Mutterliebe

egal, welche serie man guckt – emergency room, house, greys anatomy – immer wieder, in regelmäßigen abständen, gibt es diese szene: eine hochschwangere frau mit schlimmer krankheit ruft: rettet mein baby! der mann und die ärzte versuchen natürlich beide zu retten, es muss dann aber entschieden werden, wer von beiden, weil komplikationen auftreten, die frau ruft noch mal „rettet das baby“, der mann weint und am ende sieht man den mann mit dem baby auf dem arm bei der beerdigung der mutter.

nennt mich eiskalt, aber ich habe dem mann an meiner seite während meiner schwangerschaft mehrfach gesagt: ICH würd gern leben, falls diese entscheidung mal je zu treffen wäre, ich sei leider nicht so selbstlos. und fragte mich, was das sei, diese mutterliebe. als es dann bei der geburt vom kreisssaal zum op/kaiserschnitt ging, kam auf dem flur eine gestandene hebamme vorbei, guckte auf eines der geräte und sagte: ihrem kleinen geht es gut. und ich dachte: wow, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. nur an mich selbst und mir gings grade nicht so gut. schon vor minimes geburt war ich eine lieblose mutter…

als dann am tag nach der op eine krankenschwester ins zimmer kam, und sagte, sie wolle minime zur blutentnahme mitnehmen, fragte ich nach: blutentnahme? warum? – naja, stammelte die schwester, nannte irgendwelche abkürzungen und das schwester carola mir das heute nacht doch schon erklärt habe. ich antwortete recht stinkig, dass ich ein bisschen schmerzmittel intus hätte und mich an keine schwester carola erinnern könnte, und wenn sie mir jetzt nicht erklären könnte, was sie will, würde ich minime bei mir behalten und sie könne gern mal (setze kraftausdruck ein). die schwester holte eine ärztin zur unterstützung, die mir ruhig erklärte, man wolle nur gucken, ob wegen des vorzeitigen blasensprungs irgendwelche bakterien meinen sohn von innen auffressen würden. na geht doch, dachte ich, und fühlte mich fünf zentimeter größer.

wer immer noch nicht versteht, was ich meine: mutterliebe ist sehr abstrakt, wenn nicht konkrete situationen einen daran erinnern. es ist sonst nämlich gar nicht meine art, eine blutentnahme in frage zu stellen. ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, ob ich wirklich kraftausdrücke benutzt habe, aber für mich fühlte es sich so an: du alte hexe bekommst mein kind nicht und saugst ihm das blut aus. und die konkrete situation muss natürlich nichts so schlimmes sein, ein schlafender minime in meinen armen reicht auch.

8 Kommentare

Eingeordnet unter familie

8 Antworten zu “Mutterliebe

  1. Bei den betreffenden Situationen im TV nervt es mich schon seit Jahren, wie da mit der Problematik umgegangen wird. Da frage ich mich schon immer wer da wirklich die Frau sterben lassen würde. Würde mein Freund das machen und ich würde zufällig doch überleben, ich würd ihm danach an die Kehle springen. Klar wäre der Tod des Babys traumatisch und unfassbar traurig, aber ich glaube die wenigsten Frauen/Menschen sind so selbstlos. Aber solche Szenen eignen sich ja hervorragend für die Darstellung der heroischen, alles aufopfernden Mutter.

  2. da wird halt das ideal von der selbstlosen, aufopfernden mutter propagiert. das ist wie in den märchen, wo der prinz den drachen tötet und als belohnung die prinzessin heiratet (die prinzessin aber niemand fragt, ob sie diesen typen überhaupt haben will) und alle finden es super. ätzend sowas. es gibt auch immer noch einige, die mütter, die ihre kinder in die krippe geben um arbeiten gehen zu können, als rabenmütter ansehen. dabei ist es erwiesen, dass eine gute kinderbetreuung den kindern viel besser bekommt als betreuung zuhause.
    bescheuert ist auch dieses „frauen und kinder zuerst“ – wenn ein mann stirbt ist das weniger schlimm als bei einer frau???

  3. nerd

    da ich leider nicht mitreden, außer dass ich die mediale verklärung ziemlich affig finde

  4. Vielleicht lernt man mit der Zeit nur einfach, sich zur Wehr zu setzen gegen Götter in weiß. Mein Mann behauptet, ich sei sehr unfreundlich zu der Ärztin nach der letzten Geburt gewesen – dabei hatte ich sie nur gefragt, ob sie gut nähen könne und auf ausreichend Schmerzmittel bestanden. Man hat da halt beim dritten Mal so seine Erfahrungen…

  5. chouchou

    ich finde diese problematik auch jedesmal total nervig. noch schlimmer, das kind ist eine frühgeburt und es wird entschieden die mutter sterben zu lassen. ich will nicht herzlos erscheinen, natürlich ist es tragisch, wenn ein baby so früh stirbt. das wünsch ich niemandem. auch wünsch ich niemandem, so eine entscheidung treffen zu müssen. aber die eltern können noch andere kinder bekommen. warum soll man es dem vater antun, seine frau/freundin zu verlieren und diesen verlust täglich anhand seines kindes vor augen zu haben? warum soll das kind, vielleicht gesundheitlich noch nicht mal hundertprozentig ok, ohne mutter und vor allem immer mit den indirekten schuldvorwürfen, am tod seiner mutter schuld zu sein, aufwachsen?

    • @chouchou
      naja, mit noch einem kind ist es ja nicht getan.
      es geht ja in einer familie nicht um quantität.
      der vater (wir nehmen ihn jetzt mal als überlebenden) könnte auch einfach noch eine frau kennenlernen und das kind dadurch eine andere mutter bekommen.
      das wäre aber halt nicht das gleiche.
      genauso sähe es aus, wenn ein totes kind einfach durch ein neues ersetzt werden sollte. es war trotzdem da, gehört zur familie und hinterläßt eine nicht zu füllende lücke.

  6. Lehrreicher Artikel. Cool, wenn man sowas auch mal aus einem anderen Blickwinkel beschrieben lesen kann.

  7. Pingback: Erster Tag zu zweit und Blogschau «

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