Elternzeitrhetorik

in meinem freundes- und bekanntenkreis legen sie jetzt alle nach mit dem kinderkriegen. ich bin gespannt. denn das, was ich bisher an diskussionen verfolgt habe, wenn es um elternzeit geht, lässt mich nicht viel gutes hoffen.

klar, es gibt die männer, die elternzeit nehmen. sogar welche, die ein halbes jahr machen. aber noch viel mehr eltern kenne ich, bei denen sie zu hause bleibt, er arbeiten geht. vieeelleicht zwei monate für den papa, wenn es das aktuelle dienstprojekt erlaubt (das kind kommt ja auch so überraschend, gell?). inzwischen ringt mir das meist nur noch ein schulterzucken ab.

interessant find ich, wie sich die rhetorik ändert, je nachdem, wer in welcher position ist. also konkret an einem meiner lieblingsbeispiele: er oder sie ist lehrer_in.

ist er lehrer, bleibt er eher nicht zu hause. er verdient ja gut, hat den sicheren job und die klasse an jemand anderen übergeben für ein halbes jahr ist doof – das stört ja den sozialverband.

ist sie lehrerin, bleibt sie natürlich zu hause, weil der job ist ja sicher, das elterngeld gut und anschließend teilzeit, weil das ja alles so gut vereinbar ist.

ähnliches habe ich bei chirurg_innen gehört: er geht natürlich weiter in vollzeit arbeiten, wegen der karriere und so. sie bleibt zu hause, weil bei den arbeitszeiten das lässt sich ja nicht vereinbaren und versuch da mal eine teilzeitstelle zu finden!

und – kommt gelegentlich mit dem lehrerinnenberuf zusammen – total schön auch: sie will ja zu hause bleiben. heißt für mich im umkehrschluss: er will nicht. oder würde sie ihm das verbieten?

ich will keine variante per se verurteilen, wo kommen wir dahin. nur die rhetorik, liebe leute, da wunder ich mich…

38 Kommentare

Eingeordnet unter familie

38 Antworten zu “Elternzeitrhetorik

  1. Claudia

    Japp, die liebe Rhetorik, das kenne ich auch. Schon irgendwie seltsam, das selbst bei Paaren, wo beide in der gleichen Firma in der gleichen Abteilung auf demselben Karriereniveau arbeiten plötzlich so argumentiert wird, das es bei IHM ja gar nicht geht…Ich kann mich da eines bissigen Kommentars meist nicht enthalten, selbst wenn ich die Leute nur vom Flur kenne. Ich gebe die Hoffnung nunmal nicht auf, das soetwas, wenn schon nicht bei den angesprochenen Personen, dann doch zumindest in der Denkweise eventuell Mithörender sich ein klitzeklitzekleines bissen was ändert.

  2. Katrin

    Kenne ich auch zur Genüge. Dabei ist es doch gerade für Lehrer so einfach aus dem Job auszusteigen. Ich war 11 Monate zuhause, gerade lange genug, um technisch nicht abgehängt zu werden. Aber natürlich ein Jahresgespräch und eine Lohnerhöhung verpasst. Im Jahr vorher war das Jahresgespräch praktisch mein Abschlussgespräch kurz vor dem Mutterschutz, da gab es auch nicht mehr Geld. Mein Mann als Lehrer war sieben Monate zuhause, und bekommt hinterher sogar mehr, weil gerade eine Tarifrunde anstand. Muss er sich ja nicht drum kümmern. Und erst mal Teilzeit – kein Problem. Ich musste mit meinem Arbeitgeber über Stunden und Urlaub verhandeln.
    Wenn ich das so lese, wäre es bei Nummer zwei ja besser, wenn ich weiter arbeite 🙂 Aber der Unterschied ist vermutlich einfach, wir WOLLEN uns beide die Zeit nehmen. Und das formulieren so ja eher nur gute Freunde, dass sie zuhause bleiben, weil der Job doof ist, oder dass sie eben weiter arbeiten, weil sie sich nicht als Hausmann/Hausfrau sehen.

  3. Dieser Punkt, an dem die gleichen Entscheidungen (Frau bleibt zu Haus) immer anders gerechtfertigt werden (weil es als Lehrerin/Ärztin/etc so besser passt), ist genau der Knackpunkt heute. Jede_r denkt, die eigene Entscheidung sei individuell – und übersieht das System dahinter. Dazu kommen dann die Punkte, die Katrin aufgezählt hat. Lauter „kleine“ Entscheidungen und Nachteile, die aber fast ausschließlich Frauen betreffen. Aber solange jede_r nur die Kleinteile sieht, gerät das große Ganze aus dem Blick. Dabei wäre gerade das wichtig, um endlich mal echte Chancengleichheit- und gerechtigkeit herbeizuführen.

    • hallo, nur damit ich deinen kommentar verstehe: ist er als ‚bestätigung‘ oder ‚einwand‘ zu verstehen? denn dass da jede menge system hintersteckt und strukturelle probleme find ich offensichtlich. die hartnäckigkeit aber, mit denen die ‚klassischen‘ argumente (er verdient mehr, hat ja keinen kündigungsschutz usw) nicht mehr gelten, wenn sie in gleich guter oder oft sogar besserer position ist, das erstaunt mich.

  4. antje

    normalerweise nur still mitlesend möchte ich heute auch mal zustimme: ja ich wundere mich und muss mich oft zurück nehmen da ich nicht über die lebensentscheidungen anderer zu urteilen vermag, doch klingt es in meinen ohren so oft nach einer Entschuldigung: jaaa so bleibt netto am meisten über, jaaa bei ihm passt es nicht so auf der arbeit gerade, jaaa ich bin ja auch flexibler, to be extended …

    ich würde mir (mal wieder) mehr ehrlichkeit wünschen.

    • was wäre denn ehrlich?
      „jaaaa, ich bin halt so unterdrückt“?
      „jaaaaa, ich hab halt eigentlich kein bock auf arbeit und bleib lieber daheim beim kind“?
      „jaaaaa, ich traus ihm halt nicht zu mit dem kind klarzukommen“?
      „jaaaaa, meine eltern fänden das aber komisch“?
      „jaaaaa, aber ICH will die wichtigste bezugsperson von meinem kind sein“?
      …..

    • Isa

      Jau, dass da nicht so 100% ehrlich argumentiert wird liegt nahe. Nur, was wären denn die ehrlichen Antworten? Würden die Frauen lieber eine andere Aufteilung haben, trauen sich aber nicht das einzufordern, verteidigen im Gegenteil sogar nach aussen die Entscheidung die sie garnicht so toll finden? Oder ist es ihnen eigentlich ganz recht so wie es läuft, und sie polieren halt nur ihre Rhetorik in Richtung ‚leider, leider‘? Man wünscht sich manchmal echt anderen Leuten in den Kopf gucken zu können.

  5. Daniel

    Liebe Damen, ich finde den Hauptbeitrag und auch die Kommentare dazu etwas weltfremd. In unserer Arbeitswelt können wir Väter nicht innerhalb weniger Jahre ein über Jahrzehnte gewachsenes Rollenbild, was ich im übrigen ebenfalls für völlig weltfremd halte, einfach umkrempeln. Ich war zu Jahresbeginn in Elternzeit, musste dafür kämpfen und eine Menge Ärger einstecken. Keine Frage, einigen Müttern ergeht es bestimmt ähnlich. Aber bei den Vätern sind solche Auseinandersetzungen mit den Vorgesetzten noch verbreiteter. Ich will hier nicht rumjammern, aber was soll man als Vater machen, wenn man mit seinem Chef (61 Jahre alt) über ein halbes Jahr Elternzeit verhandelt und der einem an den Kopf schmeißt: „Meine Frau und ich haben auch vier Kinder groß gezogen, ohne das ich zu Hause bleiben musste“? Das sind Totschlagargumente, die jede weitere Diskussion überflüssig machen – leider!!! Aus den sechs Monaten wurden dann drei, ansonsten hätte ich mir zum Jahresende meine Papiere holen können – „dafür werde ich dann schon sorgen, das versichere ich ihnen, Rechtsanspruch hin oder her“ (O-Ton Chef). Bei der Elternzeitverteilung zwischen Mutter und Vater – und auch bei ihrer Rhetorik – spielen so viele Faktoren und Abwägungen eine Rolle, dass ich es anmaßend finde, Paare für ihre getroffene Entscheidung pauschal zu kritisieren – egal, ob es sich dabei um Lehrer, Ärzte oder sonst was handelt. Ich kann nur hoffen, dass mein Chef beim nächsten Kind schon in Rente ist oder ich bis dahin einen anderen Job habe, in dem man die Elternzeit für Mütter UND Väter als das interpretiert, was sie ist: Eine private Entscheidung, um gemeinsam das Kind zu betreuen.

    • ich habe ja gesagt, mir geht es nicht um pauschale verurteilungen. das waren beobachtungen, nicht repräsentativ aber aussagekräftig. und wer wie elternzeit nimmt scheint für mich immer noch keine private entscheidung zu sein – eben weil dem so viele strukturen entgegen stehen.

      • Daniel

        Ich weiß, dass du eine Pauschalisierung vermeiden wolltest, aber es kam dann doch etwas anders rüber – naja, egal. Völlig richtig ist deine abschließende Bemerkung: „Es ist keine private Entscheidung – eben weil dem so viele Strukturen entgegen stehen.“ Genau um diese Strukturen bzw. um deren Abschaffung geht es doch! Das können wir aber nicht innerhalb weniger Jahre erledigen. Wir sind immer noch am Anfang

      • Das weiß ich und ich will nichts schön reden. Aber wenn konsequenterweise, ja utopisch gedacht (das nehm ich mir mal raus) alle Eltern ihre Elternzeit 50/50 teilen – dann könnten Arbeitgeber sich nicht mehr darauf verlassen, dass sie bloß keine Frauen im gebährfähigen Alter einstellen müssen, um keine Verluste zu haben. Dann könnten sie es sich auch nicht erlauben, Männer, die Elternzeit nehmen auf die Straße zu setzen, weil sie Elternzeit nehmen – sonst haben sie ja kein Personal mehr. Ja, das bedeutet, dass Väter* dieses Risiko eingehen. Ein Risiko, das jede Frau eingeht, denn natürlich ist es bei uns nicht anders – der Kündigungsschutz hält auch nicht ewig und in befristeten Verträgen, die ja leider in meinem Bereich zumindest die Regel sind, nützt er einem gar nischt…

  6. Lisa

    Auch ich muss einfach zustimmen. Noch erschreckender finde ich aber die Paare bei denen es ohne einen erkennbaren Gedankenprozess zu der klassischen Rollenverteilung kommt. Als Beispiel habe ich ein befreundetes Paar vor Augen. Vor der Schwangerschaft haben sich beide Haushalt und so weiter wirklich geteilt (absolut keine klassische Rollenverteilung, sondern Gleichberechtigung bei den Pflichten). Jetzt ist das Kind unterwegs und ohne zu zögern bleibt sie zu Hause. Noch nicht mal die oben genannten Ausreden wurden in den Raum geworfen. Als ob es keine alternative gäbe zu einer Rundumbetreuung durch die Mutter.
    Ich möchte noch hinzufügen, dass ich mit dem Paar wirklich eng befreundet bin und wir über so viele Details schon gesprochen haben, dass ich sagen kann, wenn eine ernstgemeinte Überlegung stattgefunden hätte, hätten ich das mitbekommen.

  7. Auch grad wieder im Bekanntenkreis erlebt. Klar, die Frau „muss“ sich auf das Kind einstellen. Aber dass der Mann erst mal, bis auf evt. zwei Monate Elternzeit, am besten mit der Frau zusammen, überhaupt nicht überlegt, ob sich bei ihm was ändert, ob er vielleicht was ändern möchte, damit er mehr vom Kind hat, das wundert mich immer wieder.

  8. Ja, genau. Es ist schon erstaunlich, wie die Argumentation sich immer ähnelt…
    Es geht natürlich auch anders. Bei meiner Schwester war die Konstellation so: sie Lehrerin, er selbstständig. Erstes Kind sie 1 Jahr Elternzeit, zweites Kind er 1 Jahr Elternzeit, drittes wieder sie. Auch im Kollegium musste sie rechtfertigen (nicht dem Chef, den Kolleg_innen gegenüber), warum sie nicht zu Hause blieb, wo es doch für sie so einfach gewesen wäre.
    Schlimmer war, dass mein Schwager sich, als er im Anschluss an die Elternzeit eine Anstellung suchte, sich in jedem Vorstellungsgespräch dafür rechtfertigen musste, dass er das Jahr zu Hause war, und ihm immer unterstellt wurde, da wäre was Seltsames gewesen. Am Ende fand sich nichts, und er ist in die Selbstständigkeit zurückgekehrt.

    Ähnlich läuft es meiner Beobachtung nach mit den Familiennamen: Eigentlich ist es ja beiden egal, aber am Ende nimmt doch sie den Namen des Mannes an.

  9. Ich finde es gut, dass Daniel hier so kommentiert hat – denn das ist die reale Situation in vielen Unternehmen. Nicht nur in kleinen Familienbetrieben, Gesetz hin oder her. Ich ziehe den Hut vor jedem Vater, der es länger als die lausigen zwei Monate durchzieht.
    Ich bin gerne ein Jahr bei meinem Kind geblieben, der Vater nahm nicht mehr als die zwei „Anstandsmonate“. Allerdings hätte ich nicht tauschen wollen, nicht zuletzt wegen des Stillens.
    Und ja, was wären denn ehrliche Argumente des Vaters/der Mutter?
    … Ich bin so erzogen, ich kann das nicht, einfach zuhause bleiben …
    … Ich fühle mich als Mutter als erste Bezugsperson….
    … Meine Karriere ist mir wichtiger…

    Um das klarzustellen: Mir geht auch oft der Hut hoch bei dieser vermeintlichen Selbstverständlichkeit, mit der die Rollen verteilt werden. Trotzdem bin ich sicher und weiß aus eigener Erfahrung, dass es Männern mit dem Wunsch nach Elternzeit
    auf der Arbeit oft nicht leicht gemacht wird.
    Neulich interviewte ich einen Zwillingsvater, der 18 Monate zuhause bleibt. Seine Karriere konnte er abschreiben. Er ist allerdings auch der Typ dafür – und das lässt sich nicht erzwingen.

    • Lieber Daniel, Liebes Vierachtel. Ja, Männern/Vätern wird es nicht leicht gemacht. Aber dieses Argument stört mich trotzdem, weil: Mein Vertrag wurde nach der Elternzeit auch nicht verlängert, weil man offensichtlich annahm, mit Kind würde ich meine Karriere nicht ernst nehmen oder nicht mehr volle Leistung bringen. Ja, ich würde behaupten, dass sowas viel häufiger vorkommt. Insbesondere da wo Frauen* abwägen müssen, ob es realistisch ist, in den nächsten Jahren irgendwo einen unbefristeten Vertrag zu bekommen oder dann schon die Zeit fürs Kinderkriegen abgelaufen ist muss man das wohl in Kauf nehmen. Auch in unbefristeten Verhältnissen ist das nicht anders, denn der Kündigungsschutz reicht auch bei einer Frau/Mutter nicht ewig. Da bin ich hart, ich setze mich zwar sehr für Kündigungsschutz für Väter ein, aber es ist ein Totschlagargument. Wer Mütter o. Väter raus haben will, kriegt das hin, dann eben später.

      • Daniel

        Richtig, den Müttern geht es vielen Fällen nicht besser als uns Kerlen. Aber: Grundsätzlich spielt das alte Rollenverständnis immer noch eine zu große Rolle in der Köpfen der Chefs/Arbeitgeber – je nach Berufsumfeld und individueller Einstellung der Verantwortlichen. Unterm Strich – und das sind jetzt meine Beobachtungen – werden uns Vätern aber mehr Steine in den Weg gelegt, wenn wir uns mal ein halbes Jahr Elternteilzeit nehmen wollen. Ich war in meinem Betrieb (angeblich weltoffener und super-moderner Verlag – haha!!!!) der erste Typ, der sich traute, eine Pause für sein Kind einzulegen – und das war 2011! Nach meinem ganzen Hickhack und der angedrohten Kündigung hat aber kein anderer Vater bislang Elternzeit bei uns genommen. Das ist erschreckend, aber leider die Realität. Frauen hingegen verabschieden sich monatsweise in die Elternzeit und werden danach wieder problemlos integriert. Ich weiß: Ist nur ein Beispiel. Aber ein ziemlich repräsentatives.

  10. Andrea

    Ich möchte hier mal aus anderem BerufsZweig berichten. Mein Mann, baumaschinenführer , ElternZeit = undenkbar.warum? Die FirmenChefs sind in dem Berufsfeld noch um einiges altmodischer und gleichen die Einreichung der Elternzeit einer Kündigung. Zumindest kommt diese dann von Seiten der Arbeitgeber irgendwann. Wenn ich da an meinen Arbeitgeber Bank denke, da liegen Welten zwischen. Viele meiner männlichen Kollegen nehmen Elternzeit. War darauf immer neidisch, da das bei uns von Anfang an nicht denkbar war. ke r.

  11. Manuela

    Auch ich erlebe das gerade öfters. Und noch viel schlimmer – weil so gar nicht nachvollziehbar für mich – ich kenne immer mehr Frauen, die sich bewusst in totale Abhängigkeit begeben. Wie in den 50ern. Hochzeit/Haus bauen und weil das alles so stressig ist, bleibt sie schon mal vorsorglich daheim, obwohl Kinder erst in Planung sind. Ich dachte erst, ich hör nicht recht. Aber das ist mir jetzt schon das 3. Mal untergekommen bei der deutschen Verwandtschaft. Ich lebe allerdings mit Familie im Ausland und da sind arbeitende Eltern die Regel.
    Ich glaube aber auch, dass viele Frauen sich eben nach einfachen Regeln und Tagesabläufen sehnen. Und da kommt der Mamimythos gerade recht. Da hat man ohne große Anstrengung schlagende Argumente zur Hand. Denn mal ehrlich: Kinder und Arbeit ist nunmal anstrengend. Für beide, weil man die Aufgaben verteilen muss. Das ist vielleicht nicht wirklich das Richtige für jedermann…

    • Hmm,ganz ehrlich, ich weiß nicht, ob ich für so einen Chef und so ein unternehmen wirklich arbeiten möchte, der so gegen Elternzeit eingestellt.
      Ich weiß, in vielen berufen findet man nicht so schnell was neues, aber ich glaube,dass man in solchen unternehmen immer Ärger bekommt, wenn man Kinder hat, denn ich glaube nicht,dass der Chef es akzeptiert, dass man mal früher Feierabend macht, weil das Kind Geburtstag hat oder man einen Tag daheim bleibt, weil das Kind krank ist etc.
      Ich bin jetzt auch eine der „Bösen“ Frauen, die ein Jahr Elternzeit nehmen. Mein Chef war auch nicht allzu begeistert, dass ich ein Jahr weg bin, aber hat es akzeptiert. Bei uns nehmen aber recht viele Elternzeit, okay meist nur 2 Monate, aber das läuft immerhin recht gut. Vor meinen Wiedereinstieg habe ich dennoch ganz schönen Bammel.
      Warum ich ein Jahr daheim bleibe? Ich habe das Kind so lange im Bauch mit mir herum getragen, dass ich jetzt auch zeit mit dem kleinen verbringen will plus ich will stillen.
      Derzeit bin ich auch echt froh, dass ich Elternzeit habe (das Kind ist jetzt 3 Monate), weil mir die Schwangerschaft und die Geburt körperlich immer noch ganz schön nachhängt. Vielleicht bin ich ja eine Memme. 🙂
      Mein Mann wird, nachdem ich wieder arbeite einen Monat Elternteil nehmen. Den ersten Monat nahmen wir gemeinsam und ich bin darüber heilfroh, da ich nach der Geburt nicht wirklich „funktioniert“ habe und einfach Hilfe brauchte. So hatte ich ein ganz tolles Wochenbett.
      Was ich damit sagen will: ich finde in der ganzen Diskussion darf man die krasse Anstrengung, die eine Geburt und die Schwangerschaft darstellt nicht klein reden.

  12. Martina

    Habt ihr euch mal überlegt, dass es auch genau umgekehrt sein kann? Warum müssen sich Frauen heute denn rechtfertigen, wenn sie NICHT arbeiten gehen wollen und bei ihren Kindern bleiben? Hier wird zwar immer so schoen gesagt, dass man ja alle Modelle toleriert und jeder entscheidet für sich selbst blablabla… Aber bei jedem anscheinend so weltoffenem Kommentar ist für alle deutlich herauszuhören, dass moderne Frauen mit Ausbildung gefälligst arbeiten gehen sollen. Natürlich muss eine junge Frau, die bei ihrem Kind bleiben will, zig Argumente finden, um sich vor den ganzen ach so emanzipierten Leuten zu rechtfertigen. Und warum sollte man leugnen, dass die nächste Bezugsperson für ein Kind nun mal die Mutter ist. Und erst danach der Vater. Warum beschwert ihr euch nicht darüber, dass die Frauen das Kind austragen müssen und nicht die Männer? So was von ungerecht aber auch, oder? Man kann’s mit dem Femninismus auch übertreiben. Und nein, ich bin kein Rentner, der gedanklich noch in den 50ern lebt, sondern eine 25 jährige Frau mit Uniabschluss.

    • Isa

      Der Punkt ist ja nicht die Entscheidung an sich (für mich jedenfalls nicht), sondern die Bedauerns-Rhetorik drumherum. Man würde ja so gerne anders und gleichverteilter, aber die Umstände erlauben es nicht. Ein einfaches, ehrliches, „Wir wollen das so!“ fänd ich sehr erfrischend.

    • tja, keine ahnung, warum du das so verstehst. meinetwegen muss sich hier niemand rechtfertigen. ich finde es völlig legitim, sich längere zeit ums kind zu kümmern. dass aber die mutter zwangsläufig die nächste bezugsperson ist, oder gar die wichtigste, ist nicht meine erfahrung, aber das steht auf einem anderen blatt. was ich mit diesem post sagen wollte: selbst dann, wenn das klassische argument wie: er verdient mehr, nicht mehr zählt, weil sie genau so viel verdient, selbst dann, wenn er verbeamtet ist, läuft es darauf hinaus, dass sie zuhause bleibt oder doch zumindest oft länger. die männer, die das ganze jahr elternzeit nehmen und sagen „weil ich das will“ sind mir noch nicht untergekommen.
      ich habe hier also lediglich meine beobachtungen geschildert und keine pauschalisierung gewollt. einige der kommentierenden schreiben ja aber, dass sie ähnliches beobachtet haben. mehr oder weniger wollt ich nicht loswerden…

    • Daniel

      Martina, warum soll die Mutter die erste Bezugsperson sein? Glaubst du allen Ernstes, dass ist von der Natur so vorgesehen? Ne, ist es nicht. Es hängt viel mehr davon ab, wie viel ZEIT Mama und Papa mit dem Kind verbringen. Und wenn das halbwegs ausgeglichen ist, dann sind beide absolut gleichberechtigt. Und stell dir vor: Ich war mit mit meinem Sohn (damals 9 Monate) in meiner Elternzeit 10 Tage allein (also ohne Mama). Glaubst du, dass er deswegen irgendwelche Schäden davon getragen hat? Schwachsinn. Nur die Mama war ziemlich gekränkt, als mein Sohn nach der „Familienzusammenführung“ 2-3 Tage lang ausschließlich bei mir bleiben wollte. Was mein Eingangsargument nur bestätigt: Es kommt auf die ZEIT an, die Mama/Papa mit dem Kleinen verbringen …

  13. Name (erforderlich)

    Ich toleriere nicht alle Modelle. Ich halte Mütter*, die sich ausschließlich um ihre Kinder kümmern für bequem, und Väter*, die sich ausschließlich auf den Beruf konzentrieren, für verantwortungslos. Ich glaube auch nicht, dass es für solche Lebenswege „zig Argumente“ gibt. Mir fällt nur eins ein: Es ist halt leichter.
    Ich finde es schlicht eine Verschwendung von Steuergeldern, wenn Frauen* erst ein Studium absolvieren und dann das Erlernte in den Sand setzen, weil Mutti* doch am wichtigsten fürs Kind ist – und sowieso sind die Kleinen ja auch so niedlich. Erfahrungsgemäß kommt, sobald das erste Kind aus dem ganz niedlichen Alter raus ist, bald das zweite Kind, und der nie erfolgte Start ins Berufsleben wird noch weiter nach hinten verschoben, wenn er dann überhaupt noch erfolgt. Da frage ich mich, warum überhaupt studiert wurde.
    Ich kenne leider zu viele studierte, z.T. promovierte Frauen, die mit Mitte, Ende 30 noch keinen Tag in ihrem Leben erwerbstätig waren. Ich weiß, dass Familienarbeit sehr harte Arbeit ist, aber ein Studium ist dafür wirklich nicht notwendig.
    Ich verstehe die Männer in diesen Konstellationen allerdings auch nicht. Zum Beispiel würde ich wollen, dass mein_e Partner_in auch noch andere Gesprächsthemen als die eigenen Kinder und die Kinder anderer Menschen hat.

    • Manuela

      Ich muss da zustimmen. Und ich meine nicht, dass man einige Monate Elternzeit nimmt. Das ist schon ok. Aber da ich mich nur unter Akademikern bewege, muss ich wirklich sagen: Wer 20 Jahre Ausbildung bekommen hat, der soll seine Kenntnisse nicht in der Schublade verschwinden lassen. Ich kenne zu viele Frauen, die noch weitere 10 Jahre von den Eltern in Studium und Praktikum massiv unterstützt wurden, nur um dann zu Hause zu bleiben. Bedeutet: alle Welt hat gearbeitet um für sie Geld zu verdienen und sie selbst? Mit einer Selbstverständlichkeit wird da dann erwartet – vom Partner, von den Eltern und von ‚der Gesellschaft‘ sowieso. Um Kinderbücher vorzulesen sind solche Leute ja nun überqualifiziert.
      Und ganz abgesehen davon, ein eigenes Konto mit eigens verdientem Geld über das man verfügen kann – also von Nachteil ist das sicher nicht.

      • Naja, Akademikerin hin oder her – wie jede seine Zeit verbringt ist doch ihre Sache. Und man könnte es auch so sehen: Dadurch, dass bei Hausfrauen weniger Kinderbetreuung in Anspruch genommen wird, wird Geld hier wieder eingespart. Und ganz schwer wiegt halt die Realität, dass es immer noch bei weitem nicht genug Kinderbetreuungsplätze gibt, also eine_r mehr oder minder gezwungen ist, zu Hause zu bleiben.

      • Manuela

        Glücklich scheitern,
        auch da möchte ich widersprechen. Keiner kann seine Zeit so verbringen, wie’s ihm passt. Soll eine solidarische Gesellschaft funktionieren, so sollte jeder gesunde arbeitsfähige Mensch auch sein Geld selbst verdienen. Und dazu muss man leider nun mal arbeiten gehen.
        Dass die Ausbildung in Deutschland großenteils nicht vom Auszubildenden finanziert werden muss ist ein Privileg und keineswegs in anderen Teilen der Welt üblich. Und ein Studium kostet den Staat viel Geld. Kommt eine Promotion dazu kann man schon mal auf 1 Mio kommen.
        Und die Einsparungen bei der Betreuung sind ein billiges Argument. Denn ein arbeitender Mensch zahlt nicht nur Steuern und Sozialversicherungen, sondern konsumiert auch anders.
        Allgemein sehe ich grundsätzlich keine Wahlfreiheit. Klar, gesellschaftliche Regeln haben sich über die Jahrhunderte immer wieder verändert und man kann heute selber einen Beruf wählen und in andere Länder ziehen etc. Aber für ihren Lebensunterhalt sorgen mussten die Menschen schon immer. Und dass man (außer in Notlagen) sein Geld selber verdient halte ich für verantwortungsbewusst.
        Und nunja, meine Mutter hat damals mit anderen Müttern eine Kita gegründet und diese dann später an einen Träger abgegeben. Das war Anfang der 80iger. Auch meine Kinder sind in einer Kita, die vor Jahren von einer hilflosen Mutter gegründet wurde. Es gibt sehr viele solche Beispiele. Egal um welches Problem im Leben es geht, besteht der wirkliche Bedarf es zu lösen, so findet man meistens einen Weg. Ich habe z.B. meine Sachen gepackt und bin dorthin gezogen, wo ich arbeiten kann trotz Kinder, weil die Bedingungen gut sind. Und da ein weiterer Berufswechsel ansteht, werde ich mich auch wieder danach richten. Und ich muss dazu noch nichtmal die Welt neu erfinden.

      • ich befürchte, an dem punkt kommen wir einfach nicht übereinander. selber für seinen unterhalt sorgen gerne. aber in unserer gesellschaft hat dieses ‚für sich sorgen‘ selten damit zu tun, die unmittelbaren dinge des lebens zu organisieren oder herzustellen. oft heißt arbeit eben, profit für andere erwirtschaften, an dem man dann selber ein bisschen beteiligt wird.
        und ich selber bin grade an einem punkt, wo ich festelle (warum mich das überhaupt überrascht…), dass egal wie emanzipiert ich oder auch mein partner sind und uns die aufgaben rund ums kind und haushalt teilen wollen, ein arbeitgeber mich nur als mutter und damit potentiellen totalausfall sieht. irgendwann hat man einfach keinen bock mehr, zu beweisen, wie super man funktioniert, statt einfach nur seine arbeit zu machen. von daher kann ich den ‚rückzug‘ einiger frauen inzwischen sehr nachvollziehen, bzw. habe ich verständnis, emotional betrachtet. dass es trotzdem ein scheißrisiko ist, ein leben als ehe- und hausfrau zu führen, ja well…

  14. Martina

    Es ging auch weniger um deinen Beitrag als um einige Kommentare dazu. Wie zum Beispiel um den genau über diesem (soviel zum Thema ‚offene Gesellschaft’… Wie kann man denn ernsthaft behaupten, Frauen wuerden aus Bequemlichkeit zuhause bleiben, wenn man Kinder hat?! ich hatte bisher keinen Job, der auch nur annaehernd so anstrengend und aufreibend war.) Wenn wir schon dafür gekämpft haben, alle Rechte und Freiheiten zu haben, sollte man auch die Freiheit haben, zu sagen, dass man in erster Linie Mutter und Ehefrau ist und es auch nicht anders will, ohne sich dafür schämen oder rechtfertigen zu müssen. Und man muss dafür auch nicht auf ein Studium verzichten, das ist nämlich zur Wissenserlangung da um nicht rein praktisch, wie etwa eine Asubildung. Sich weiterzuentwickeln heißt nicht, alles vorher da gewesenen über den Haufen zu werfen.

  15. cloudette

    Ich kann die von dir geschilderte Rhethorik absolut bestätigen. Hinter den Entscheidungen selbst stecken vielfältige, für mich oft sehr nachvollziehbare Gründe. Sehr problematisch finde ich allerdings, dass Frauen, die sich um ihre Kinder kümmern und darum zu Hause bleiben oder Teilzeit arbeiten, bei Rentenansprüchen, Karrierechancen, Wiedereinstieg, Verteilung der Hausarbeit, Anerkennung ihrer Arbeit etc. doch nach wie vor echt oft die Arschkarte ziehen. Leider.

  16. Pingback: Feedreaderperlen III | cloudette

  17. Andrea

    Ich finde es auch nicht über den Haufen geworfen wenn man vor Kind nur im Studium war, ermöglicht evtl.den wiedereinstieg in die Berufswelt. An Daniel: ich finde es so unfair den Männern gegenüber das die Elternzeit bei Männern so erschwert wird. Warum heißt es dann noch Elternzeit wenn bei 80Prozent eh die Mutter diese in Anspruch nehmen kann, weil es beim Mann nicht geht. Ich hätte meine Elternzeit sehr gerne mit meinem Mann gerecht geteilt.

  18. In Vorstellungsgesprächen bin ich immer wieder gefragt worden, was ich denn mache, wenn mein Kind krank würde. Da gings darum, ob ich ausfallen würde oder ob ich eine Betreuungsmöglichkeit in dem Fall hätte. Mein Mann ist das in den ganzen Jahren, die wir Kinder haben (unsere große Tochter wird jetzt 14) nicht einmal gefragt worden. Männer sind gesellschaftlich einfach immer noch nicht so in der Betreuungsrolle angekommen, auch nicht bei Arbeitgebern. Ich habe übrigens mal einem Arbeitgeber (natürlich nachdem ich die Absage bekam) eine Mail geschrieben und ihn darauf hingewiesen, dass es in dem Gespräch um die Frage der Betreuung im Krankheitsfall, aber nicht um meine herausragenden Studiumsleistungen gegangen ist und, dass ich das sehr bedauere. Ich habe sogar eine Antwort bekommen, die war zwar 0815, aber vielleicht denkt er ja trotzdem manchmal daran.
    Viele Grüße!

  19. Pingback: Vaterschutz und Elternzeit | glücklich scheitern

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