Natur. Wissenschaft. Und der ganze Rest…

(da einige berechtigte kommentare und anmerkungen zu diesem eintrag auch auf facebook (girls on web society) kamen, wollte ich kurz erläutern, welche situation, bzw. gespräche mich dazu inspirierten, mich diesen themas zu widmen: „Und, was machst Du so?“ „Och, ich arbeite an der Uni und unterrichte Studierende der Gender Studies“ „Ach…? (setze hier beliebige Phrasen ein die in etwa enden mit) aber es gibt doch biologische Unterschiede, was ist mit den Hormonen?“ Naja, ich wollte also keinen wissenschaftlichen Aufsatz schreiben, bzw. in solchen Situationen keinen Vortrag halten. Oder besser: Ich rufe einen Wettbewerb aus: Wie schafft man es mit wenigen Sätzen, der Populärliteratur zum Thema ’natürliche Geschlechtsunterschiede‘ zu begegnen? OHNE Quellenangaben und langatmiges Ausholen. Ist schwer, ich weiß. Darum.

Von daher nehm ich weiter Vorschläge für diese „Kaffee-/Partygespräche“ entgegen! Und lese die in den Kommentaren genanntenTexte für mich 🙂 )

da ich frisch berufstätige mami mir gleich mal ne erkältung eingefangen habe, habe ich immerhin etwas zeit und energie übrig, um einen etwas längeren post zu schreiben, der mir schon länger im kopf rumschwirrt. dabei geht es nicht um natur im zusammenhang mit schwangerschaft, geburt und mutterschaft (den hab ich im kopf aber auch schon fast fertig geschrieben und er folgt bald), sondern um die pseudonaturwissenschaftliche populärliteratur die sich mit geschlechterunterschieden beschäftigt. so hormone, hirnforschung und all das.

ich war nämlich immer etwas ‚überfordert‘, wenn mir jemand in diskussionen letztwortmäßig mit: „das ist rein biologisch/medizinisch so“ kam. schließlich habe ich ja nicht naturwissenschaften studiert (wie übrigens die wenigsten, die o.g. ‚argument‘ verwenden) und will darum nichts falsches sagen. aber ich hab in meiner eigenen handwerkskiste aus den zig semestern historisch-ethnologisch-genderstudies-soziologischen studiums gekramt um zu gucken, ob sich da nicht auch was findet. hier meine bahnbrechenden ergebnisse:

hot topics: es wird immer davon ausgegangen, dass die aktuellen ‚wissenschaftlichen‘ erkenntnisse das nonplusultra sind. dabei zeigt schon ein ganz oberflächlicher blick über die geschichte der ‚wissenschaft‘, dass das, was früher als ‚wahr‘ galt, es längst nicht mehr ist. die erde ist keine scheibe mehr, und schon gar nicht im mittelpunkt des universums. während man früher davon ausging, dass ein missverhältnis der körpersäfte uns krank macht oder einer frau nur die gebärmutter entfernt werden müsste, damit sie nicht mehr ‚hysterisch‘ ist, gilt das heute als medizinischer humbug. warum sollte es dann mit der gegenwärtigen wissenschaft anders sein? sprich: die aktuellen ergebnisse zu hormonen und hirnforschung (genauer: die ergebnisse, die es in die populärliteratur schaffen, denn auch in den bereichen ist man oft schon weiter) sind zwar aktuell, aber in wenigen jahren vielleicht schon völlig überholt. es geht auch immer ein bisschen damit einher, was man – z.b. durch technische geräte – ’sichtbar‘ machen kann, z.b. hirnströme messen und ähnliches.

die hormone sind schuld: wenn männer immer (sic!) sex wollen und eher karriere machen (konkurrenz und so), frauen mies drauf sind (premenstruelles syndrom und so), die kinder hüten usw. euch fallen da sicher noch mehr bereiche ein, in denen für irgendwas, was männer zu männern und frauen zu frauen macht, die hormone verantwortlich gemacht werden.

nun ist es in der medizin inzwischen – glaub ich – relativ unumstritten, dass es sowas wie psychosomatische krankheiten gibt. also dass nicht ein magengeschwür für stress auf der arbeit sorgt, sondern stress auf der arbeit unter umständen für ein magengeschwür. warum sollte es mit hormonen anders sein? hier ist doch ein bisschen das altbekannte henne-ei rätsel der fall oder? nicht die hormone bestimmen zwangsläufig unser wesen (oder das mann/frau sein). ich würde behaupten, es ist wie bei manchen (wohlbemerkt manchen – nicht alle krankheiten sind rein psychosomatisch…) krankheiten: manchmal hat meine erziehung, mein denken und mein handeln auswirkungen auf meinen hormonhaushalt. und vielleicht stellt die forschung in einigen jahren fest, dass das mit den hormonen genauso quatsch ist wie mit den körpersäften. und nicht mal mehr antifeministen würden behaupten, dass frauen ‚dumm‘ sind, weil ihr gehirn kleiner oder sonstwie missgestaltet ist.

(und wer es wagt, mir wegen kaiserschnitt und nichtstillens eine schlechtere mutterbindung zu diagnostizieren, dem hau ich aufs maul. ich würde gerne sagen, dass sei ganz wörtlich gemeint, aber meine gute kinderstube und die tatsache, dass mädchen nicht hauen würden das verhindern).

– „…aber die hirnforschung hat gezeigt“: auch hier gilt das oben gesagte: was war zuerst da – ein nach geschlechtern unterschiedlich aufgebautes hirn und dann der mann oder die frau, oder umgekehrt? wird inzwischen auch von großen bereichen der hirnforschung vertreten. jedenfalls läuft es auch hier wieder auf die henne-ei-frage hinaus.

– fazit: keine wissenschaft ist ‚objektiv‘. das heißt, hinter jedem forschungsergebnis steht ein forschungsinteresse. das gilt für natur- wie für geisteswissenschaften. ob es um das interesse der forscher_innen geht oder der manchmal notwendigen geldgeber.

alle aktuellen forschungsergebnisse sind irgendwann mal alt. mit etwas glück kann man drüber lachen. oft haben sie aber auch schreckliche folgen (z.b. wenn man bedenkt, was im dritten reich als ‚wissenschaftlich‘ richtig galt).

was dann einzug in die populärliteratur und -wissenschaft hält ist immer auch abhängig vom gesellschaftlichen klima. man liest halt, was man lesen will, und hört was man hören will. sonst könnt ich mir den erfolg von mario barth nicht wirklich erklären (der keine populärwissenschaft macht, aber damit auftritt). sowie die kirche lange zeit versucht hat, ergebnisse wie „die erde ist nicht der mittelpunkt des weltalls“ oder „der mensch stammt vom affen ab“ zu verbergen.

…to be continued…

zum weiterlesen empfehle ich den von mirja stöcker herausgegebenen band mit dem – wie ich finde doofen – titel: das f-wort. feminismus ist sexy.

und ich freue mich, falls ihr meine liste ergänzt oder mich auf denkfehler aufmerksam macht. meine nebenhöhlen sind halt zu und erschweren das denken (nicht die mamahormone)

17 Kommentare

Eingeordnet unter feminismus

17 Antworten zu “Natur. Wissenschaft. Und der ganze Rest…

  1. sehr schöner Text! Finde besonders die Hormonkritik sehr wichtig!

  2. Es ist medizinisch erwiesen, dass man mit Erkältungen supergute Artikel schreiben kann *-* schnief!

  3. Khaos.Kind

    Ein bisschen kurz gedacht der Text aber im Groben auch nicht falsch.
    Gerade bei den Hirnbild-Sachen wird gern ausgeblendet, welche Rolle Apparatur und Forschungsdesign spielen. Hirnstrommessungen zeigen nur ab einem festgesetzten Level, welche Hirnbereiche derzeit aktiv sind. Die ja auch nicht einfach so aktiv sind, sondern quasi über Bilder, die ProbantInnen gezeigt werden oder Musik, die sie hören oder Fragen, die ihnen gestellt werden. Das wiederum nicht in der Argumentation auftaucht, WELCHE Bilder/Musik/Fragen das sind. Oder bei wie viele ProbantInnen gemessen wurde. Sonst „sehen“ wir ja quasi das Gehirn EINES Menschen. Dass dessen soziokulturelle Einbindung (Hautfarbe, Herkunftsland, Alter, Milieu) nicht berücksichtigt wird, ist wohl ersichtlich. Ein Mensch sagt nicht besonders viel über globale Geschlechterverhältnisse aus etc.pp.

    Gerade wissenschaftlich erhobene Bilder sind eher mit Kunstgemälden denn mit Fotografien zu vergleichen. Da gibt es einmal einen Herstellungsasoekt und den Interpretationsaspekt. Weil sie keine Abbildungen von Realität sind, sondern künstlich erzeugte, unter bestimmten Umständen hervorgebrachte Verbildlichungen.

    Und dann könnte ich noch unglaublich viel anderes schreiben, dass die „Natur“ der Sache hinterfragt. Oder ich empfehle dieses Buch:
    Warum Frauen glauben sie können nicht einparken und Männer ihnen Recht geben
    Das nimmt zumindest das ganze Pseudowissenschaftliche mal etwas auseinander.

    Und natürlich entwickeln sich nicht nur die (Natur)Wissenschaftstheorien weiter, sondern auch die Kritik daran. Empfehlenswert hierzu Texte von Karen Barad
    Über sie werde ich Mitte/Ende des Semesters selbst noch etwas bloggen. Wenn der Kurs, der ihre Theorien bespricht weiter fortgeschritten ist *g*

    • magst du mir noch kurz erläutern, inwiefern zu kurz gedacht (von der länge her im vergleich zu deinem kommentar auf jeden fall ;-))? und ich freue mich auf deine beiträge zu dem thema!

      • Khaos.Kind

        Huhu 🙂

        Zu Kurz gedacht in dem Sinne, dass eben die Ergebnisse nicht nur evtl. falsch sind oder falsch wiedergegeben werden, sondern die Art und Weise der Entstehung einen großen Einfluss darauf haben, welche Ergebnisse überhaupt entstehen. Eine Forschung kann absolut korrekt durchgeführt werden und trotzdem auf obige Ergebnisse kommen. Die sind dann ja nicht falsch. Aber dann muss das Forschungsdesign überprüft werden, wer welchen Einfluss hat, in welchem Kontext die Forschung geschieht etc. Und wer wie mit den Ergebnissen umgeht. Das Ehepaar Pease hat nämlich garantiert nicht selbst geforscht, sondern beruft sich auf Forschungsergebnisse, die sie aller Wahrscheinlichkeit nach falsch rezipieren. KeinE WissenschaftlerIn würde sagen „das ist soundso“, sondern sich viel vager und differenzierter ausdrücken.

        Zudem ist mir die Zielgruppe dieses Artikels etwas verworren. Es kann natürlich auch erst mal ein allgemeiner Aufreg-Artikel sein, der grob die ärgerlichsten Punkte anspricht. Menschen, die so denken, wirst du damit wohl kaum erreichen – da weiß ich aber auch nicht, ob das überhaupt Sinn und Zweck der Sache ist.

        Vielleicht sehe ich das auch nur etwas enger, weil ich mich lange auf pseudowissenschaftlichen Evolutionsblogs und bei Pease&Pease-AnhängerInnen rumgetrieben habe und im Studium regelmäßig auf die Widerlegung solchen geistigen Dünnpfiffs hinarbeite 😉
        (Wusstest du z.B. dass die Mikrobiologie bereits vor dem 2. WK ein flüssigeres Geschlechterkonzept als nur m/w debattierte?)

      • ja, das hab ich nur kurz mit „wissenschaft ist nie objektiv und basiert auf den forschungsinteressen der forscher_innen und deren geldgebern“ und „gesellschaftliches klima“ gemeint, aber danke, dass du mich noch drauf hinweist. nein, ich wollte mich nicht an diese ganzen evolutionsmenschen richten, sondern eher an verunsicherte menschen wie mich – man muss halt nicht naturwissenschaften studiert haben, um zeigen zu können, dass das nicht der weisheit – geschweige denn wahrheit – letzter schluss ist. und ich glaube, viel ist tatsächlich auch bei nichtantifeministischen menschen (die ja nicht automatisch feminist_innen sind) fest in den köpfen verankert. dass der schuh-tick auf das sammlerinnen-dasein zurückgeht, frauen wegen der hormone schlechte laune haben und männer deswegen dauernd sex wollen usw. frauen können dies besser, weil multitasking da eben im hirn vorgesehen ist undundund. und gegen die evolutionsblogmenschen ist so oder so kein kraut gewachsen. aber jedem seine nische im netz.

  4. Hm, also der oberflächliche Blick auf die Naturwissenschaft fällt tatsächlich sehr oberflächlich aus. Zum Beispiel, dass irgendwann mal die vorherrschende Meinung der Wissenschaft war, dass die Erde eine Scheibe sei, stimmt nicht. (http://de.wikipedia.org/wiki/Flache_Erde)
    Und die Theorie der Körpersäfte wurde bis heute weiterentwickelt, man hat immer mehr erkannt, was diese „Säfte“ wirklich ausmacht (Hormone, Immunkörper etc.) und wie sie wirklich wirken. Und so ist es mit den meisten wissenschaftlichen Erkenntnissen, die wir heute habe, die sind nicht irgendwann einfach „falsch“, sondern werden nur erweitert und weiter konkretisiert. Zum Beispiel haben Messungen vor kurzem ergeben, dass Neutrions eventuell schneller als das Licht sein könnten, was Einsteins Relativitätstheorie wiederspräche. Aber deswegen wäre sie nicht falsch, falls sich der Verdacht bewahrheiten sollte, sondern bekäme nur eine neue Erweiterung hinzu. Sollte es also stimmen, würde die „neue Relativitätstheorie“ die alte enthalten, so wie Einsteins Theorie schon Newtons Theorie, die in der damaligen Form heute als überholt gilt, enthielt und darauf aufbaute. Wirklich wissenschaftliche Theorien werden eingehend experimentell geprüft und sind nicht einfach irgendwann falsch, sondern werden vielmehr erweitert. Und wenn man gewisse wissenschaftliche Rahmenbedingungen einhält, dann kann man sowas tatsächlich sehr objektiv erforschen und subjektive Einflüsse weitestgehend ausschließen.

    Aber zu der Geschlechter Frage: Ich habe auch mal ein paar Semester Anthropologie studiert und dabei auch Kulturen kennengelernt, in denen die typischen Geschlechterrollen ganz anders sind als bei uns, zum Teil sogar genau entgegengesetzt. Das ist doch ein wunderbares Argument gegen diese Behauptungen, ohne dass man gleich so Anti-(Natur-)Wissenschaftlich werden muss. Zudem würde ich erstmal nach konkreten Quellen für diese Behauptungen fragen. Dass zum Beispiel das menschliche Gehirn sehr anpassungsfähig ist und durch Umwelteinflüsse (wie zB die Erziehung) stark geformt wird, ist allgemein bekannt. Wissenschaftler, die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Gehirnen feststellen, sagen selbst, dass das noch nichts darüber aussagt, ob das nun angeboren oder antrainiert ist. Außerdem sagen sie, dass diese Unterschiede auch nur Durchschnittswerte sind, dass es also zB durchaus einzelne Leute dazwischen sind, deren Gehirn eher einem typischen Vertreter des anderen Geschlechts ähnelt. Und auch wenn sich herausstellt, dass einiges evolutionär bedingt ist: So what? Wir sind auch evolutionär bedingt im Durchschnitt kleiner als Männer, trotzdem gibt es einige Frauen, die größer sind als die meisten Männer und umgekehrt, das sagt also nichts über jede einzelne Frau und jeden einzelnen Mann aus (Meiner und ich sind genau gleich groß :D). Dann wäre es eben vielleicht mit einigen psychischen Dingen ähnlich, na und?

    • bin ich wohl selber auf einen der populärsten wissenschaftsirrtümer reingefallen! und natürlich hast du recht, dass sich nicht alles als ‚ganz falsch‘ erweist, sondern als erweiterungsfähig und verbesserungsbedürftig.

      „Wissenschaftler, die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Gehirnen feststellen, sagen selbst, dass das noch nichts darüber aussagt, ob das nun angeboren oder antrainiert ist.“

      – das meinte ich mit der henne-ei frage

      „Und wenn man gewisse wissenschaftliche Rahmenbedingungen einhält, dann kann man sowas tatsächlich sehr objektiv erforschen und subjektive Einflüsse weitestgehend ausschließen.“

      – das ist der einzige punkt, in dem ich widersprechen würde. viele naturwissenschaftliche forschungen passieren unter laborbedingungen. die sind dann vielleicht intersubjektiv überprüfbar, aber kein ‚echtes‘ abbild der realität. und in den sozialwissenschaften und der psychologie versucht man schon lange herauszufinden, wie man in experimenten und interviews z.b. damit umgeht, dass menschen auch gerne ein bisschen das beantworten, was man erwartet. würde jemand direkt gefragt: „findest du, frauen sind zuständig für kinder und haushalt?“ würde dieser jemand vielleicht mit nein antworten, weil er weiß, dass das politisch nicht korrekt ist. verhält sich aber im echten leben so. und wie anna-sarah kommentierte, spielt auch die vorausgehende prämisse eine rolle, z.b., dass es frauen und männer gibt und dann stellt man unterschiede fest (aber auch eben sehr viele gemeinsamkeiten).
      und kulturvergleichende argumente habe ich lange zeit probiert, es landet aber trotzdem immer wieder beim ‚biologischen geschlecht‘
      generell ein kompliziertes thema, aber echt spannend.

    • Icke

      Soviel unbedingter Glaube an die Reinheit der Wissenschaft würde sogar Popper zum schmunzeln bringen. Nichts für ungut 😉

  5. Du widerlegst „Blabla“ mit „Blabla“. Ohne Quellenangaben für Pro und Kontra hat das leider wenig Sinn. Zumindest, wenn du versuchst ein Problem objektiv und wissenschaftlich zu betrachten.

  6. Anna-Sarah Hennig

    Also. Hier ging es doch nicht um „wissenschaftlichen Aufsatz schreiben, bzw. in solchen Situationen keinen Vortrag halten“, sondern um „Kaffee-/Partygespräche“ „OHNE Quellenangaben und langatmiges Ausholen“. ich bin mir zwar nicht sicher, ob das komplett so funktionieren kann. Aber DIE Info hattest du ja schon 🙂 Meine Smalltalk-Plumpismusstrategie geht in diese Richtung: „Ja, sicherlich können manche Leute Kinder kriegen und andere nicht. Manche Leute kommen mit der Zungenspitze an die Nase, andere nicht, manche sind größer oder kleiner als andere – manche haben eher Brüste, mache nicht. Manche haben Locken, andere wiederum nicht. Macht es Sinn, auf solchen körperlichen Detailunterschieden eine komplette Gesellschaftsordnung aufzubauen? Wohl eher nicht…“ Und: Bisher hat KEINE Studie belegt, dass es zwischen den als „Männern“ und „Frauen“ konstruierten Untersuchungsstichproben größere Unterschiede gab als INNERHALB dieser Gruppen. Abgesehen davon müsste doch eigentlich allen sofort die methodische Absurdität auffallen: Ich konstruiere zuerst zwei unterschiedliche Gruppen, um dann angeblich ganz ergebnisoffen zu gucken, ob es Unterschiede zwischen ihnen gibt? Da liegt der Bias doch schon auf der Hand. (Wenn es dann um die Widerlegung all der Details geht, die angeblich so unterschiedlich und relevant sind, geht es wohl tatsächlich nur mit Literaturempfehlungen und dergleichen. Die Selbstbildungsarbeit können dann aber mal schön die Leute selber leisten, auf mundgerecht servierte vorgekaute Wissenshäppchen gibt es kein verbrieftes Recht.)

  7. knopf

    der punkt ist nicht, dass alle wissenschaftlichen ergebnisse IMMER IRGENDWANN falsch sind. sondern sie sind nur dann wissenschaftlich (und nicht etwa ideologisch, esoterisch oder religiös), wenn sie von ihrem wesen her falsifizierbar sind, d.h. wenn man theoretisch etwas anderes beweisen könnte. der satz der pythagoras ist auch nach 2500 jahren noch richtig. wissenschaftliche forschung, die sich mit hormonen, genen oder hirnfunktionen befasst, liefert keine beweise, sondern allenfalls interpretationen.

    das gleiche gilt aber auch für gender studies.

  8. Icke

    Irgendwie bin ich skeptisch ob das Vorhaben „ein partygespräch-taugliches Narrativ entwickeln das Leute von der Deutungshoheit der Sozialwissenschaften über Geschlechterfragen überzeugt“ große Aussichten auf Erfolg hat. Mag sein das da mein Erkentnisstheoretischer Hintergrund ein anderer ist, und ich die angebotenen Argumente deshalb ein bischen hilflos finde. Auf jedenfall macht es auf mich den Anschein, dass man, um den Punkt zu machen der hier angestrebt wird, ziemlich tief in die Kiste von Wissenschaftstheorie und Philosophie greifen müsste um ein überzeugendes Argument zu liefern. Und dass das dann noch in das angestrebte Gesprächsformat passt, wage ich zu bezweifeln.
    Aber jetzt mal Schritt für Schritt:
    Das erste Argument sagt ja, soweit ich es verstanden habe, dass wissenschaftliches Wissen nicht für immer gültig ist. Aber warum das jetzt nur für die Natur- und nicht auch für die Sozialwissenschaften gilt, bleibt offen. Also wo haben die Gender Studies da die Nase vorn?
    Das zweite Argument scheint mir lediglich die Naturwissenschaft gegen sich selbst wenden zu wollen. Weil die Medizin beweisen kann das es bestimmte Wechselwirkungen gibt (Psychosomatik), gelten andere, monokausal gebaute Argumente nicht mehr. Aber was hat das mit Sozialwissenschaft zu tun? Hier wird doch eher impliziert das die Medizin am Ende doch alles am besten weiss.
    Schließlich der Punkt mit der Objektivität. Bis dahin, dass „wissenschaftliche Objektivität“ ein ziemlich wackeliges Konzept ist, würden ich ja noch mitgehen. Aber die Begründung macht dann doch Bauchschmerzen. Nur weil Wissenschaftler auch Ausserwissenschaftliche Interessen haben, können sie keine Objektiven Wahrheiten entdecken? Das impliziert ja, das bei Fehlen solcher Interessen, also für den moralisch integreren, nur der Wissenschaft verschriebenen Forscher, der Weg zur Objektiven Erkenntniss frei wäre. Das ist dann doch auch wieder zu positivistisch um zu überzeugen.

    • „Aber warum das jetzt nur für die Natur- und nicht auch für die Sozialwissenschaften gilt, bleibt offen. Also wo haben die Gender Studies da die Nase vorn?“
      – hab ich nie behauptet, dass andere disziplinen besser sind. aber in den augen mancher scheinen naturwissenschaften objektiver. sind sie nicht.
      „Das impliziert ja, das bei Fehlen solcher Interessen, also für den moralisch integreren, nur der Wissenschaft verschriebenen Forscher, der Weg zur Objektiven Erkenntniss frei wäre. “
      – nö, auch dem nicht. denn auch er hat einen bestimmten blick auf die dinge. was nicht heißt, dass wissenschaft überflüssig wird. sie bedarf nur gelegentlich mehr selbstreflektion.

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