Gelesen: Eva Herrmanns Eva-Prinzip

Der Text ist schon was älter, aber weil ich grade Bascha Mikas ‚Die Feigheit der Frauen‘ gelesen habe (Rezension dazu später) stimmt zumindest der Zusammenhang noch. Klar, holt keinen Hund hinterm Kamin hervor, aber ihr müssts ja nicht lesen 😉

Kommentar zum Eva-Prinzip

Das Eva-Prinzip oder: Kenne Deinen Feind*

Eva und der Nationalsozialismus:

Das Positive zuerst: Nein, eva herRmanN beschönigt nicht das Familienbild des Nationalsozialismus. Jede_r, der ihr Buch gelesen hat, kann das bestätigen. Aber warum lesen?

Habe ich mich auch gefragt und mir gedacht, wer Gender Studies studiert – wie ich – oder sich mit modernem Feminismus beschäftigt sollte schon wissen, was auf dem markt der Populärwissenschaft so verbreitet wird. Also habe ich mir aus der Stadtbücherei ein offenbar noch nicht oft gelesenes Exemplar vom „Eva-Prinzip“ ausgeborgt.

Eva und die miesen-fiesen-Feministinnen

Und den Anfang bestreitet sie, bzw. genauer ihre Ghost-Writerin (Eva ist wohl zu sehr mit dem Behüten ihres Kindes beschäftigt), gar nicht schlecht: mit denselben Argumenten wie die 68-Generation beginnt sie ihr „Wir-Frauen-sind-so-überfordert-von-Arbeit-Kindern-Mann-die-Pantoffel-bringen“ – Geklage. Im Gegensatz zu den von ihr so fies-mies-Männer-hassend dargestellten Feministinnen wendet sie diese Argumente aber in eine völlig neue Richtung: statt die Männer mit ins Boot zu holen bei Karriere- und Familienplanung oder Forderungen an eine familienfreundliche Politik zu stellen flieht sie an einen imaginären Zeitpunkt der Geschichte, als die Frauen noch wussten, wo ihr Platz ist: nämlich daheim, bei Mann und Kindern, hinter verschlossenen Türen.

Wann genau dieser Zeitpunkt existiert haben soll erklärt sie uns aber nicht: als noch alle auf dem Land lebten und die Frauen mal den halben Hof managten, selber im Stall und sonstwo „geackert“ haben, oder zu Zeiten der Industrialisierung, als die Frauen unter miesen Bedingungen in Fabriken und Manufakturen geschuftet und danach noch Wäsche fremder Leute gewaschen haben???).

Eva und ihre Freund_innen

Aber Eva weiß es ja besser, wie das ist mit der Selbstverwirklichung der Frau, der Karriere und der Familienplanung. Dank der Gespräche mit ihren Freundinnen Michaela, Susanne und Kerstin und den befragten Experten, etwa eines PHYSIKERS, ist ihr ganz klar, was Frauen falsch machen: sie lassen sich auf ein falsches Konkurrenzspiel mit den Männern ein, das ihrer Natur total widerspricht, so sehr, dass Frauen davon Akne bekommen (das schreibt sie wirklich). Lesben fallen hier allerdings raus, da sie sich ja bewusst gegen ein Leben mit Kindern entschieden haben (ihr hört mich seufzen). …

Eva und die Männer

Und hier kommen eigentlich meine Lieblingspassagen. Um dem etwas mehr Raum zu geben, will ich einige Zitate nicht vorenthalten: in ihrer Kindheit spielte Eva Herman bei einem Theaterstück mit. Dabei sollte sie von einer Mülltonne springen und ein Lied mit folgender Strophe singen:

„Mädchen sind genauso schlau wie Jungen, Mädchen sind genauso frech und schnell. Mädchen haben so viel Mut wie Jungen, Mädchen haben auch ein dickes Fell!“

– das Singen fiel ihr schwer, denn

„Ein Junge hätte das viel besser gemacht. Und die einzige Zeile des Liedes, die mir damals vollen Herzens über die Lippen kam, bestand aus den ersten sechs Worten: Mädchen sind genauso schlau wie Jungen. Alle anderen Talente wie Mut, Schnelligkeit und Dickhäutigkeit konnte man getrost dem anderen Geschlecht zuordnen, fand ich.“ (S. 60f.)

Auch im Erwachsenenalter hat sie tiefschürfende Erkenntnisse über die essentiellen Geschlechterunterschiede:

„Wenn ich meine eigenen Fähigkeiten betrachte, wird mir schnell klar, dass meine Stärken weder das Lesen eines Stadtplans noch eine brillante Orientierungsfähigkeit sind. … So empfinde ich es nicht gerade als das Höchste der Gefühle, Getränkekisten zu schleppen oder ein defektes Radio zu reparieren. Auf die meisten meiner Freundinnen trifft das ebenfalls zu.“ (S. 80)

– Das erklärt das Freudengeschrei meiner männlichen Kumpane, wenn ich sie wieder mal bitten darf, mir beim Umzug zu helfen.

Eva, Männer und die Hausarbeit

Oh, hier kribbelts mir schon in den Fingern, wenn ich Folgendes Zitat abtippe:

„Nie in der Menschheitsgeschichte haben die Männer freiwillig Hausarbeiten verrichtet oder Kinder aufgezogen, aufgrund ihrer Veranlagungen sind sie auch nicht dafür vorgesehen. Werden Männer trotzdem in die Pflicht genommen, bedeutet das meist eine Verunsicherung ihrer Identität, die psychische Probleme aufwerfen kann.“ (S. 85)

Und hier hat es auch mich sprachlos gemacht. Männer sind aufgrund ihrer Veranlagung nicht geeignet um für Haushalt und Kinder zu sorgen. Und das trotz Erfindung von Waschmaschine, Fertigbrei, Kindergarten- und Schulpflicht, Sandmännchen und anderen Institutionen. Die machen aus Kindererziehung und Haushalt auch noch keinen Sommerurlaub, aber auch wenn Eva und ihr aktueller Mann mit diesen Zeichen des Fortschritts immer noch nicht zurecht kommen, der mehr-oder-minder-durchschnitts-Elternteil kriegt das grade noch so hin, oder?

* Ich denke, Eva Herman verzeiht mir den Verzicht auf die weibliche Form

6 Kommentare

Eingeordnet unter feminismus

6 Antworten zu “Gelesen: Eva Herrmanns Eva-Prinzip

  1. Puh, ich hatte dieses Werk nie gelesen, nur die Debatten darum mitverfolgt. Auf diese amüsanten Zitate bin ich bei dir das erste Mal gestossen – danke dafür und die gute Kommentierung.

  2. Pingback: Mädchenmannschaft » Blog Archive » Fußballerinnen, Trendfrisuren und das Eva-Prinzip – die Blogschau

  3. Robert

    Ich bin soeben durch die Blogschau der Mädchenmannschaft auf diese amüsante Rezension gestoßen. Unter der Prämisse, dass Eva Herrmanns Werk korrekt wiedergegeben wird, kann ich der Dame nur wärmstens empfehlen, der Physik meiner Uni fern zu bleiben. Ansonsten besteht die große Gefahr eines Totalzusammenbruchs ihres Weltbilds. Zu jedem der oben genannten Punkte gibt es genug Gegenbeispiele (Eltern-Kind-gerechte Arbeitsplätze für freiwillige Eltern, ausgezeichnete Forscherinnen und Mütter bzw. Forscher und Väter, Bastelfreaks und Nerds sämtlicher Geschlechter, Picobello-Männer-WGs (freiwillige Putztage), leicht unordentliche Frauen-WGs, …), die ihren altbackenen (und vielleicht nie so wirklich realistischen) Klischees wie bei der Kollision von Materie mit Antimaterie zerstrahlen lassen.

    Aber: Liebe Eltern, bitte keinen Fertigbrei! Eure Kinder vertragen auch ganz normales Essen, sogar scharf und mit Soße.

  4. André

    Dieses Buch hat mir zu einem äußert ungewöhnlichen Leseerlebnis verholfen. Ich habe es nämlich vorgelesen und über große Strecken bin ich nicht weiter als ein paar Zeilen gekommen, ohne dass ich und meine Zuhörerin erstmal in einen länglichen Verriss der letzten Zeilen verfallen sind. Das war dann doch so amüsant, dass ich das komplette Buch vorgelesen habe.

    Mir ist vorallem in Erinnerung wie schlecht Männer in dem Buch trotz all der positiven Diskriminierung und dem Heile-heile-machen wegkommen. Abgesehen davon, dass sie überwiegend durch Abwesenheit glänzen – sind halt immer arbeiten – wird ein Mangel an lebenspraktischen Fähigkeiten unterstellt, bei dem man sich fragen muss, ob alleinlebende, männliche Single nicht eigentlich ein Fall für die Familienhilfe sind.

    Der eigentliche Witz ist das „Eva-Prinzip“, also das Prinzip nicht das Buch, kommt ganz zum Schluss und hinterlässt einfach nur ein großes Fragezeichen.

  5. Ich habe das Buch auch nicht gelesen … und muss morgen dringend in die Stadtbücherei.
    Danke für´s Neugierigmachen!

  6. Pingback: Eine Mutter spürt das! « mama007

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