Genuss und Verzicht

wenn ich sage, ich versuche vegan zu leben, kommt oft sowas: „das könnt ich nicht, dann muss ich ja auf … verzichten“. das dachte ich auch mal. aber so fühlt es sich nicht an. naja, wenn ich unterwegs bin oder außerhalb essen muss, dann fällt es mir schon schwer, und darum geb ich da noch nach. aber nicht, weil ich appetit auf käse, eier oder milch habe, sondern weil die alternativen fehlen. und ‚verzichten‘ heißt ja auch, etwas zu wollen, was einem versagt wird oder was man sich selber versagt…ich versage mir in dem sinne nichts. wenn ich drüber nachdenke, wie fleisch und andere tierische produkte hergestellt werden, wird mir halt ganz anders, auch wenn mein hauptgrund, vegan zu sein, ein moralischer ist.

verzicht ist halt was sehr subjektives. ich könnte nicht drauf verzichten, in der großstadt zu wohnen, zu arbeiten und gelegentlich zu verreisen.

und inzwischen denk ich auch, was für ein genuss den meisten (fleischesser_innen) entgeht. wie schon in einem der vorigen posts geschrieben, ist es ja nicht so, dass ich einfach alles weglasse, was der durchschnittliche fleischesser isst, und das wars. ich probiere und experimentiere mit alten und neuen zutaten, lese mich durch die veganerblogs mit zigtausend tollen rezepten. ich genieße außerdem: weniger heißhunger, weniger verdauungsprobleme, mehr vitamine, und natürlich, ein gutes gewissen. und manchmal macht einen ja schon der glaube daran, gesund zu leben, gesund 😉

gespräche mit anderen (nichtveganern/-vegetariern) sind mir immer noch etwas suspekt. sobald man sagt, man sei vegetarierin, findet in irgendeiner form eine abwehr statt. von seltsamen ‚humor‘ („vegetarier essen meinem essen das essen weg“ – gähn, „fleisch ist mein gemüse“ und und und) zu einschränkungen wie „ich ess nur geflügel“. wer fleisch isst, soll dazu stehen, punkt. diese reaktionen weisen ja schon daraufhin, das dieser jemand das eigentlich nicht in ordnung findet, oder meint, er/sie müsse sich rechtfertigen. muss sich meinetwegen keine_r. auch hahnebüchene begründungen, warum der mensch fleisch essen müssen müsste, brauch ich nicht. dass es veganer gibt, und die mindestens genau so alt werden, wie fleischesser, ist doch wohl klar, oder? und auch fleischesser sollten sich damit auseinandersetzen, wo sie welche nahrungsstoffe herbekommen. ich würde behaupten, als fleischesserin hab ich wesentlich ungesünder gegessen.

also: verzicht und genuss sind eine frage des standpunktes. wenn jemand sagt: „ich mag keinen brokkoli, kein hühnchen und keine nachos“ scheint das gerne akzeptiert zu werden. wenn man sagt, „ich ess kein fleisch, keine eier und keine milchprodukte“ ist es kompliziert.

2 Kommentare

Eingeordnet unter Vegane Rezepte

2 Antworten zu “Genuss und Verzicht

  1. Ich kann Deine Gedanken sehr gut nachvollziehen. Wenn ich Verzicht häre, wird mir immer ganz anders. Denn seit ich Veganerin bin, konnte ich meinen Speiseplan total erweitern und habe gelernt, ohne Rezept zu kochen und immer was Leckeres zu improvisieren. Ich weiß auch viel mehr über Nährstoffe als früher. Den Verzichtsdiskussionen kann ich immer dann ganz gut entgehen, wenn ich selber etwas zu Essen mitbringe. Dann sind plötzlich die meisten positiv überrascht und greifen gerne zu. Aber manchmal werden die Diskussionen dann nur noch merkwürdiger. Letztens war ich auf einer Schuleinführungsparty mit Grillen. Der von meinem Freund gemachte Brotsalat wurde ganz begeistert aufgenommen und dann meinte einer „Guck mal, jetzt ess ich sogar veganen Salat!“ (mit Betonung auf beiden Wörtern, denn überzeugter Fleischesser. Da konnte ich mich mal wieder nicht am Riemen reißen und habe gefragt, ob er jetzt einen Orden von mir wolle. Dabei sollte das wahrscheinlich nur ein Lob sein.

  2. Zu Anfangszeiten meines Vegetarierseins hab ich regelrecht damit angegeben (aber das ist ja jetzt auch schon 15 Jahre her)… Inzwischen möchte ich es noch nichtmal mehr erwähnen, oder es nur preißgeben wenn man direkt gefragt wird, warum man bsp. kein Schinkenbrötchen habe möchte… Es ist traurig, dass man immer nur auf seine Ernährungsweise reduziert wird… Es ist kein Essen mit anderen Menschen möglich, ohne dass mindestens einmal das Thema Vegetarismus aufkommt; das geht schon beim Aufklappen der Speisekarte los mit „Ist auch was für dich dabei?“… Und wenn man dann nur einen Salat oder eine Vorspeise nimmt, weil es sonst nichts anderes gibt, wird man beim Überreichen des Essens mitleidig mit den Worten „und davon wirst du satt?“ belächelt… Irgendwann recht es einfach nur noch, ich erwähne doch auch nicht bei jedem Essen aus wievielen Leichenteilen eine Scheibe Salami besteht…
    LG…

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