Mein Minirock und ich

Der HöhlenmenschQuotenmann möchte wissen, ob man frauen trauen kann, die minirock tragen und behaupten, sie täten das nur für sich und um sich wohlzufühlen. denn:

„Wenns ums Wohlfühlen ginge, würden dann diese Damen nicht im Schlabberpulli und Trainerhosen in die Öffentlichkeit? Das ist bequem, da fühlt man sich wohl. Oder vielleicht noch in einem luftigen Kleidchen. Beim Minirock gehts um sexuelle Attraktivität – und daran ist auch nichts Anrüchiges“

lieber höh…quotenmann, es ist so: mode ist was feines. man kann damit unterschiedlichste sachen und stimmungen ausdrücken, sich verstecken oder inszenieren undundund. es ist ein bisschen wie täglicher karneval, maskerade. wer bin ich heute?

ich bin ja meist so die praktisch veranlagte: ich mag sachen, die bequem und praktisch sind, schuhe, in denen ich auch einem bus hinterherlaufen kann, ein paar popkulturelle andeutungen auf dem t-shirt, ein bisschen hippie, ein bisschen punk. es gibt aber auch tage (die sicher, wenn ich den quotenmann richtig verstehe, sehr nahe um den eisprung liegen, nackte haut und so – dann hätte ich etwa alle drei monate selbigen, aber lassen wir das. er lässt es dann ja auch) an denen ich lust habe, weiblichkeit zu inszenieren. das führt in meinem fall nicht zum tragen eines minirocks, eher zu einem tief dekollierten oberteil, roten lippenstift und absätzen, mit denen ich jedem gulli fern bleiben muss. oder ich trage ein kleid, dass auch nicht wirklich praktisch und alltagstauglich zu nennen ist. was wohlfühlen dann heißt, lieber quotenmann, ist folgendes:

an dem tag bin ich gut drauf. ich hab meine schwarze alltagskleidung satt, ich möchte mal ‚wer anders‘ sein, mich ‚verkleiden‘ (ohne nicht mehr ich zu sein), – alltagskarneval eben. die laune ist gut genug, um die zwei (oder 12, hängt grad so vom leben ab) überflüssigen kilo zu ignorieren, und auch eher die weniger anerkennenden blicke. wohlfühlen heißt in erster linie also: ich bin gut drauf. gut gelaunt genug um auch mit folgender argumentation klar zu kommen:

„…sie nerven sich über die männliche Aufmerksamkeit (ausser natürlich über die Aufmerksamkeit von charmanten, gutaussehenden Männern)“

tja, da haben siewir wohl ein weiteres definitonsproblem, wenn es um den begriff ‚aufmerksamkeit‘ geht. ich kann nur für mich sprechen: gegen kurze, anerkennende, verstohlene blicke habe ich sicherlich nichts einzuwenden. aber was viele typen unter ‚aufmerksamkeit‘ verstehen, verstehe ich eindeutig als belästigung: glotzen, hinterherpfeifen, ungefragte kommentare, eindeutige grapscher (huch, tut mir leid, der bus ist aber wieder voll) – die liste ist lang. ich mein, was für ne aufmerksamkeit soll das sein, wenn ich also in minirock oder mit tiefem ausschnitt durch die stadt latsche? dass mir jm. seine telefonnummer zusteckt? zu der unterwäsche (was der liebe quotenmann glücklicherweise gleich wieder unter den tisch fallen lässt, weil es ja müßig ist): was in ihrem kopfkino so vorgeht, kann ich nicht verhindern, aber ein minirock ist bestimmt nicht die aufforderung an typen, die antwort rauszufinden.

also nochmal: wenn ich mich mal so richtig aufbrezel, dann weil ich an dem tag so gut drauf bin, dass es mir mal egal ist, dass wildfremde menschen meinen körper bewerten und ungefragt kommentieren. weil ich spaß an der inszenierung habe. also TROTZ vermeintlicher aufmerksamkeit. ganz sicher nicht WEGEN einer aufmerksamkeit, die für mich übergriffig ist. an guten tagen kann ich diese übergriffigkeiten lediglich besser ignorieren.

was mich daran so aufregt, ist die vermutung einer absicht (sexuelle attraktivität – signalisieren einer verfügbarkeit für männer), die schnell zu einem umkehrschluss führen kann: wenn sie sich so anzieht, dann WILL sie doch auch: angeglotzt, angesprochen, angefasst werden. NEIN, willse nicht! was für ein frauenbild steckt denn dahinter? eine frau zieht sich einen minirock (oder ein anderes ‚aufreizendes‘) kleidungsstück an, weil sie aufmerksamkeit möchte, die sie nicht dadurch erzielen kann, die GEWÜNSCHTE person (sollte es da eine geben), nämlich genau die, die ihr vielleicht attraktiv erscheint, selber anzusprechen?

wenn ihr lieben, netten typen euch jetzt wieder über die eingeschränkten kommunikationsmöglichkeiten zu frauen aufregt, kann ich wieder mal nur auf diesen artikel verlinken: „Wie verhalte ich mich möglichst nicht wie ein Arsch“ – und auch auf danis großartige zusammenfassung „warum hallo nicht einfach hallo ist“

ich bin sogar so nett, und fasse noch mal – aus meiner sicht – zusammen:

1. wenn ich mich aufbrezel, dann weil ich gute laune habe und mich wohl fühle.

2. wenn ich mich aufbrezel, dann bestimmt nicht für dich .

3. wenn ich mich aufbrezel, ist mir deine meinung dazu egal.

4. wenn ich mich aufbrezel, und in meinem kopf ein film läuft, mit nicht jugendfreiem inhalt, dann bin ICH die regisseurin und ich warte ganz bestimmt nicht auf deinen einsatz.

5. wenn ich mich aufbrezel, dann nicht als einladung, damit du mich über die schultern packen und in deine höhle mitnehmen kannst.

_______

…to be continued…

16 Kommentare

Eingeordnet unter feminismus

16 Antworten zu “Mein Minirock und ich

  1. Oh Gott, der verlinkte Artikel ist ja wirklich… AAAH. KOPF. AUF. SCHREIBTISCH.

    Das Problem ist, ich kenne haufenweise, meist junge Frauen und Teenager-Mädchen, die geradezu süchtig nach männlicher Aufmerksamkeit sind. Die wirklich bestimmte Kleidung tragen, um zu gefallen und die ihr Selbstwertgefühl an männlichem (aber auch an weiblichem!) Feedback messen. Disney lässt grüßen… Angeboren ist das sicher nicht.

    Mich macht das ungemein traurig und wütend. Der Punkt ist natürlich wie du schon sagst: Aufmerksamkeit und Belästigung sind zwei verschiedene Sachen. Und selbst wenn ich anerkennende Blicke mal genießen sollte, dann heißt das ja immer noch nicht, dass ich mit jeder Person die schaut gleich in die Kiste springen will.

  2. also ich trag minirock, aber nicht nur für mich, sondern auch weil ich vor anderen gut aussehen möchte. aber gerade im sommer ist die frage allein schon temperaturmäßig nur, ob ich shorts, minirock oder minikleid anziehe. da ist es für was anderes echt zu heiß.

    • ‚gut aussehen‘ wollen vermutlich die meisten. vielleicht sogar attraktiv. aber ’sexuell attraktiv‘ sein (darum gehe es ja, laut quotenmann)???…und wie gesagt, ‚aufmerksamkeit wollen‘ -äh? und sich dann noch beschweren, dass männer das kommentieren… – ich finde einfach, da steckt zu viel aua in dem artikel.

  3. Pingback: Links (2) « sanczny

  4. Also, ich stimme deinem Post absolut zu! Wenn ich mich aufbrezel, dann einfach weil ich mich gut fühle und fit genug, um auf hohen Absätzen zu balancieren. Und ganz bestimmt nicht, um blöd angemacht zu werden. Worunter ich alles, was einen anerkennenden kurzen Blick übersteigt, verstehe.

  5. danke für den artikel! 🙂
    spricht mir aus der seele und gerade jetzt im sommer wieder hochaktuell.
    ich trage sehr gerne einen minirock und habe gerade überlegt, warum ich das momentan so selten tue:
    1. ich fahre viel fahrrad.
    2. bin meistens allein unterwegs.
    und 3. in eher „ungünstigen“ bezirken für sowas.
    um mir den stress zu ersparen wirds dann halt doch meist ne schlabberhose, aber hey, davon lässt sich ein echter kerl doch auch nicht abhalten und riskiert maln flotten spruch…

    den link lese ich mir gar nicht erst durch, kann dann vmtl vor lauter wut kaum einschlafen, deine auszüge reichen mir vollkommen.

  6. Reverend_Sykes

    Bequem ≠ Wohlgefühl.

    Ich würde mich nicht wohlfühlen, ginge ich in Trainingshosen vors Haus. Das mag irrational sein, aber das war ja nicht gefragt. 😉

  7. Wenn ich oft mit völlig verdreckten und kaputten Klamotten durch die Stadt gehe und mich tagelang nicht gewaschen habe, kucken die Leute auch ständig.
    Ja was glauben die denn das ich auffallen will? Ich bin doch bloß zu faul mich umzuziehen und Mode interessiert mich nicht!
    Ihr glaubt gar nicht was ich schon deswegen auf Arbeit gehört habe!

  8. Karla_Anna

    Um auf den verlinkten Artikel zurück zu kommen: Ja, ich trage auch zu Hause oft einen Minirock und brezel mich auf, obwohl ich nicht aus dem Haus gehe, sondern nur fernsehe. Ich mach das halt nur für mich.

  9. Ganz wichtige Kritik, danke! Ich möchte ihr nicht widersprechen, sondern sie erweitern. Bei mir ist es so: Während Minirock & Co wie bei meinen Vorredner_innen viel mit Temperatur und Tagesform zu tun haben, kann an guten Tagen Sex durchaus auch ne Rolle spielen. Es gibt nämlich, auch wenn das für Quoti undenkbar ist, tatsächlich Menschen, die mit sexueller Anziehung was anderes anfangen können als „Nachgeifern“ aka street harassment. Ja, „Menschen“: Quotis alberne Heteronormativität trieft ja auch vor Entitlement.

  10. Babs

    Ich stimme dir in allen Punkten zu. Ich frage mich wirklich,warum die Kleidung von Frauen* irgendwie ne Aufforderung zu einem Statement sein soll. Muskelshirts z. B. werde ja auch nicht als generelles Kopulationsangebot an die Allgemeinheit aufgefasst. Leider ist mir diese Minirock-Debatte nicht nur in konservativen Kreisen begegnet,sondern z.B. auch als ich mich mit einem Mann* in einem linken Wohnprojekt über Frauenrechte unterhalten habe und dieser dann meinte: „Wenn du ernstgenommen werden willst,dann trag keinen Minirock“. Da besteht noch sehr viel Aufklärungsbedarf,leider…

  11. Nicht zu vergessen, daß es in der Stadt die die Mode vergaß ohnehin Selbstbewußtsein erfordert, weiblichere Kleidungsstücke zu tragen (das mit dem Mini ist mir jetzt einfach zu plump). Wer bereits ist diese Blicke à la „sind wir hier in München, oder was?“ wegzustecken kleidet sich ganz sicher für sich selbst und nicht für andere. Sollte ein Quotenmann nicht eigentlich Einblicke haben, die anderen verwehrt bleiben??

  12. Genial! Einfach himmlisch!
    Ich persönlich trage niemals einen Minirock – dafür hab ich einfach nicht die Figur 😉 – aber dieser Artikel ist klasse. Genau so sehe ich das auch und finde es sollte ein Leitfaden für Männer werden. Oder so was wie ein Erste Hilfe Handbuch für, mit Weiblichkeit überforderte männliche Mitmenschen. 😀

  13. Bin ich froh, dass ich keine Frau bin!

  14. Ab einem gewissen Alter erübrigt sich das von alleine, das ist einer der Vorteile des Älterwerdens. Andererseits verschwindet man dadurch völlig vom Radar des öffentlich Wahrgenommenwerdens. Ich denke da an eine meiner Lauftreffteilnehmerinnen. Sie erzählte, dass ein Reporter dann doch lieber die jungen Mädchen beim Frauenlauf fotografierte und die nicht mehr ganz so jungen Frauen (so ab 40 etwa) links liegen ließ.

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