Als E-Mail sollte ich das besser nicht abschicken…

…aber raus muss es mal. vielleicht habt ihr ja ideen für eine diplomatischere antwort…???

Sehr geehrte Frau Heimleiterin,
ehrlich gesagt bin ich von dem Vorstellungsgespräch viel zu schockiert, mir fehlen immer noch die passenden Worte.
Statt nach meiner Qualifikation und Motivation gefragt zu werden, stand lediglich im Vordergrund, dass ich auch ja mein Kind gut wegorganisiert bekomme und zuverlässig sei…
Es geht Sie zwar nichts an, aber mein Partner und ich haben uns die Elternzeit mit je sechs Monaten gleichberechtigt aufgeteilt. Danach bin ich wieder auf meine Stelle an der Uni zurück gegangen und zwei bis drei Mal die Woche nach B. gependelt, dass hieß, sechs bis acht Stunden am Tag im Büro plus gut drei Stunden unterwegs sein. An Wochenenden habe ich Konferenzen und Weiterbildungen besucht, ja ich war sogar eine Woche in den USA auf einer Konferenz. Ohne Kind.
Es tut mir leid, wenn bei Ihnen nur Mütter arbeiten, die aufgrund von Kinderbetreuungspflichten ‚unzuverlässig‘ sind. Was ich so nicht glaube. Sicher sind fehlende MitarbeiterINNEN bei einem zu niedrigen Personalschlüssel blöd. Vielleicht lassen es die Abläufe in Ihrer Einrichtung auch nicht zu, dass die Teilzeitkräfte sich mit Früh- und Spätdiensten abwechseln, so das alle mal einen oder zwei Spätdienste (statt drei) pro Woche machen.
Ich hätte sechs Monate Probezeit bei einem Zweijahresvertrag. Statt also dran zu denken, ob ich meine Arbeit gut mache, würde ich die ganze Zeit beten, dass ja nichts passiert, was mich dran hindert pünktlich und zuverlässig zur Arbeit zu erscheinen. Denn auch das ist möglich: ICH könnte einfach mal krank werden und ausfallen. Da könnte ich noch so eine gute Kinderbetreuung haben, die würde mir nichts nutzen.
Ich weiß zwar nicht, wie viele kinderlose Menschen sich auf eine Teilzeitstelle bewerben, aber ich wünsche Ihnen die Mitarbeiterin, die Sie verdienen.
Mit freundlichen Grüßen, Glücklich Scheitern

18 Kommentare

Eingeordnet unter familie

18 Antworten zu “Als E-Mail sollte ich das besser nicht abschicken…

  1. Also, ich finde die Mail nicht schlecht. Mit ggf. einigen wenigen Anpassungen würde ich die abschicken, zumindest wenn du nicht sonderlich scharf auf die Stelle bist; was sich jetzt erst einmal nicht so liest.

  2. Warum nicht? Die erste Frage, die sich hier stellt ist doch die, ob man in einem Unternehmen arbeiten möchte, das seine Prioritäten eben so setzt. Und wenn nicht, kann man da ruhig auch mal deutlich Klartext reden. Auch Menschen, die andere Menschen einstellen, sind eben nur Menschen und nicht unantastbar. Abändern würde ich nur das leicht rotzige „Es geht Sie zwar nichts an,“ und das rhetorisch unglückliche „sicher sind… blöd“, sonst würde ich das genau so rausschicken.

  3. Ich finde die Email auch gut und finde, solche Emails sollten weitaus häufiger verschickt werden (was wohl leider nicht der Fall ist, weil die meisten ja dann doch auf solche Stellen angewiesen sind). Ist das die Stelle, die Dir auch noch eine (unbezahlte? hoffentlich nicht zu lange dauernde) Hospitanz vorgeschlagen haben? Wenn ja würde ich das auch noch erwähnen. An Anpassungen würde ich lediglich die Alltagssprache etwas rausnehmen (z.B. Worte wie ‚blöd‘).

  4. Franziska

    Ich würde sie diplomatischer formulieren. Letztendlich ist doch die größte Frechheit, dass ihr nicht einmal über DICH und deine Qualifikation gesprochen habt. Und dass du dir wünschst, bei der Hospitanz darauf nochmal den Fokus zu legen.

    (Konferenzengedöns weglassen, drauf hinweisen, dass die Orga deine Privatsache ist und du das bisher immer hinbekommen hast.)

  5. Antje

    Ich finde die Email auch gut und bin froh, dass du sie abgeschickt hast! So eine Umgehensweise sollte mensch sich nicht gefallen lassen!

  6. „Es geht Sie zwar nichts an, aber mein Partner und ich haben uns die Elternzeit mit je sechs Monaten gleichberechtigt aufgeteilt. Danach bin ich wieder auf meine Stelle an der Uni zurück gegangen und zwei bis drei Mal die Woche nach B. gependelt, dass hieß, sechs bis acht Stunden am Tag im Büro plus gut drei Stunden unterwegs sein. An Wochenenden habe ich Konferenzen und Weiterbildungen besucht, ja ich war sogar eine Woche in den USA auf einer Konferenz. Ohne Kind.“

    Der Absatz finde ich klingt ein wenig nach nicht notwendiger Rechtfertigung ich würde das kürzer und weniger persönlich fassen.. also zum Beispiel dass Sie und ihr Partner beide Elternteilzeit beantragt haben und Sie bislang auch durchaus Jobs zuverlässig orgnaisiseren konnten die zeitintensiv und mit Pendeln sowie Arbeitswochenenden verbunden waren – es liest sich sonst für mich so nach „sich über den anderen stellen“ und das finde ich kontraproduktiv.
    Sonst finde ich es, bis auf das rethorisch wie oben schon bemerkt unglücklich formulierte „blöd“, sehr schön auf den Punkt gebracht wie „arbeitnehmerinnenunfreundlich“ dieses Stellenangebot ist.

  7. Warum solltest du diese E-Mail nicht abschicken wollen? Immerhin ist es ein – wenn auch mehr als deutliches – Feedback, dass sich die andere Seite vielleicht ein kleines bisschen zu Herzen nimmt. Und wenn nicht…naja, gut für die Nerven ist es alle Mal.
    So eine Nachricht muss nicht formvollendet und stilistisch hochgestochen sein, eine klare Ansage, aus der man ersehen kann, dass du dich doch mehr oder weniger auf den Arm genommen fühltest (sehr, sehr diplomatisch ausgedrückt) finde ich durchaus in Ordnung.

    Viele Grüße von einem, der selber gelegentlich auf der anderen Seite sitzt (und an deiner Stelle trotzdem nicht anders reagieren würde)

  8. Pingback: Beschweren und Verklagen! « fuckermothers

  9. herzlichen glückwunsch zum abschicken der mail! ich bin sehr gespannt auf die antwort. es ist wichtig, den berechtigten ärger über solche ungerechtigkeiten auch zu komunizieren. vielleicht ist der heimleiterin nicht mal bewusst, was sie da eigentlich macht.

  10. hostmami

    Das Problem hier im Westen ist…sagte ich damals 1989 zu einer Freundin,das man in diesem Teil Deutschland nicht schwanger werden darf. In Sachen Vereinbarkeit von Arbeit und Beruf ,war und ist der Osten dem Westen weit voraus. Wie kann es sein ,dass das man bzw. Frau ihre Gleichberechtigung mit beginnender Mutterschaft verliert. Es bräuchte viel mehr so engagierte mailschreiber wie dich!

    https://xeniana.wordpress.com/

  11. zweibeinerin

    Hey!
    Sehr gut, dass du diese Mail in abgewandelter Form abgeschickt hast.
    Ich stecke noch im gleichen Zirkus, den du vor einiger Zeit verlassen hast (wenn auch nicht wirklich mit dem Ziel einer wissenschaftlichen Karriere) und so sehr mich das alles manchmal nervt, so sehr desillusionierten mich solche Geschichten, was den Arbeitsmarkt „da draußen“ angeht – ich höre es nämlich viel zu oft von Kolleginnen (und ganz selten mal von Kollegen), die sich von der Uni weg orientieren.
    Wie war denn die Reaktion der Heimleiterin? Gab es eine?

    Ich freue mich, bald mal wieder hier zu lesen, viele Grüße von der Zweibeinerin, die vor Wochen schon einmal hier war und sich gerade wieder dran erinnert hat, da sie die Motivation, am Urlaubstag am dfg-Antrag zu schreiben, verließ :-).

    • schön, dass du wieder rein geschaut hast! nein, eine reaktion gab es bisher nicht. hab ich auch nicht erwartet. momentan erleb ich so viele unschöne sachen, was die arbeitswelt insgesamt angeht, auch von freund_innen und bekannten. naja, was bleibt einer übrig? ich mach weiter und schau, was kommt!

  12. Pingback: Ausweitung der Kampfzone « aufZehenspitzen

  13. Pingback: Kinder?! | epic bliss

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