und sitze in erlangen im hotel. alleine, ohne mann und kind, bis sonntag. schön ist was anderes, und das mein ich völlig ernst. die tagung, zu der ich mich da begebe um einen vortrag zu halten, ist nicht so ganz das, von dem ich grade denke, dass es mich weiter bringt. viel zu viele teilnehmer_innen, jede_r soll mal was sagen dürfen, ganz interdisziplinär, vielleicht schon ein wenig zu sehr… und ich, ich grüble wieder, wie es weitergehen soll, mit mir und meiner ‚karriere‘. ich habe halt längst die illusion verloren, ‚gut sein‘ würde in der wissenschaft reichen. und da unbefristete, gut bezahlte stellen unterhalb der professur rar sind, bleibt nur professur oder nix. dazwischen drittmittelprojekte oder stipendien. es ärgert mich, auch wenn mir sehr bewusst ist, was das für luxusprobleme sind. DENN: geld verdienen könnte ich einfacher, ein bisschen berufserfahrung hab ich bei all der studiererei tatsächlich doch angesammelt. aber ich will nicht! lesen, denken, forschen, schreiben, reden – das will ich. und noch eine menge andere sachen, aber das leben ist ja kein wunschkonzert.
viel wichtiger wäre eigentlich: mal locker bleiben. ich habe nur begrenzt einfluss auf die zukunft. 10 vorträge müssen nicht besser sein als fünf. die doktorarbeit schreiben, auch wenn ich die 30 überschritten habe und somit definitiv kein überflieger sein dürfte (ja, bescheidenheit und geduld waren noch nie meine stärke). und öfter mal dran denken, was ich alles schon studiert, gearbeitet, erlebt habe. auch mal zurück lehnen, durchatmen. mich entschleunigen, lernt man mit kind doch angeblich so gut.
ohm….ohmmmmm…
Wem sagst du das…
Was ich mir heute kurz vor Feierabend gedacht habe, war die Erleuchtung…Vorher lief das Maschinchen im Kopf: Heute Abend noch den einen Text lesen, ach nee, lieber weiter den Forschungsstand ergänzen im Exposé, so dass du auf jeden Fall am WE damit durch bist und dein Forschungsdesign in den Rechner hacken und das Thema Exposé fürs erste abhaken kannst… Sonntag dann dies noch lesen, jenes recherchieren, die PPP vorbereiten…
Dann kam die Erleuchtung: BULLSHIT, du willst ne Pause, brauchst ne Pause, bist auch so gut und wer weiß was in 2 Jahren ist. Morgen soll die Sonne scheinen, schnapp dir das Rad und fahr zum See. Lese einen Roman… Für den Rest ist Montag auch noch Zeit.
Und siehe da: Mein nerviges Denkorgan kam nicht mit der mahnenden „du wirst noch alles vermasseln“-Keule daher sondern sagte: Perfekt, besser ist das.
Sch… auf akademische Askese, Verzicht, Selbstausbeutung. Wir werden auch ohne den Umweg übers Hamsterrad Prof, Miss MT!! 🙂
Da kannste was drauf wetten.
Den Roman habe ich angefangen: Nachtzug nach Lissabon von Pascal Mercier.
Bislang meine Lieblingsstelle (S. 28 f. —-hrrrgs, das nennt sich akademisch konditioniert zu sein, ein f-Punkt hinter der Seitenzahl, ja schön brav zitieren :-)))))):
„Von tausend Erfahrungen, die wir machen, bringen wir höchstens eine zur Sprache, und auch diese bloß zufällig und ohne die Sorgfalt, die sie verdiente. Unter all den stummen Erfahrungen sind diejenigen verborgen, die unserem Leben unbemerkt seine Form, seine Färbung und seine Melodie geben. Wenn wir uns dann, als Archäologen der Seele, diesen Schätzen zuwenden, entdecken wir, wie verwirrend sie sind. Der Gegenstand der Betrachtung weigert sich stillzustehen, die Worte gleiten am Erlebten ab, und am Ende stehen lauter Widersprüche auf dem Papier. Lange Zeit habe ich geglaubt, das sei ein Mangel, etwas, das es zu überwinden gelte. Heute denke ich, dass es sich anders verhält: dass die Anerkennung der Verwirrung der Königsweg zum Verständnis dieser vertrauten und doch rätselhaften Erfahrungen ist. Das klingt sonderbar, ja eigentlich absonderlich, habe ich das Gefühl, das erste Mal richtig wach und am leben zu sein. Wenn es so ist, dass wir nur einen kleinen Teil von dem leben können, was in uns ist – was geschieht mit dem Rest?“
hmmm, e.w. bist du das???
hmmmmmmmmmmmm, vielleicht 🙂
meine faustregel bzgl. konferenzen: wenn mensch zwei – drei gute „dinge“ (also, fachlichen input & feedback, kontakte, publikationsmöglichkeiten oder treffen von alten bekannten ;-)) mitnimmt, wars ne gute konferenz. alles darüber ist sehr toll, darunter, naja, shit happens…
im nachhinein betrachtet war es auch eine gute tagung. nur sehr vorbereitungsintensiv, dass unterschätze ich grade etwas, wo abende und wochenenden nicht mehr für ‚arbeit‘ zur verfügung stehen, und die restliche zeit eben mit anderen dingen gearbeitet wird, falls du verstehst, was ich meine…
Wenn die Konferenz langweilig wird oder Du dringend auf einen Kaffee raus mußt (und Bock auf 20 Minuten S-Bahn in die Metropolregionzentrale hast), melde Dich einfach…
das wär schön geworden, ich bin aber seit sonntag schon wieder zu hause – erlangen war letztes wochenende! beim nächsten mal gerne!