das buch der ehemaligen taz-chefredakteurin bascha mika ging ja durch einige medien. ich hab mir aufgespart, die rezensionen zu lesen und mir gleich das buch bestellt. nach dem lesen hab ich mich erst mal gewundert, dass ein inhaltlich so schmales buch für so viel wirbel sorgt. da wurde ja in feministischen kreisen ein wares bascha-bashing betrieben (gab’s die formulierung schon? wenn nicht, beanspruche ich copyright!). kurz zusammengefasst: bascha glaubt nicht, dass ungerechte ’strukturen‘ die diskriminierung von frauen erzeugen, sondern die frauen selber. mit den ‚frauen‘ sind aber nicht alle frauen gemeint. offensichtlich nur die, die eine gute ausbildung haben, eigenes geld verdienen, eher so mittelschicht und natürlich weiß/deutsch und heterosexuell sind…also ein kleiner teil der weiblichen gesamtbevölkerung. ach, diejenigen die ‚immer schon‘ nur hausfrau und mutter sein wollten, nimmt sie auch erst mal raus. sie kritisiert an dem kleinen, übrigen rest dann folgendes: ich nenn es hier mal das sexandthecitysyndrom. also dass das leben dieser frauen darauf ausgerichtet ist, den perfekten mann zu finden (voraussetzung: gut aussehen und ‚feminines‘ verhalten) und mit ihm eine familie zu gründen. was natürlich bedeutet, selber im beruf und in der partnerschaft zurückzustecken, auf ein eigenes gehalt zu verzichten oder nur noch in teilzeit zu arbeiten, IHM ans ende der welt zu folgen falls er dort bessere berufschancen hat und dann zu jammern, dass man sich mal alles anders vorgestellt hat…
– ja, ich stimme zu: solche frauen gibt es. die hirn und verstand vergessen wenn ein potentieller samenspender um die ecke kommt. die alles, was sie sich erarbeitet haben für unwichtig halten, im anblick des ‚eigentlichen glücks‘ im leben: der liebe und familie. die gleichberechtigung predigen, sie aber in der partnerschaft nicht fordern. und die dann, wenn die kinder aus dem haus sind und der mann sie verlässt auch noch jammern. und auch ich rege mich über die handvoll frauen auf, die ihren anspruchsvollen job aufgeben, sich mit der ehe in die finanzielle abhängigkeit eines mannes begeben und sich dann wundern, wenn alles nicht läuft wie geplant (als hätten sich alle paare vorm scheidungsrichter schon bei der hochzeit gedacht, dass sie mal dort landen)*
– aber ich widerspreche: im umkehrschluss würde das heißen, dass alle frauen, die dieses modell nicht leben, also keine ehe mit einem mann anstreben, keine kinder haben usw., dass für diese frauen gleichberechtigung alltägliche realität sei. MÖÖÖP! wo denn? natürlich ists besser als ‚früher‘. aber sämtliche zahlen und fakten widersprechen dieser annahme. und was ist – jaja – mit den männern? profitieren die nicht gelegentlich gerne von diesem arrangement? davon, dass jemand die anstrengenden aber unspannenden aufgaben rund ums haus und kind übernimmt? damit sie sich nach ihrem vollzeitjob um nix mehr kümmern müssen? klar, es gibt auch männer die keinen bock haben, frau und kind durchzufüttern. aber da gilt eben für beide: augen auf bei der partnersuche!
*noch kenn ich wenige dieser frauen persönlich. hätte mir früher auch nicht gedacht, dass ich als erste loslege mit der familiengründung. darum warte ich noch, was im freundeskreis so passiert. aber wer glücklichscheitern auch auf facebook verfolgt, weiß, wie sehr mich diese wdr-doku geschockt hat. es gibt sie wirklich, diese frauen! und auch b. vinken, deren ‚die deutsche mutter‘ (nein, keine rechtskonservative autorin) ich grade lese, gießt da noch öl ins feuer. mal sehen, wie sehr die realität mika noch recht geben wird…
ich habe das buch nicht gelesen – nur über das buch. drum freue ich mich über deine rezension.
sicher ist es etwas einseitig, die schuld nur bei den frauen zu suchen (ich präzisiere: bei eben diesem prozentsatz der gebildeten/studierten frauen, der für mann und kinder alles hinschmeißt). aber dieses arrangement ist um einiges leichter zu leben, wenn es denn erstmal zwei, drei, vier kinder sind. unsere gesellschaft tickt noch immer so. und ja, du hast recht, viele männer eben auch. es ist bequemer. und ich weiß nicht mal, ob der anteil dieser frauen wirklich so klein ist. kinder großziehen und trotzdem „ordentlich“ arbeiten ist ein immer währender kraftakt.
und ich vermute, es gibt auch regionale unterschiede. in den metropolen arbeiten die frauen häufiger als in der provinz. (mag an den vielen singles und der höheren scheidungsrate liegen).
aber ist es nicht leichter dieses arrangement zu leben, auch weil die strukturen sind wie sie sind? und da ich grade ‚die deutsche mutter‘ von vinken lese: die zeigt nämlich, dass es selten die frauen mit zwei oder mehr kindern sind, die so lange aussteigen. vermutlich schon aus finanzieller unmöglichkeit – so viele viel verdienenden männer gibt’s ja nu auch nicht mehr 😉
aber was möchte sie dann mit ihrem buch aussagen? klar, findet emanzipation auch und manchmal grade im sozialen nahbereich statt. die verschiedenen ebenen bedingen sich halt miteinander. wenn frauen ihre kinder um zwei aus der kita holen, weil sie sonst ein schlechtes gewissen haben, sagt die politik irgendwann: für längere öffnungszeiten ist kein bedarf. aber ein bisschen dürftig find ich ihre argumentation schon. und dann in einer talkshow nachlegen, okay.
Lies doch bitte bitte auch noch „Dein Kind braucht dich“ von Christa Müller.
öhm, warum? ich habe es grade nur bei amazon überflogen, ich hoffe du magst einfach meine rezensionen und möchtest mir nicht subtil mitteilen, dass ich meinen mund halten und zu meinem baby laufen soll…
dass jeder auch innerhalb von strukturen viel raum für selbstgestaltung hat.
ach ja, klar! aber sich nur die dummen, naiven frauen rauszupicken ist schon etwas zu einfach oder? strukturen sind ja auch ein bisschen schwerer zu benennen. und auf die männer darf ja eh keine mehr schimpfen, das übernimmt frau schwarzer und mit der will ja eh keine mehr was zu tun haben. sorry, rege mich grade mal gepflegt auf (über mika), und das, obwohl ich mika in vielerlei hinsicht zustimmen könnte. aber sich die ’schwächsten‘ glieder in der kette rauszusuchen zeugt nicht grade von pfeffer im hintern.
Susan Pinker sieht in „das Geschlechterparadox“ eine ähnliche Tendenz, sie geht ganz differenzfeministisch davon aus, dass Frauen im Schnitt ein geringeres Interesse an Wettbewerb haben und daher andere Lebensschwerpunkte setzen. Der Fehler läge daran, den Mann als Maßstab zu nehmen und seine typische Lebensplanung als richtig.
Das hat Frau Mika nicht getan, sondern sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es ganz normalen, intelligenten und erfolgreichen Frauen passieren kann, in die von ihr beschriebenen Fallen zu tappen. Dass diese Frauen „dumm“ oder „naiv“ sind, ist eine Projektion deiner Vorurteile.
natürlich nicht ‚dumm‘ im sinne von nicht-intelligent. aber eben doch dumm und naiv im sinne von ’selber schuld‘ – das zeigt der tonfall in dem buch ganz deutlich. und ich glaube halt nicht, dass diese frauen das buch lesen werden und dann sagen: „ach, so ist das. na dann lass ich meinen mann jetzt mal halbtags arbeiten und wäsche waschen und ich nehme wieder meine karrierepläne auf“. für wahrscheinlicher halte ich es, dass konservative und antifeminist_innen das buch für ihre argumentation missbrauchen – nach dem motto: selber schuld.
Ja, so ist das gemeint. Das sehe ich auch so und halte den Verweis auf die persönliche Verantwortung für legitim und notwendig.
Meinst du, Frau Mika hätte das Buch nicht schreiben sollen, weil du dies glaubst? Und glaubst du, dass Frauen nur zu so undifferenzierten Schlußfolgerungen fähig sind wie dieser:
Und meinst du, es sind immer und ausschließlich die Anderen schuld?
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Bascha Mika’s Buch war für mich der letzte Schritt, um in die Welt des Feminismus einzusteigen. Mich persönlich hat es tatsächlich nachhaltig beeindruckt (was aber wohl eher der Tatsache geschuldet ist, dass es das erste Buch ist, welches ich in dieser Richtung überhaupt gelesen habe und mir vielleicht Vergleiche fehlen). Also sehr interessant für mich mal eine nicht ganz so glorifizierte Rezension zu lesen. 🙂
Ich muss zustimmen, dass sie sich tatsächlich eher auf eine kleine Gruppe von Frauen überhaupt bezieht und es daher vielleicht nicht das abdeckt, was es vom Titel her verspricht. Aufgrund ihrer klaren Sprache aber würde ich es als Einsteigerbuch trotz allem empfehlen.
Ich hatte im Gegensatz zu dir allerdings schon das Gefühl, dass die Männer auch sehr wohl ihren Teil dazu beitragen… Ich habe es gerade verliehen… Aber ich meine mich zu erinnern, dass vor allem die Bequemlichkeit der Männer kritisiert wurde, der fehlenden Kritikfähigkeit an sich selbst und Aufgaben freiwillig zu übernehmen und letztendlich die Frauen dies vermeintlich freiwillig tun. Vielleicht müsste man einen Gegenentwurf verfassen, etwas dass sich an Männer richtet und diese mal wachrüttelt? Oder gibt es so etwas bereits?
hauptsache, es hat dich zum feminismus gebracht! und einen gegenentwurf gibt es meines wissens nicht, nur das männermanifest der grünen, das ich in irgend einem ganz alten post verlinkt habe…
Hallo Melanie,
freut mich, dass du – von einem anderen Ausgangspunkt her – zu einer ähnlichen Bewertung des Buches gekommen bist. Habe ein wenig durch Dein Blog gestöbert – spannend, weil es eine Lebensphase beschreibt/begleitet, die bei mir gerade zu Ende geht: die Familien-Phase. Meine Söhne verlassen ihr Elternhaus demnächst. Und das verändert mein/unser Leben noch einmal völlig. Wir haben nicht alles so gemacht, wie wir es uns vorgenommen hatten, auch nicht, was die „Fallen“ angeht, die in Mikas Buch beschrieben werden. Wir sind in einige gestolpert. Und werden das weiter tun. Wir ändern vieles, nicht alles. Immer wieder suchen wir Spielräume. Und ich kämpfe immer wieder darum, wie „Ich“ und „Wir“ zusammen leben können. 🙂
Schön, noch eine getroffen zu haben, die sich nicht scheut, sich als Feministin zu bezeichnen. (In meinem Umfeld tun das auch die wenigsten!) HG Melusine/J.S.Piveckova
ja, ich glaube auch nicht, dass wir ohne fehler oder fallen auskommen. frau hat eben nicht auf alles (allein) einfluss. aber dann scheitere ich glücklich, und nicht verbissen (wie die frauen in mikas buch ;-)) ich hoffe aber, euch bleiben genug hobbies und freunde um den auszug der kinder zu überbrücken. ich habe ja jetzt schon manchmal schwierigkeiten, wenn der kleine ein paar stunden unterwegs ist, zu überlegen wo ich anfangen soll – mal wieder lesen? aufräumen? das verstaubte musikinstrument rausholen oder eine freundin anrufen?
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