei Skeletthände, die aus der Erde ragen. Ein Holzkreuz. Beleuchtet wird alles mit rotem Licht

Halloween ist das Lieblingsfest von Kind1. Hier im Dorf gibt es aber noch viele alte Menschen, die Halloween als Konkurrenz von St.Martin erleben (und das den Kindern auch so klagen, wenn sie doch klingeln). Unser Haus wird an Halloween schick dekoriert und beleuchtet, ein paar Nachbar:innen und Freund:innen kommen zum Grillen und die Kinder toben ums Haus, verteilen Süßes und Saures oder gehen selbst von Tür zu Tür.

Eine Babymaus auf einer offenen Kinderhand

Der Hund hat beim Waldspaziergang ein Mäusenest ausgehoben. Die Mama und ein Kleines waren schon tot, als ich Hundi verscheucht hat, zwei Kleine hab ich völlig gedankenlos geschnappt und in meine Jackentasche geworfen und nach Hause gebracht. Zwei Kinder waren ganz aus dem Häuschen, ich versuchte zu erklären, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit sehr gering ist. Wir nahmen einen Schuhkarton, eine Wärmflasche, ein Handtuch und machten den Mäusen ein Nest. Die erste Nacht überlebten sie, dank der guten Pflege durch Kind1. Die zweite Nacht schafften sie nicht und ich hatte hier viele Emotionen aufzufangen. Wir schaufelten ein Grab im Vorgarten und stellten eine Grabkerze darauf.

Ein selbstgestrickter Schal aus grauer Wolle

Nachdem der erste Schal, den ich jemals gestrickt habe, bis zur Fertigstellung Jahre dauerte ist der zweite Schal in nur einem halben Jahr fertig geworden 😀 Eigentlich wollte ich ihn für mich, aber Kind 2 fand die Wolle so megaweich und ’schnuffelig‘, dass er ihn nun bekommen hat. Trotz des Ausreißers im eigentlich sehr einfachen Muster bin ich ein bisschen stolz. Der nächste ist bereits angefangen und bekommt ein Schachbrettmuster.

Ein Selfie von mir, einer Frau mit blauen, schulterlangen, gewellten Haaren. Von Hinten bricht sich die Herbstsonne auf meinem Kopf

Selfie bei der Hunderunde. Ich bin echt froh, über das schöne Herbstwetter und das goldene Licht. Hundi ist ja jetzt fast ein Jahr bei mir, und auch wenn sie für Außenstehende noch wie ein unerzogenes Tier wirkt, konzentriere ich mich auf die vielen kleinen Fortschritte, die sie bereits gemacht hat.

Ein alter Hof in Lützerath, mit einem Banner auf dem "1,5 Grad heißt: Lützerath bleibt!" steht
Die Front eines alten Bauernhofs, bemalt in der trans-inklusiven Pride-Flagge. Über dem Torbogen die Aufschrift "The first pride was a riot"
Das riesige Braunkohle-Loch neben dem Örtchen Lützerath. Am oberen Rand der Abbruchkante sieht man eine Kirche zum Größenvergleich. Am Grund des Lochs steht ein riesiger Kohlebagger

Ich war auf der Demo gegen Braunkohletagebau in Lützerath. Ich war ja bereits auf einigen Demos, aber diese war besonders. Klein, harmonisch, intersektional. Keine Ahnung, wie es dort weiter geht, aber ich fahre bestimmt noch mal vorbei.

Screenshot einer audible Datei. Das HÖrbuch "Wie viel. Was wir mit Geld machen und was Geld mit uns macht" von Mareice Kaiser

Bücher von Mareice Kaiser kann man immer besten Gewissens empfehlen. Ich hab mich sehr gefreut, dass sie sich dem Thema Geld angenommen hat. Vor wenigen Jahren habe ich das erste Mal genug Geld gehabt um zu denken „jetzt könnte am Ende des Monats aber mal was übrig bleiben“ und mich zu fragen, was ich mit dem übrig gebliebenen Geld für meine Altersvorsorge oder die Kinder oder sonst was tun könnte. Bisher habe ich keine perfekte Lösung, aber einen Plan. Und Mareices Buch war sehr differenziert und klug (auch wenn es keine Tipps für die perfekte Geldanlage hat ^^) und ich fand mich in vielen Gedanken wieder.

Ein Buchregal mit vielen Kinderbüchern

Ungefähr einmal im Monat betreue ich die Schulbücherei in der Grundschule. In der ersten großen Pause kommen ein Dutzend Kinder, bringen ihre Bücher zurück und suchen sich neue aus. Mir macht das Freude, für mich waren und sind Bibliotheken Happy Places. Auch wenn diese „Rush Hour“ in der die Kids reinstürmen, Bücher aus dem Regal reißen, ein Kind nach Pferdebüchern, das andere nach dem siebten Band vom Magischen Baumhaus fragt, alles andere als die Art Idylle sind, die ich suche, wenn ich eine Bücherei betrete.

Ein wunderschönes Holland-Rad ohne Griffe

Vor einigen Wochen musste ich eine Radtour unterbrechen und direkt zur Schule von Kind1 fahren. Da ich anschließend vom Mann mit dem Auto abgeholt wurde, stand das Rad einige Zeit da so rum. Als ich es dann letzte Woche abholte, hat sich jemand einen Spaß erlaubt und die Griffe abgezogen. Warum bitte macht man sowas? Also einen Platten drehen, aber Griffe klauen? Ist jetzt ein bisschen kalt und rutschig.

Ein Haargummi aus Stoff, rote Rosen auf grau-rotem Grund

Mein erstes kleines Nähprojekt ist ein Scrunchie (aka 80er Jahre Haargummi) aus einem Stoffrest (es war wohl mal ein Tragetuch). Ich bin ein bisschen stolz, denn beim räumlichen Denken bekam mein Hirn fast einen Knoten und die letzte Naht war lange nicht perfekt aber hat gehalten. Als nächstes versuche ich mich an Kissenbezügen, da erinnere ich noch dunkel, wie wir im Textilunterricht in der Schule (gab es mal für ein Schuljahr oder so) welche genäht haben. Also meine sind natürlich, wie sehr viele Kunst- und Textilprojekte, nie fertig geworden. Aber vielleicht bin ich ja endlich erwachsen genug, um durchzuhalten.

Nun bin ich krank, wordpress lässt mich keine weiteren Bilder mehr hochladen und der Weihnachtsmojo lässt noch auf sich warten.

Habt einen besinnlichen Advent und bleibt/werdet gesund!

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Diagnostik

Disclaimer: Wir befinden uns im Januar 2020, eine Woche, nachdem ich den Knoten ertastet hab.

Mein Gynäkologe hat mir direkt einen Termin im Krankenhaus gemacht, zur Biopsie des Gewebes. Auch wenn sich alle einig scheinen, dass es ’sehr ernst‘ ist, kann nur eine Gewebeentnahme Gewissheit bringen.

Ich warte am frühen Morgen auf dem langen Flur der Klinik. Dr. W. kommt mir gut gelaunt entgegen. Er erklärt mir, was jetzt gemacht wird: Er tastet erst mal meine Brüste ab. Mit seinen Händen, mit dem Ultraschallgerät. Er findet den Knoten schnell. Und sieht auch noch zwei Kleinere, direkt daneben. Auch ein Lymphknoten gefällt ihm gar nicht.

Aller guten Dinge sind drei, sage ich.

Erst wird die Stelle auf meiner Brust betäubt. Dann kommt eine größere Nadel für die Gewebeentnahme. Auf dem Bildschirm verfolge ich den Weg der Nadel in dieses Gewirr von unkontrollierten Zellen und wieder heraus.

So, sagt Doktor W.

Danke, sage ich brav.

Auch Doktor W. ist sich ziemlich sicher, dass es sich um einen ‚malignen‘, also bösartigen Tumor hält.

Bevor ich mich wieder anziehe, soll ich mich noch mal hinstellen. Er macht mit einem Tablet Fotos von den Stellen, die er mit einem Stift markiert hat.

„Die Fotos tun sie aber nicht auf facebook, ne?“ witzel ich. Doktor W. sagt nur „ich bin nicht bei facebook“ und verzieht keine Miene. Vermutlich wird hier nicht oft gewitzelt und ich frage mich gleichzeitig, warum ICH versuche hier die Stimmung aufzulockern. Vermutlich hat er das jeden Tag. Jeden Tag Menschen, denen er sagt: „Tut mir leid, Sie haben Krebs.“

Na gut, streng genommen tut er das (noch) nicht. „Da müssen wir jetzt die Ergebnisse der Pathologie abwarten. Aber operieren müssen wir sehr wahrscheinlich. Leider ist der nächste freie Termin erst in zwei Wochen.“ Er guckt Verständnis suchend, ich wohl ziemlich überrascht. „Oh, in zwei Wochen schon. Ok, das geht aber schnell.“ Ich denke an den Job, an Kinder, den ganzen Mental Load den man ja auch ein halbes Jahr im Voraus mit sich trägt und plane in Gedanken, wie da jetzt ein Krankenhausaufenthalt reinpasst.

Ausschluss

Er bringt mich zur Breast Health Nurse, die passenderweise den Namen Frau Helfer hat. Frau Helfer druckt mir alle Termine aus, für die ganze weitere Diagnostik. Knochenszintigramm, Leber-CT, irgendwas mit Lunge und Hirn.

Wofür das alles? frage ich.

Zum Ausschluss von Metastasen, sagt Frau Helfer nüchtern, aber nicht kalt.

Zum ersten Mal spüre ich einen Hauch von Panik. Das war jetzt ein schneller Übergang von „ganz sicher kann das nur die Pathologie sagen“ zu „vielleicht ist der Tumor in meiner Brust nicht das Hauptproblem“. Ich weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel über Brustkrebs, aber dass Metastasen die Prognose nicht besser machen, das weiß ich sehr wohl.

Eine Woche später sitze ich wieder bei Dr. W., die Auswertung der Gewebeanalyse ist da. Er erklärt mir die Bedeutung der einzelnen Werte. Irgendwas mit Hormonrezeptoren, Teilungsgeschwindigkeit von Zellen, Tumorzellen in und außerhalb von Milchgängen. Auf meine Bitte hin gibt er den einzelnen Faktoren Schulnoten. Aber er sagt, dass man die Teilnoten nicht einfach zu einer Gesamtnote zusammen fassen kann, es sei etwas komplexer. Am Ende habe ich gefühlt ein befriedigend plus. Aber so richtig sagen könnte ich das nicht. Ich versuche Zwischentöne, Blicke, Nebensätze zu interpretieren, aber es fällt mir schwer. Er schaut manchmal ermutigend, manchmal will er wohl mitfühlend gucken, ich kann es nicht deuten, mitfühlend gucken, das macht mir Angst, denn das heißt, dass es Grund zur Sorge gibt. Aber was heisst das, Grund zur Sorge, klar, Krebs ist schlimm, aber Brustkrebs ist doch gut behandelbar. Ich werde noch oft den Eindruck haben, dass ich Krebs anders fühle, als andere. Aber jetzt erst mal Fokus auf die nächsten Schritte: Ausschluss weiterer Metastasen und den Tumor chirurgisch entfernen lassen.

Die anderen Untersuchungen, die CTs, das Szintigramm, laufen viel tonloser ab, in den Spezialabteilungen, in der Radiologie. Überhaupt scheint mir die Radiologie ein eigener Kosmos im Krankenhaus, ein spezieller Schlag Mensch. Ich glaub, bei der Szintigrafie muss ich eine Flüssigkeit trinken und bekomme gesagt, dass ich mich ein paar Tagen von kleinen Kindern fern halten soll. Ich muss also dem Kind, dass noch regelmäßig zu uns ins Bett kommt und viel kuschelt sagen, dass Mama das grade nicht darf. Zum ersten Mal steht da diese Krankheit zwischen mir und meinen Kindern.

Ich bin in diesem Stadium ein Objekt, eines, das untersucht werden muss. Dem das Innere durchleuchtet wird und ich fühle mich tatsächlich etwas ‚auseinandergenommen‘ nach den Terminen. Zumal ja auch danach nie eine konkrete Antwort a la „alles gut“ oder eben „oh oh“ wartet. Ausziehen, auf die Liege, durchleuchten lassen, aufstehen, anziehen und von vorn. Robota-robota-robota.

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Das Beschriebene ist zwei Jahre her. Über meine Krebserkrankung konnte ich nur ansatzweise ‚live‘ schreiben. Darum kann es JETZT sein, dass ich manches nicht mehr akkurat wiedergebe. Manche Details habe ich noch sehr genau vor Augen, wie die Biopsie bei Dr. W.; die Untersuchungen in der Radiologie dagegen, die zeitlichen Abläufe, all das ist eher verschwommen.

Ich habs ja nicht so mit Mitleid, weil es oft ein schmaler Grat ist zwischen echter Anteilnahme und Floskeln oder schlimmer ‚falscher‘ Anteilnahme.

Ich wollte erst sehen, ob ich bleibe. Ob ich überlebe. Und hey, hier bin ich. Aber SPOILER einfach war und wird es nicht. Dazu ein anderes mal.

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Wochenrückblick KW42

Tagebuchbloggen. Das Schwierigste und das Schönste. Schwierig, weil man noch mal innehalten und das alltägliche Chaos der Woche Revue passieren lassen muss. Schön, weil man in diesen Momenten feststellt, dass dieser Alltag ganz viele Kleinode birgt, die man aber im Vorbeigehen nur aus den Augenwinkeln zur Kenntnis nimmt, weil geradeaus schon der nächste Punkt auf der To Do Liste wartet.

Jedenfalls möchte ich das Tagebuchbloggen wieder ausprobieren, zum einen scheinen mir alle anderen Themen so groß, komplex, gewaltig und gleichzeitig ist das Alltägliche, das Tagebuchbloggen auch meine liebste Kategorie auf anderen Blogs oder in den Storys anderer auf Instagram.

Jedenfalls fängt die Woche mit Schulbeginn nach den Herbstferien an und dementsprechend ist die Laune beim Aufstehen. Obwohl ich dennoch überrascht bin, ich habs mir schlimmer vorgestellt. Wenn ich die Kinder morgens in den Tag begleite, ist das zum einen echt ruhig, da ich selbst lange brauche um wach zu werden, dafür gegen Ende meist sehr hektisch, weil die Kids ihre Sachen nicht finden.

Als der Mann die Kinder fertig machte, während ich noch im Bett liegen blieb, fiel mir auf, wie viel die reden!

Ich habe derweil eine Fortbildung in der großen Stadt. Es geht um die Arbeit als Inklusionsbeauftragte im Betrieb und die Beteiligung bei Personalentscheidungen. Tja, am Ende von Tag zwei stellt sich raus, dass ich da als Inklusionsbeauftragte gar nicht beteiligt werde, dass sich alles, was der Dozent vorträgt, auf die Schwerbehindertenvertretung bezieht. Ok, ist trotzdem gut, das alles zu wissen, ich hab während der langen Busfahrten ein paar Podcasts gehört und so, aber drei Tage Pendelei lassen mich wieder mein Homeoffice sehr schätzen.

Am Freitag haben der Mann und ich frei. Wir fahren nach Köln rein, essen dort was zu Mittag, reden ohne Unterbrechung durch mitteilungsbedürftige Kinder, hungrige Katzen oder den bewegungsfreudigen Hund.

Ich habe etwas Lila zu den blauen Haaren hinzugefügt.

Abends ist dann wie jeden Freitag „Pommes und Popcorn Abend“ oder „Fritten und Film Nacht“ aka ich darf einen Familienfilm aussuchen und die Kinder schauen mit. Wenn sie selbst Fernsehzeit haben, schauen sie nämlich so gut wie nie Filme. Die Wahl fällt diesmal auf „Small Foot“, ein Film, bei dem ein Yeti auf einen Menschen trifft aber ihm in seinem eigenen Yeti-Dorf niemand glaubt, dass er wirklich einen Menschen, einen Klein-Fuß, gesehen hat.

Das erste Mal Samen selber gesammelt.

Das Wochenende ist maximal unspannend, mit Hunderunden, Spielenachmittag, ein bisschen aufräumen, entrümpeln, und STEUERERKLÄRUNG, zum ersten Mal gemeinsam als Eheleute (Steuerklasse 4/4). Der Sonntag heute ist fast perfekt, der Familienfrieden wird einzig und allein dadurch gestört, dass die Kinder im Stubenhockermodus sind, obwohl sie dringend mal Bewegung bräuchten. Das äußert sich dann in ständigem kippeln, zappeln, Geräusche machen… da sie sich trotzdem weigern, vor die Tür zu gehen ergreifen der Mann und ich die Flucht in die Hunderunde und genießen das milde Herbstwetter.

Abends wird der Wochenplan für nächste Woche gefüllt, die Arbeitswoche sieht voll aus, der Mann hat Geburtstag, hier und da ein Termin. Ich hoffe, auch die nächsten Tage werden voll dieser Kleinode sein.

Bis bald!

P.S.: WordPress hat ein Newsletter-Widget, das ich wohl irgendwann mal installiert hab – falls ihr meine Blogbeiträge direkt ins Postfach bekommt meldet euch doch mal kurz, ich hab mit einer Mailadresse einen Test versucht, aber erhalte keine Benachrichtigunen.

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Noch jemand da?

Schreiben ist wie ein Muskel und ich habe ihn das letzte Jahr nicht trainiert.

Dabei sind so viele Gedanken, die eigentlich mal gelüftet werden müssten, damit ich sie in Reihe aufstellen und sortieren kann. Stattdessen liegen sie, wie ein Dutzend Welpen, aufeinander, rollen übereinander, machen Kusselköpper und stolpern vor sich hin.

Aber irgendwo muss ich ja wieder anfangen, mit der Schreiberei. Und ich habe in den letzten Jahren oft gemerkt, dass Anfangen der wichtigste Schritt ist. Bei allem.

Das letzte Jahr von Mitte 21 bis jetzt zusammengefasst?

  • der Mann und ich haben geheiratet. Nach 14 Jahren „wilder“ Ehe
  • wir waren vom Hochwasser betroffen, auch wenn es nur den Keller unter Wasser gesetzt hat und wir mit Sachschäden davon gekommen sind. Die Menge an Wasser und vor allem, wie schnell wir im Keller knietief drin standen waren dennoch erschreckend
  • wir haben viel Zeit mit dem Wohnwagen in Holland verbracht
  • und die Kinder und ich haben dort gewindsurfed
  • wir haben vierbeinigen Familienzuwachs bekommen – Fotos folgen
  • Das große Kind geht in die weiterführende Schule
  • überhaupt werden die Kinder so selbstständig
  • zwei Fahrten mit Krankenwagen wegen Unfällen der Kinder (ok, eines der Kindes, aber ich verrate nicht, welches)
  • wir waren – als Familie – bouldern
  • wir haben Brettspiele gespielt
  • einige nicht so schöne Dinge, die uns aber als Familie zusammenwachsen lassen, die mir zeigen, worauf mein Fokus liegen sollte

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Wochenende

Samstag

Nach einer Woche Ferien schaffe ich es endlich mal, in die zweite Tiefschlafphase am Morgen zu gleiten und wache verdutzt um kurz vor acht auf. Die Kids haben im Wohnwagen vorm Haus geschlafen und sind noch nicht wach. Ich setze mich ins Wohnzimmer und genieße die paar Minuten Ruhe. Ich lese in dem Jugend-Krimi, den ich mir letzte Woche ausgeliehen habe. Sehr spannend geschrieben, dabei gar nicht dramatisch oder spektakulär. Aber liest sich fast in einem durch.

Jugendbücher mag ich immer noch sehr. Dieses ist sehr spannend

Am Vormittag fahre ich ins Einkaufscenter, weil ich ein paar Sachen für unsere Hochzeit kommende Woche brauche. Shoppen war noch nie ein Vergnügen für mich, um so schlimmer, wenn ich mit bestimmten Vorstellungen in diese Malls mit ihren 08 15 Ladenketten muss. An diesem Feriensamstag bin ich nicht die Einzige, die ans einkaufen denkt und es wird mir ganz schön warm bei den Menschenmassen.

Angezogen in Jeans, T-Shirt, mit den blauen Haaren und einer Maske duzt mich der Kassierer – vielleicht gehört es auch zur Geschäftspolitik, alle zu duzen. Aber als er „dann wünsch ich dir ein schönes Wochenende“ sagt und ich mit „Danke! Ich dir auch!“ antworte guckt er zu verdutzt, als dass ich an die Geschäftspolitik glaube.

Zuhause nähe ich die restlichen, kaputten Jeans der Kinder um, sodass sie nun wirklich ausreichend kurze Hosen haben. Der Mann muss arbeiten und die Kinder sind so quengelig, dass ich vermute, das Mittagessen wurde vergessen, als ich weg war und sie sind hangry. Ich mache das Chili vom Vortag warm, und nach dem Essen ist die Stimmung tatsächlich etwas ausgeglichener.

Die Kinder spielen noch mit den Nachbarskindern draußen auf dem Fußballplatz. Am Abend schauen sie mit mir die dritte Staffel Virgin River – keineswegs eine kindertaugliche Serie, aber ich hab keine Energie, sie ins Bett zu schicken und abgesehen von den vielen Fragen, die sie stellen, ist es für uns alle bequemer so.

Sonntag

Ich lese morgens den Krimi weiter, die Kinder spielen nach der Medienzeit draußen und die Katze kommt tatsächlich mit zwei klitzekleinen Nacktschnecken im Fell zu mir ins Bett. Ich mein, WTF, Nacktschnecken??? Ich mein Zecken hat sie auch dabei, die find ich grundsätzlich viel ekliger. In diesem Fall ist sogar auf der einen, toten Zecke (hab die Katzen neulich mit Antizecken-Spot On eingedeckt) eine kleine, sehr lebendig rumkrabbelnde…brrr…Hat mich auch niemand drauf vorbereitet, beim Leben mit Freigänger Katzen.

Bücher, die ICH für die Kinder ausleihe vs…
…Bücher, die die KINDER für sich ausleihen

Den Nachmittag verbringen wir mit Aufräumen und Hausputz, die Kinder sind abwechselnd draußen zum spielen und die andere Hälfte drinnen und „mir ist so laaangweilig“ rufend.

Jetzt hat die zweite Hälfte des EM-Finales begonnen, ein Kind ist dabei eingeschlafen und ich stricke noch ein paar Reihen an dem Schal für den Mann.

Habt eine schöne Woche und wenn ihr verreist: schöne Ferien!

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Königin of Boring Life Club

Die Nacht wird um halb vier jäh unterbrochen durch einen lautstarken Catfight auf der Straße. Ich mache die Tür auf und pfeife nach unseren Katzen, aber keine kommt. Vielleicht waren es ja andere Katzen aus der Nachbarschaft. Ich gehe durchs Haus zur Gartentür und probiere es da noch mal – eine Katze kommt sofort angerannt. Die zweite finde ich oben bei den Kindern im Zimmer. Die dritte bleibt verschollen (sie kommt zum Frühstück ziemlich gesund wirkend zurück).

Kind2 fragt jetzt schon, wie viele Tage Ferien schon rum sind

Um sechs wiederum klingelt irgendein Wecker – haben die Kinder vermutlich angestellt. Ferien können sooo schön sein. Kind2 ist davon wach geworden und kommt zu uns ins Bett.

Kurze Zeit später steht der Mann auf und muss zur Arbeit. Die Kinder schlafen bis acht weiter, ich schmiere ihnen Brötchen und bereite mein Mittagessen vor – Fenchelgemüse aus dem Ofen. Dann setze ich mich an den Schreibtisch. Noch ist Arbeit angesagt. Ich arbeite Mails und Anfragen ab und gebe Feedback zu einem Angebot.

Um 12 beginnen virtuelle Meetings und die Kinder haben Medienzeit.

Um drei ist Feierabend und ich mache uns was zu Essen. Mit Kind2 fahr ich ins Nachbardorf, ich hab bei Vinted Sandalen für die Kids erstattet und die werden an einen Paketshop geliefert.

Kurz danach ist der Mann zu Hause. Ich streiche die Wand im Flur, die voller Patschehände ist. Die Farbe ist ein sehr helles grün, ich zeig es, wenn die Farbe getrocknet ist.

Wand voller Kinderhändeabdrücke

Die Kinder spielen draußen und planen eine Übernachtung im Wohnwagen vor der Tür. Ferienfeelings! Ein Paket von Opa kommt an, der den Kids den Wunsch nach Fussball-Trikots erfüllt hat:

Finale von Lupin – Feierabend. Willkommen in meinem Boring Life Club – hier bin ich Königin.

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Ferienbeginn

Freitag

Freitag und somit der letzte Grundschultag für Kind1. Die Kinder frühstücken mit den Lehrerinnen in der Klasse. Um viertel vor zehn kommen wir Eltern zum „Rauswurf“ dazu: Die Kinder werden symbolisch mit einem Sprung übers Trampolin verabschiedet.

Rauswurf – sie landen weich, noch

Anschließend gibt es einen gemeinsamen Abschiedsgottesdienst, ein letztes Foto vor der Kirche und dann heißt es: Adieu, Grundschule! Also zumindest für das große Kind. Und für dieses Kind sind wir eher erleichtert, als wehmütig, dass diese Phase vorbei ist…

Es ist noch nicht ganz Mittag, ich fahre mit dem Fahrrad zur Physiotherapie, wo Mann und Kinder mich eine Stunde später treffen und wir den Ferienbeginn mit einem Eis feiern. Wir radeln nach Hause.

Am Nachmittag fahren wir alle ins Einkaufszentrum. Der Mann macht den Einkauf fürs Wochenende, ich begleite die Kids ins Kaufhaus, wo sie ihr Erspartes ausgeben: Elektrische Fahrzeuge. Ich kaufe noch ein paar Kleinigkeiten in der Kurzwarenabteilung und wir fahren zurück.

Wir sehen, dass die Nachbarn immer noch daran arbeiten, schweres Holz vom Vorgarten hinters Haus zu schleppen und nach dem Motto „viele Hände, schnelles Ende“ helfen wir mit. Als wir wieder in unserem Garten sitzen ist es schon abends. Eigentlich wollten wir noch ins Bergische zu einer Verabredung. Aber die Kinder wollen nur noch mit ihren neu erworbenen Spielsachen spielen und danach ihren Filmabend (unser Freitagsritual). „Hände hoch, Wochenende“ wie Kind2 immer sagt.

Popcorn in the making

Wir machen Popcorn und schauen uns auf Netflix „Der Wunschdrache“ an.

Samstag

Die normale Routine am Wochenende sieht vor, dass die Kinder ab neun Uhr fernseh gucken und zocken dürfen, bis wir ausgeschlafen bzw. fit für das Frühstück sind. Warum erst AB neun? Nun ja, bevor wir diese Zeitmarke gesetzt hatten, saß auch schon mal ein Kind um 5 Uhr morgens vor dem Fernseher, um – nachdem wir ihn ausgemacht haben – einen Mittagsschlaf zu machen. Also müssen sie bis 9 warten.

Jedenfalls setzen wir dieses Wochenende diese Routine außer Kraft. Wir beginnen den Morgen damit, die Kinderzimmer aufzuräumen. Anschließend gibt es Frühstück und die Kinder und ich fahren in die Bücherei, um für die Ferien ein bisschen Lesestoff zu sammeln.

Für mich gibt es auch was zu Lesen

Zurück zu Hause genießen die Kids ihre Fernsehzeit und ich lese auf der Gartencouch.

Nachmittags kommen Nachbarn zum Grillen vorbei, das Wetter hält sich grade so bis wir gegessen haben.

Abends schauen der Mann und ich weiter „Lupin“.

Sonntag

Heute haben wir eine Überraschung für die Kids geplant, auch wenn wir schon ein paar Hinweise an die Kinder weiter gegeben haben und sie eine Ahnung haben: ich habe am Freitag für uns alle Tickets fürs frisch eröffnete Schwimmbad gebucht. Der Mann und ich sind schon durchgeimpft, die Kinder wurden regelmäßig getestet, es gibt ein Zeitfenster, zu dem man erscheinen muss und begrenzte Besucher:innenzahl. Pünktlich zur gebuchten Zeit stehen wir also im Schwimmbad. „Testnachweis?“ „Äh nein, aber wir sind geimpft und die Kinder in der Schule…“ „Wir brauchen einen Nachweis, geimpft, getestet oder genesen“. Ups. Ich hab am Freitag noch einen digitalen Impfausweis für mich organisiert, aber der Mann hat seinen Impfausweis nicht dabei und die Testergebnisse aus der Schule haben wir nie mitgenommen.

Also „dürfen“ wir ins nächste Testzentrum fahren (15 Minuten), uns dort online anmelden, auf unsere gebuchten Termine warten, nach dem Test noch 20 Minuten warten – und somit wird unser Besuchsfenster hat sich um eine Stunde verkürzt. Ich ärger mich kurz über all das, aber letzten Endes ist es ja gut, dass sie drauf bestehen (nur die Informationen in die Buchungsmail zu packen wäre echt cool gewesen) und die Kinder freuen sich wie lange nicht mehr.

Zu Hause werkeln wir ein wenig im Haushalt, ich hole die Nähmaschine raus und schnappe mir das Dutzend zerschlissener Jeanshosen der Kinder, aus denen ich kurze Sommerhosen mache. Einfach Beine abschneiden, umnähen, fertig. Fünf Stück schaff ich, der Rest kommt nächste Woche dran.

Aus lang mach kurz.

Der Mann macht Pizza und beim Essen schauen wir zwei Sendungen mit der Maus. Danach gehen die Kinder fast ohne Murren ins Bett.

Wie war euer Wochenende so?

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Fast Ferien

Mittwoch

Nachdem die Kinder aus dem Haus sind, versuche ich mal dieses Ausruhen, denn eigentlich bin ich seit letzter Woche krankgeschrieben (kein Krebs ^^). Ich schaue also youtube, erst Handwerksvideos (es soll ein Klappbett für Kind1 her und ein Ik*a-Hack-Bett für Kind2), dann suche ich in Richtung „putzen mit System ohne viel Aufwand“, weil trotz zweier Personen hier im Haushalt, die sich Mühe geben, mir ein System fehlt, um am Ball zu bleiben. Bisher wird groß geputzt, wenn Besuch kommt; gesaugt und gewischt wenn es dreckig ist und alle paar Wochen krieg ich einen Aufräum-/Ausmistfimmel, den ich hochmotiviert starte, nach zwei Stunden irgendwo in der Garage beende, nachdem ich Babykleidung aus dem Flohmarktstapel in den „reparieren“ Stapel kippe, die zerbrochenen Blumentöpfe in die Mülltonne kippe und beim reinkommen in die Wohnung denke: Moment, eigentlich wollte ich doch…

Morgens im Garten

Tatsächlich finde ich dieses Video in dem das FlyLady Prinzip vorgestellt wurde. Kanntet ihr das alle schon? Klang für mich alles gleich gut nachvollziehbar, vor allem die Babyschritte und das Thema Routinen. Mein Hirn will Strukturen für solch langweiligen Aufgaben, in kleinen Häppchen. (Mein Hirn hasst gleichzeitig Routinen. Ach ich weiß doch auch nicht). Jedenfalls bin ich gleich nach dem Video aufgestanden und hab die Küchenspüle aufgeräumt (Fly Lady ist auch unter „die magische Küchenspüle“ bekannt) und anschließend gleich den Rest der Küche. Wenn ich das nächste Mal zum Ausruhen komme, erstelle ich mir aus den Prinzipien der FlyLady abgeleitet einen Putzplan.

Tadaaa – aufgeräumt

Ich setze mich noch ans Keyboard. Das war eines dieser „Corona-Projekte“, nachdem Kind1 ja Unterricht hat, habe ich mir eine App mit Abo runtergeladen. Da ich jahrelang Flöte gespielt hab, kann ich Notenlesen und wollte es auf diesem Wege ausprobieren, ein neues Instrument auszuprobieren. Am Keyboard/Klavier muss man ja auch keine Seiten stimmen oder darauf achten, den Ton zu treffen. Simple Piano ist dafür eine super App (selbstbezahlt/unbeauftragt, blabla), man hat schnelle Lernerfolge, dank Begleitrhythmus klingt es schnell nach „richtiger“ Musik und die Songs sind aktuell, bzw. bei Klassik zumindest bekannt.

Die Kids sind Zuhause, spielen draußen mit den Nachbarskindern, ich plauder mit den anderen Nachbarsmüttern, abends gibt es Kartoffeln mit Quark und ziemlich rumhampelnde Kinder.

Donnerstag

Die Nacht war ziemlich kurz, darum will ich mich, nachdem die Kids aus dem Haus sind, noch mal hinlegen. Liegen klappt gut, aber noch mal einschlafen leider nicht. Das tagsüber schlafen hab ich komplett verlernt, keine Ahnung, wieso.

Ich mache statt dessen etwas Sport (auch per App, erzähl ich ein andern Mal). Anschließend hol ich das erste Mal seit Jahren die Nähmaschine raus. Mein großes Projekt sind neue Vorhänge für den Wohnwagen, die aus einem alten Bettbezug nähen will. Aber da ich das letzte Mal – und da auch nicht besonders gut – im Textilunterricht in der Schule mit einer Nähmaschine gearbeitet habe, probiere ich es erst mal mit kleineren Dingen: aus einem alten Trockentuch wird ein Spüllappen und an einem T-Shirt ist die Naht an der Schulter aufgegangen, die will ich auch zunähen. Das Einfädeln der Garne klappt sogar noch aus der Erinnerung, für den Rest muss ich mal in die Bedienungsanleitung gucken und bin mit dem Ergebnis ganz zufrieden.

Eine Aldi-Singer
Mit Stichweite und -länge spielen

Beim nächsten Mal geht es mit den Vorhängen weiter.

Am Nachmittag fahren wir mit den Kids zur alten Grundschule von Kind1, dort wird heute auch Abschluss gefeiert und wir haben die Lehrerin gefragt, ob wir auch dazu kommen dürfen. Wir dürfen und so plaudern wir mit alten Bekannten und die Kids toben eine Runde über den Schulhof. Auch wenn wir nicht allzu lange bleiben – Kind1 kann somit mit seiner Grundschulzeit abschließen, morgen der letzte Schultag in der aktuellen Grundschule und dann ist diese Zeit auch vorbei. Ich wünsche mir für ihn, dass er in der weiterführenden ebenso schnell Anschluss findet, wie in der alten Grundschule.

Der alte Baum auf dem Schulhof: wie viele Kinder hat er schon spielen gesehen? Und wie viele Generationen?

Auf einer Skala von eins bis zehn: wie ferienreif seid ihr?

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Back to whatever

Montag

Der letzte Artikel ist ewig her und hatte natürlich ein Thema mit, äh…Gewicht. Nun versuche ich mal wieder zum Alltag zurückzukehren, jedenfalls hier.

Montag Morgen, letzte Schulwoche. Die Kinder sind vorfreudig (auf die Ferien, nicht den Schultag) und relativ gut drauf. Wie an vielen Morgenden beginnen wir den Tag gut in der Zeit liegend um dann kurz vor Schluss (=Kinder müssen los) in Hektik zu geraten. Keine kurze Hose mehr im Schrank, ohne Mundschutz los, das übliche Chaos.

Der Mann fährt mich zu Krankengymnastik & Lymphdrainage, das gehört seit Anfang des Jahres zu meinem Alltag. Zwei mal die Woche.

Anschließend bringe ich den Mann zur Firma, damit er von dort mit dem Firmenwagen weiter kann. Er ist über Nacht beruflich unterwegs und so habe ich das Auto, mit dem Kind1 am Dienstag in die Musikschule muss.

Zu Hause mach ich mir noch was zu essen und dann kommt auch schon das erste Kind nach Hause. Es möchte zum Spiele-Bus auf dem Dorfplatz und zieht los.

Ich hole Kind2 ab, der gern länger in der Nachmittagsbetreuung bleibt. Die alte Katze begleitet mich wieder, sie mag es nicht, allein Zuhause zu sein. Auf dem Weg zur Schule verplaudere ich mich bei einer Nachbarin, so dass Kind2 mir schon entgegen kommt. Eigentlich möchte er nur abgeholt werden, damit ich seinen Tornister trage, aber gut.

Kind2 will nicht zum Spiele-Bus, sondern Fernsehen. Dino Dana ist hoch im Kurs (eigentlich würden die Kids nur youtube gucken – Leuten beim Gamen zuschauen. Dürfen sie, aber nur am Wochenende).

Nach einer Stunde macht Kind2 den Fernseher aus (haha, nein natürlich nicht freiwillig), Kind1 ist auch wieder da und ich frage, ob wir zusammen Inlineskaten wollen. Meine Kinder können Langeweile nicht gut aushalten und meistens ist es für mich anstrengender, wenn ich denke, sie müssen auch mal Langeweile aushalten lernen, als wenn ich mir was überlege. Dann wird es nämlich meist so wie heute:

Kind2 hat gerade die Inliner angezogen und mich eine Runde um den Wendehammer gejagt, als der beste Freund von Kind1 vorbei kommt. Zu dritt spielen sie Fußball und ich hab – Ruhe. Wetten, wenn ich gesagt hätte „Langeweile ist nicht schlimm, da entstehen die tollsten Dinge“ hätte ich mich den ganzen Tag „Mama!n“ lassen müssen?

Später kommt auch noch ein Kumpel von Kind2 vorbei. Ich falte den Wäscheberg zusammen, mache Nudeln zum Abendessen (mit Pesto für Kind1, Ketchup für Kind2) und nach dem Essen hören sie noch „Eragon“ als Gute-Nacht-Geschichte (ich finds eigentlich zu brutal für die Kinder in dem Alter, aber was soll ich sagen – meine Kinder haben eigene Definitionen von brutal. Äh, also nicht, dass sie total abgestumpft wären. Aber ihnen machen andere Dinge Angst als Gewalt in Hörbüchern oder Filmen.)

Dienstag

Den Morgen bestreite ich alleine mit den Kindern. Ich wecke sie recht früh und wir hören eine Folge „Kakadu“ Podcast vom Deutschlandfunk. Die Folgen behandeln so wichtige Kinderfragen wie „Pupsen Kühe durch die Hörner?“, „Sind Kinder mit Brille schlauer?“ oder „Schadet Baden den Tieren?“. Dabei frühstücken sie Brote und nach dem üblichen „ich find keine kurze Hose mehr“ und „Finn muss aber nie Zähne putzen!“ schaffen es die Kids pünktlich vor die Tür.

Der Mann kommt nach Hause, als ich grade los will um Kind1 von der Schule abzuholen und zur Musikschule zu fahren. Während Kind1 linke und rechte Hand koordiniert schwitze ich im Auto.

Wieder Zuhause übernimmt der Mann das Auto und Kind1, schnappt Kind2 aus der Nachmittagsbetreuung und fährt einkaufen. Und ich – sitze einfach im Garten. Passiert um diese Uhrzeit eher selten.

Der Mann backt Muffins, ich nehme mir das Beet im Garten vor und befreie es vom weißen Senf. Nach unserem Einzug hier vor zwei Jahren habe ich eine Saatmischung für Bienen darauf verteilt, aber schon letztes Jahr hat sich nur der weiße Senf durchgesetzt. Der wird schnell riesig groß und nimmt damit allen anderen Platz und Licht. Außerdem ist er bei den letzten Regengüssen einfach umgeknickt und jetzt sieht es, auf gut Deutsch, einfach sch**e aus. Also fott damit. Jetzt bekommen auch die Bohnen und Tomaten wieder Sonne.

Zum Abendbrot gibt es gebratene Nudeln (Reste von gestern) für Mann und Kids, ich hab noch einen Rest Käse-Kohl-Suppe (ja genau, wie Käse-Lauch-Suppe, nur mit Kohl statt Lauch). Dabei schauen wir das Fussballspiel Deutschland gg. England. Fussball gucken mit Kindern ist schon…speziell. „Wie lange können die rennen, ohne zu trinken? Warum hat der Torwart eine andere Farbe? Und der Schiedsrichter? Warum haben die die Nummern, die sie haben?“ Ich hab keine Ahnung! Ich schaue ja nur für die Kinder! Ich bin schon stolz, dass ich nicht mehr Olli Kahn im Tor erwarte sondern den Namen Neuer schon mal gehört habe.

Die Kinder sind natürlich enttäuscht, dass „ihre“ Mannschaft verliert, zumal Kind2 grade in den Fußballverein wollte. Ich bin mal gespannt, ob sie das in der Schule mit ihren Kumpels diskutieren oder schon wieder vergessen haben.

So weit, so langweilig. Bis demnächst!

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Der Knoten

Disclaimer: Die beschriebenen Geschehnisse sind ein Jahr her. Januar 2020. Das letzte Jahr verging rasend schnell und zog sich ewig lang und ich bin immer noch da, bin immer noch ich, bin immer noch viel mehr als „Der Knoten“ und das, was damit zusammen hängt.

Ich wache morgens auf und plötzlich ist er da. Na ja, das ist dichterische Freiheit. Vermutlich war er vorher schon da, aber an diesem Morgen spüre ich ihn. Davor nicht und danach auch nur, wenn ich bewusst auf die Stelle drücke. Ein Knoten in meiner Brust, im Gewebe unter der Achselhöhle. Die Haut juckt und spannt, wie bei einem Mückenstich. Nein, ein bisschen anders – wie ein abschwellender Bienenstich vielleicht. 

Auch das macht die Haut danach nicht mehr und davor auch nicht. Warum ausgerechnet an diesem Tag weiß ich nicht. 

Weil es sich so plötzlich anfühlt, denke ich nicht an Krebs, denke nicht an einen Tumor in meiner Brust. Ich denke: Ein angeschwollener Lymphknoten? In der Achselhöhle? 

Wenn ich erkältet bin, habe ich manchmal geschwollene Lymphknoten am Hals. Ich gebe also in die Suchmaschine ein: “geschwollener Lymphknoten in der Achselhöhle”. Ich finde: “Entzündung nach Rasur der Achselhaare” oder “geschwollen nach Katzenbiss”. 

Ich bin kurz beruhigt, schließlich rasiere ich mich regelmäßig unter den Armen und habe Katzen, auch kleine, die ab und zu im Spiel beißen. Aber die Stelle mit dem Knoten passt nicht ganz in den Definitionsbereich von “Achselhöhle”. Es ist etwas weiter unten, da wo Menschen mit großen Brüsten manchmal beherzt zugreifen, um alles in den BH zu stopfen, was sonst seitlich herausgucken würde. 

Ich denke: Geh ich heute zum Arzt? Lasse ich mich auslachen für einen entzündeten Mitesser oder für Rasurbrand? Bei meinem alten Gynäkologen war ich zuletzt vor vielleicht drei, vier Jahren und die Ärztin, bei der ich danach war, fand ich zum Kotzen. Such ich mir jetzt noch wen ganz Neues, hier, am neuen Wohnort?

Ich rufe in der Praxisgemeinschaft meines alten Arztes an. Ich könne zur Notfallsprechstunde am Mittag kommen, “mein” Arzt sei aber nicht im Hause. Mir doch egal. Nerviger ist, dass ich über eine Stunde Bus fahren und mich für heute krankmelden muss. 

Ich gehe trotzdem. Sicher ist sicher. Entzündung nach dem Rasieren. Wäre etwas peinlich aber na ja. 

In der Notfallsprechstunde muss man lange warten. Wie immer im Wartezimmer beim Gynäkologen frage ich mich, welche Geschichten die andern Wartenden erzählen würden. Gedankensprechblasen über jedem Gesicht. “Juhu, ich bin schwanger”, “Oh Gott, ich bin schwanger”, “Mist, schon wieder ein Scheidenpilz”. 

Ich werde ins Untersuchungszimmer gerufen. “Was kann ich für Sie tun?”

Mir sagen, dass da nichts ist. Dass ich mich beim Rasieren verletzt habe und eine kleine Entzündung im Körper habe, die aber mit ein bisschen Teetrinken oder zur Not auch Antibiotika verheilt.

“Ich habe heute Morgen einen Knoten in meiner Brust getastet. Das möchte ich abklären lassen”. 

Er nickt. 

Er sagt: “Bevor ich irgendwas untersuche möchte ich sagen: Sie sind 39, auch wenn ich da nichts Besorgniserregendes entdecken werde, würde ich sie mal zu einer Mammographie schicken. Ok, dann wollen wir mal sehen”

Er tastet meine Brüste ab. Erst die rechte, dann die linke. Er findet den Knoten sofort. “Ok, dann machen wir mal einen Ultraschall.” Er sagt, man sieht was. Er sagt, ihm gefällt nicht, was er sieht. Ich bekomme eine Überweisung zur Mammographie, in der Praxis im selben Haus. Er sagt: “Der Doktor ist etwas speziell und sehr direkt, aber er macht gute Arbeit.” Ich denke, das ist ok, lieber direkt raus mit der Sprache, ist mir nur recht. Er sagt, “nach der Mammographie kommen Sie bitte noch mal rein. Haben Sie noch Fragen?”

Ich habe Fragen, aber keine, die er mir jetzt beantworten kann.

Ich gehe ein paar Etagen hoch zur Anmeldung bei der Radiologie. Als die medizinische Fachangestellte auf die Überweisung schaut, guckt sie ernst. “Wir machen grade leider Mittagspause, aber kommen Sie gern direkt danach wieder rein.”

Kein gutes Zeichen.

Ich gehe in ein Café. Esse eine Kleinigkeit. Versuche nichts zu denken. Spiele auf dem Handy rum. Sudoku. Gehe zurück zur Radiologie, gebe meinen Anmeldezettel ab, warte. Werde aufgerufen.

Es ist nicht meine erste Mammografie, sonst wär ich jetzt wohl überfordert. Meine Brust wird zusammengepresst wie ein Veggie-Patty bei Subways und zwischen zwei Glasscheiben gequetscht. Das Gerät steht wie eine Säule vor mir, ich soll mein Gesicht daran drücken. Bequem und schön ist was anderes. Ich darf mich wieder anziehen – und warten.

Ich lese eine Bunte. Vielleicht auch eine Gala. Ich denke “Gott, wer schreibt so ein Zeug”, ich denke “Gott, ich lese so ein Zeug”. Ich tauche ein in die Probleme der Promis, auch wenn das Promis sind, die ich nicht kenne, ich fühle mich alt. 

Man ruft mich auf. 

Das Zimmer, das ich jetzt betrete, sieht nicht aus, wie ein Arztzimmer und der Mensch, der da sitzt, sieht nicht aus wie ein Arzt. Sind Radiologen überhaupt Ärzte? Das Zimmer sieht aus, als hätte Andy Warhol die Zeitschriftensammlung seiner Mutter gehortet, irgendwo in diesem Chaos sitzt ein Mann und redet in ein Diktiergerät.

Ich setze mich auf einen Stuhl. Er sitzt mit Blick auf den Bildschirm und die Wand, ich mit Blick auf seinen Rücken. Er sieht aus wie Catweasel auf einer 80er Jahre Party. Pinke Lackhose und gelbe Steppweste, kein Shirt darunter. Ich denke “interessant”. Neben ihm sitzt jemand und liest Zeitung, die medizinische Fachangestellte bleibt in der Tür stehen. Der Mann, also der Radiologe, wie ich vermute, beendet sein Diktat, zeigt auf das Bild an seinem Monitor und sagt, während er sich zu mir umdreht: “das Ding muss raus”. Ich nicke. Er sagt noch mehr, nämlich dass natürlich die weiterbehandelnden Ärzte sagen werden, was zu tun ist, aber er sei sich da ziemlich sicher, dass das raus muss und da will er ganz offen sein. 

“Gab es Brustkrebs in ihrer Familie?” 

Ich sage “Ja”. Er sagt “Pechvogel”. 

Ich denke “Mit ‘speziell’ hat mein Arzt den Radiologen aber nett umschrieben”. 

Ich gehe mit einer CD in der Hand, auf der sich die Bilder meiner nackten Brust befinden, aus dem Raum und wieder runter zu meinem Gynäkologen. 

Er überweist mich zu einem Brustzentrum. “Brustzentrum” klingt vermutlich netter als Brustkrebszentrum. Da wird dann eine Biopsie von dem Knoten gemacht. Der Termin ist in einer Woche. Ich denke “Wow, eine Woche warten”. 

Ich frage “Ja und dann? Was passiert dann, wie geht es weiter? Werd ich operiert, muss ich was planen, ich hab Arbeit, ich hab Kinder?” 

Er verweist darauf, dass das von so vielen Dingen abhängt, dass man die Biopsie abwarten muss. Aber er sagt auch: “Damit werden sie wohl bis Mai beschäftigt sein, mindestens.” Es ist Mitte Januar.

Ich telefoniere mit dem Mann. Ich fahre mit der U-Bahn und dem Bus nach Hause und sehe Menschen, sehe ihre Gesichter. Ich denke: Ich sehe ganz normal aus, die sehen ganz normal aus. Wenn man mir nicht ansieht, was heute passiert ist, was ist den anderen heute passiert oder gestern oder irgendwann in ihrem Leben? 

Wovon ihre Gesichter nichts erzählen, die müde aussehen und den Blicken der anderen ausweichen. 

Ich denke nicht: “Scheiße, warum trifft es mich?” 

Ich denke: “Immerhin 12 krebsfreie Jahre mehr, als meine Mutter hatte”. 

Ich denke: “Mist, wo ich mich grade intern auf diese Stelle beworben hab”. 

Ich denke: “Jetzt brauche ich ja gar nicht mehr Diäten, vielleicht kommt das mit der Chemo von ganz alleine”. 

Ich denke: “Kann ich darüber bloggen oder versau ich mir da die Suchmaschineneinträge mit? Bekomme nie wieder woanders einen Job?” 

Ich denke nicht: “Wie sag ich es meinen Kindern?”

Ich denke: “Damit ist die Familienplanung wohl endgültig abgeschlossen. Wie praktisch für den Mann, der wollte eh kein drittes Kind mehr.” 

Ich denke: “Ich hab meine Brüste eh nie wirklich gemocht, vielleicht ist das ihre Rache. Oh, oder es ist die Quittung für das Nicht-stillen. Stillen senkt doch das Krebsrisiko, tja, haste nun davon.”

Ich denke: “Ich wollte doch eh die Heilpraktker-Ausbildungen (Medizin und Psychologie, wenn schon, denn schon) machen, dann hab ich ja jetzt meine Zielgruppe – andere Brustkrebsmenschen.”

Ich denke nicht: “Ich werde sterben.”

Ich denke: “Also ja klar werde ich sterben, aber eher nicht an Brustkrebs. Aber vielleicht bewilligt mir die Krankenkasse bis dahin eine Haushaltshilfe?”

Ich denke: “Das kann ich so nicht schreiben, die Leute denken doch, mein Glas sei nicht halb voll, sie denken, das Schnapsglas ist bei der Alten komplett übergelaufen.”

Ich denke: Denke ich das wirklich oder denk ich mir das gerade aus?

Ich stehe an der Bushaltestelle, die Kopfhörer in meinen Ohren. Aber wie so oft, hält das die Menschen nicht davon ab, mich irgendwas zu fragen, mir irgendwas zu erzählen. Vermutlich hab ich ein Sozialpädagoginnen-Gesicht. Eine ältere Frau fragt mich, ob der Bus schon abgefahren sei. Ich jongliere ein paar Wortwitze in meinem Kopf aber antworte brav, dass der eine Bus vor fünf Minuten abgefahren ist und der nächste erst in 25 Minuten kommt. Sie erzählt mir, dass sie den ganzen Tag bei diversen Ärzten war und ich glaube, sie würde mir auch gerne mehr erzählen. Alta, ich hab Brustkrebs und werde trotzdem nicht in Ruhe gelassen. Andererseits: Brustkrebs ist schlimm. Aber krank und alt und allein sein ist vermutlich schlimmer. 

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