AUTENTHIZITÄT

(ergänzung zur debatte um rassistische sprache in kinderbüchern…): was diejenigen gerne argumentieren, die für den beibehalt rassistischer sprache in kinderbüchern (und selbstredend in der dreiheiligkeit goetheschillershakespeare) sind, ist: URHEBERRECHT, AUTHENTIZITÄT, GESCHICHTE.

nun gut, ich hab in meinen vielen semestern von allem ein bisschen studiert, darunter auch ein paar stunden literaturgeschichte. macht mich nicht zu einer expertin in wasauchimmer, aber trotzdem hab ich da ein paar sachen mitgenommen (die, die es besser wissen, können es gerne kommentieren und ergänzen):

1. erst seit geschichten aufgeschrieben werden, lassen sie sich einer bestimmten person zuordnen (autor_in, schriftsteller_innen). dabei waren es grade leute wie die brüder grimm, die die grimmschen märchen nicht erfunden haben, sondern lediglich mündlich überliefertes aufgeschrieben haben. sie sind also eher herausgeber, als erfinder der geschichten. wären diese märchen weiter mündlich tradiert worden, kann man ziemlich sicher sein, dass sie etliche änderungen mitgemacht hätten.

2. grade beim beliebten beispiel von pippi langstrumpf kann man sehr schön nachzeichnen, wie in texte ‚eingegriffen‘ wird: mit der ersten version ist lindgren nämlich bei den verlagen nicht durchgekommen. diese ur-pippi war den verlegern zu aufmüpfig. seit 2007 kann man auch diese fassung lesen. ergo: auch die pippi, an der alle gerne festhalten wollen, ist nicht die pippi, die lindgren eigentlich schreiben wollte.

3. auch bei shakespeare gibt es immer noch verschwörungstheorien a la „das war gar nicht nur ein autor“ (oder hab ich das bloß aus dem film shakespeare in love??? auch mein gedächtnis mag trügen).

4. „wo kommen wir denn hin, wenn wir anfangen, kinderbücher umzuschreiben? sollen wir dann auch goetheschillershakespeare umschreiben???“ meine antwort: ja, wenn wir sie zum beispiel im theater oder fernsehen vorführen. zumal ich goetheschillershakespeare nicht meinen kindern vorlese (obwohl ich mal eine schöne ausgabe shakespeare für kinder gesehen habe, vielleicht guck ich da mal rein. ABER: darf man das???? shakespeare für kinder? am originaltext rumbasteln um es für KINDER geeignet zu machen?). ich würd mich zwar für ambitioniert halten, was meinen bildungsauftrag für minime angeht, aber goetheschillershakespeare darf er gerne in der schule behandeln. oh, funfact: „faust“ war ja auch nicht goethes erfindung, bzw. er hat auch einen ur-faust geschrieben (oder war das der ursprungstext?), dann faust 2 und dieser stoff wurde auch danach weiter aufgegriffen. gibt es einen literarischen fachbegriff für, den ich grad nicht drauf hab.

5. wenn die änderung von rassistsichen, sexistischen begriffen die handlung oder geschichte so trübt, dass manche sie als unlesbar empfinden, dann war sie vorher schon nix mehr wert.

und über diese literaturgeschichtlichen scheinargumente hinaus finde ich es unglaublich, wie vielen menschen die empathie fehlt, sich vorzustellen, was rassistische und sexistische sprache in geschichten mit denen macht, die davon alltäglich betroffen sind.

____________

ich verlinke hier nur zwei artikel, für diejenigen, die grad nicht wissen, um welche debatte es geht:

rassismus raus aus kinderbüchern von fuckermothers und über kinderbücher, freundschaft und rassismus bei shehadistan.

23 Kommentare

Eingeordnet unter familie

23 Antworten zu “AUTENTHIZITÄT

  1. Pingback: Mädchenmannschaft » Blog Archive » Rassismus raus aus Kinderbüchern

  2. Melli

    Ich sehe die Sache anders: Gerade durch das Herausstreichen von Wörtern versucht man Geschichte reinzuwaschen.

    Ich halte diese Bücher schon aus historischen Gründen für wertvoll um sich in die Zeit reinzuversetzen. Dazu gehört auch die damalige Sprache.

    Stell dir mal vor „Mein Kampf“ würde so verändert werden:

    Dann würde in 10 Jahren jeder fragen wieso Hitler denn so übel war, denn in seinem Buch stehen doch nur nette Dinge drin.

    Absurd. Es soll jeder lesen können was der Autor oder die Autorin zu der damaligen Zeit gedacht und geschrieben hat. Alleine als Mahnmal.

    • nun ja, auch hitler kommt in unserem vorleseprogramm nicht vor. und in seinem falle macht es natürlich sinn, weil er rassist war, auch seine rassistische sprache offenzulegen. in geschichten wie die kleine hexe oder pippi langstrumpf ändert es nichts an der story, wenn man rassistische ausdrücke durch andere, bessere ersetzt.

      • Melli

        “ in geschichten wie die kleine hexe oder pippi langstrumpf ändert es nichts an der story, wenn man rassistische ausdrücke durch andere, bessere ersetzt.“

        @ glücklich scheitern

        Genau das ist der Punkt. Wenn in einer Geschichte vom „Neger“ der Fall ist, welchen „besseren“ Ausdruck soll es dafür geben? Farbiger, Dunkelhäutiger..?

        Läuft doch wieder aufs Selbe heraus. Und irgendwann kommen wir zum politisch korrekten „Maximalpigmentierten“ wie man Schwarze so umgangsprachlich schon so nennt. Ich tue das nicht, höre dieses Wort aber jeden Tag.

        Hier wurden also nur Worte durch ein Anderes ersetzt. Ein Umdenken findet aber nicht statt.

        Es gibt einfach keinen besseren Ausdruck und auch keinen Schlechteren solange wir Menschen in Kategorien einteilen.

        Irgendwann werden Menschen hoffentlich einfach Menschen sein und keine Schwarzen, Weisse oder Gelbe.

        Es bringt doch nichts Kinder vor bösen Worten zu schützen die sie im Leben sowieso irgendwann mitbekommen werden.

        @ Ismael

        Man kann auch das kommunistische Manifest als Beispiel nehmen. Oder Marc Twain.

        Ich hänge mich nicht an Hitler auf. Sollte ein Beispiel sein, ein Buch das in Deutschland halt sehr bekannt ist und es auch immer Stress wegen den Urheberrechten gibt.

      • „Genau das ist der Punkt. Wenn in einer Geschichte vom “N*” der Fall ist, welchen “besseren” Ausdruck soll es dafür geben? Farbiger, Dunkelhäutiger..?“ – tja, warum die Frage nicht diejenigen beantworten lassen, die hier repräsentiert werden?
        „Es gibt einfach keinen besseren Ausdruck und auch keinen Schlechteren solange wir Menschen in Kategorien einteilen.“ doch, dafür haben people of color einige vorschläge…
        „Es bringt doch nichts Kinder vor bösen Worten zu schützen die sie im Leben sowieso irgendwann mitbekommen werden.“ es geht nicht um ’schützen‘. es geht darum, wie werden menschen dargestellt. und auf welche art und weise abgewertet. und das in büchern, die ich meinem kind vorlese. bzw. dass eltern ihren kindern vorlesen, die darin eben auf rassistische weise dargestellt werden. und warum muss ich das in kinderbüchern haben? scheint ja unvorstellbar, so ohne.

    • Ismael

      Da stimm ich glücklich scheitern wohl zu – Wie so oft ist der Hitlervergleich hier vollkommen unangebracht bzw. bringt für die Diskussion rein garnichts (keine Ahnung, warum eins kaum eine Diskussion führen kann, ohne, dass irgend eine beteiligte Person auf das dritte Reich anspielt… Godwins Law und so…). Klar wäre es absurd, mein Kampf so zu verändern – bei der Lektüre dieses „Werkes“ geht es dem/der Leser/in ja wohl gerade darum, einen historischen Text zu lesen der bekanntermaßen ein perverses, rassistisches, antisemitisches, faschistisches, menschenverachtendes Weltbild propagiert – dabei ist eins durch historisches Interesse motiviert. Es wäre Heuchelei, so zu tun, als würden Eltern ihren Kindern „Die kleine Hexe“ vorlesen, um deren historisches Interesse zu befriedigen und ihnen rassismus zu Erklären. Im Gegenteil, wenn eins mit seinen Kindern ein Buch liest, geht es einem doch darum, ihnen positive Werte zu vermitteln, Spaß am Lesen zu bereiten, ihnen Literatur näherzubringen. Die Texte beeinflussen die Kinder zwangsläufig – und Rassismen tun dies eben nicht auf positive Weise.
      Ebenso stellt sich doch bei Werken von Goetheschillershakespeare die Frage, ob es nicht viel eher in ihrem Sinne wäre, wenn man bei Aufführungen Wörter, die heute als rassistisch wahrgenommen werden so editiert, dass kein Widerspruch zu den sonst in ihren Werken zum Ausdruck kommenden Wertevorstellungen mehr besteht. Wenn ich ein Werk von Schiller aufführe, das Freiheit fordert und Gleichheit aller Menschen propagiert – ist es dann nicht sogar angebracht, dies auch auf sprachlicher ebene deutlich zu machen (und die Sprache hat sich nunmal verändert und das Problembewusstsein hat sich verändert…)
      Das heißt ja nicht, dass die originaltexte von Schiller verloren gingen. Niemand wird wohl eine Bücherverbrennung fordern und alle Relikte die die Urfassung bezeugen vernichten wollen ^^ – In einem kritischen Rahmen, in dem man Zeit und Raum hat, sich damit auseinander zusetzen und den historischen Kontext zu betrachten kann man den Text ja mit all seinen problematischen Stellen in seiner Urfassung lesen. ankomankommt, in dem

      • Ismael

        Was ich eigentlich sagen will ist nur, dass es eben auf den Kontext ankommt, in dem eine Auseinandersetzung mit dem Text stattfindet. Und dass es etwas anderes ist, wenn ich meinem Kind ein Kinderbuch vorlese, wenn ich ein Stück im Theater aufführe oder wenn ich im Germanistikstudium einen Goethe-Text zerpflücke. Mit dem Kontext variieren auch die Anforderungen.

      • Melli

        @ ismael

        “ Niemand wird wohl eine Bücherverbrennung fordern und alle Relikte die die Urfassung bezeugen vernichten wollen“

        Wäre nicht das Erste mal in der langen Geschichte. Bei Werken von Goethe ist man bereits dazu übergegangen sogar ganze Passagen wegzulassen weil sich bestimmte Leute dardurch gestört fühlen.

        Die Originalfassungen selbst in Bibliotheken wurden verändert. Heimlich still und leise.

        Und das ist nunmal wie in 1984.

        Absurd denn jeder fühlt sich durch irgend eine Darstellung gestört.

        Wenn wir jetzt jedem Recht geben haben wir keine Bücher mehr.

        Ich könnte mich als Deutsche auch von den Gedichten Heinrich Heines gestört fühlen. Aber zu fordern negative Dinge über Deutsche in seinen Schriften zu löschen…da käme ich mir einfach blöd vor.

        Man kann es nicht jedem Recht machen.

      • „Ich könnte mich als Deutsche auch von den Gedichten Heinrich Heines gestört fühlen.“ ich kenne heine nicht genug, um zu wissen, was er über deutsche (du meinst wohl eher christen, oder? meines wissens war er deutscher, nur mit jüdischer religion, aber dafür leg ich meine hand grad nicht ins feuer. auch so ne sache, juden nicht als deutsche zu bezeichnen) schreibt. aber selbst, wenn du dich davon gestört fühlen solltest: als deutsche und weiße und christin/nicht-jüdin – so what??? du. bist. keine. minderheit. dir spricht man nicht deinen platz in dieser gesellschaft ab. jedenfalls nicht aufgrund dieser kategorien…würde mich freun, wenn du da drüber nachdächtest. ansonsten weise ich auf den letzten punkt: wer das übergeht, was diejenigen dazu sagen und schreiben, die diese rassistische sprache betrifft, ja well…

  3. melli

    @ glücklich scheitern

    Natürlich bin ich mir bewusst das ich in fast allen Ländern dieser Welt eine priviligierte Person bin.

    In Europa ist es so das ich zur Mehrheitsgesellschaft gehöre. Wer wird das bestreiten.

    Dennoch bin ich als „weiße“ europäische Christin eine Minderheit auf dieser Welt. Ich denke nicht das du in nationalen Kategorien denkst sondern global. Ich bin viel unterwegs und sehe mich nicht als Person der Mehrheit.

    Das ist kein statischer Begriff. Auch können Minderheiten die Mehrheit terrorisieren wie damals in Südafrika. Das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun. Selbst wenn man einer Mehrheit angehört hat das noch nichts über den Status zu sagen.

    Es gibt auch Rassismus von Schwarzen gegenüber Weißen, oder leugnest du das? Alleine z.B. die Behauptung das jeder „weisse“ Mensch in dieser Gesellschaft Rassismus reproduziert ist ein Solcher.

    Noah Sow ist mir da z.B. sehr ungut in Erinnerung geblieben bei einem Vortrag. Aus meiner Sicht eine „schwarze“ Rassistin.

    Und was soll mein Platz in dieser Gesellschaft sein? Darauf hätte ich gerne mal eine Antwort.

    Ziemlicher leere Hülsen kamen nur als Antwort. Und was ist mit der Rechtschreibung los? Ist das mittlerweile normal das bei Satzanfängen klein geschrieben wird? Und zwischendrin Denglisch? Und irgendwelche Punkte die keinen Sinn machen in einem Satz…

    Sorry aber das ist schwer zu lesen was du so schreibst.

    Hast du auch etwas substanzielles beizutragen zu dem was ich geschrieben habe?

    Wie gesagt, wenn einer das recht hat sich gestört zu fühlen haben es andere auch. Wo führt das hin?

    Anbei noch ein Link für dich der dich evt. interessiert:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Euphemismus-Tretm%C3%BChle

    Da führt das hin.

    Im Übrigen denkst du selbst stark in Schubladen und Kategorien:

    „weisse“ „deutsche“ „christin“

    Als solche habe ich kein Recht mich zu beklagen oder wie soll ich das verstehen?

    Gruss Melli

    • „Dennoch bin ich als “weiße” europäische Christin eine Minderheit auf dieser Welt“ – minderheit im sinne von ‚anzahl‘ (global betrachtet) jaaaa. aber keine minderheit im sinne: angehörige einer gruppe, der aufgrund von diskriminierung ihr platz bestenfalls am rande der (globalen) gesellschaft zugestanden wird. als weiße sind wohl wenige nationalgrenzen verschlossen. kapital fließt ins reiche europa. allein, dass du viel unterwegs bist, und das unbeschadet sein kannst zeigt genau das.
      „Es gibt auch Rassismus von Schwarzen gegenüber Weißen, oder leugnest du das?“ hmm, in meinem verständnis von rassismus gibt es keinen rassismus von schwarzen gegenüber weißen, richig. sicherlich sind viele people of color gegenüber weißen auch verallgemeinernd nicht positiv eingestellt, manchmal auch gewaltsam. aber rassismus heißt, dass menschen aufgrund ihrer (vermeintlichen) zugehörigkeit zu einer ‚ethnischen‘ gruppe abgewertet werden – als faul, minderwertig, unterlegen. und DAS hab ich noch nie gehört, dass man das weißen zuschreibt und dadurch strukturelle ungerechtigkeiten entstehen.
      „Und was ist mit der Rechtschreibung los? Ist das mittlerweile normal das bei Satzanfängen klein geschrieben wird? Und zwischendrin Denglisch? Und irgendwelche Punkte die keinen Sinn machen in einem Satz…Sorry aber das ist schwer zu lesen was du so schreibst“ – äh ja, also das war natürlich ein substantieller beitrag deinerseits. ich schreibe hier im blog immer und von anfang an klein, manchmal aber auch nicht, nicht immer nach deutscher rechtschreibung, sondern so, wie meine gedanken fließen. manchmal schneller als meine finger – trotz 10fingersystem.

  4. melli

    PS:

    Und ja ich habe das Buch Deutschland schwarz-weiß von oben besagter Person gelesen. Und es gleich danach in den Mülleimer geworfen.

  5. Pingback: Böse Wörter « aufZehenspitzen

  6. Man kann Werke adaptieren. Das ist auch mit vielen Werken schon geschehen. Man kann eine frauenfreundlichere Bibel schreiben, wenn man will, mann kann Alien adaptieren und zu einer Migrationsgeschichte machen, man kann jede Geschichte in eine homosexuelle Erzählung umwandeln, aber man deklariert das dann auch so.

    Bücher sind Zeitzeugen und die vielen Kommentare des Typs: „Eltern wollen ihre Kinder beim Vorlesen nicht aufklären.“ kann ich schlicht nicht nachempfinden. Selbstverständlich wollen wir das. Und ich musste meiner Tochter beim Vorlesen schon einiges erklären und das ist teilweise harte Arbeit und zum Teil sogar tränenreich. Aber genau diese Gespräch müssen wir Eltern eben führen.

    Am meisten würde es mir gefallen, wenn die Diskussion nicht so dogmatisch geführt würde. Über die Kommentare hier freue ich mich sehr. Auf meiner facebookseite ging es jetzt tagelang ganz anders zu. Es wäre schön, wenn mehr Respekt gegenüber anderen Positionen eingenommen werden könnte.

    Und ja! Es ist grausam für viele Betroffene, diesen Dingen ausgesetzt zu sein. Das kann ich durchaus nachempfinden. Aber genau darum ist es mir so wichtig, diese Dinge genau so „heftig“ zu belassen. Damit niemals das Bewusstsein dafür verschwindet, wo wir hergekommen sind. Ohne das Wissen um all die schrecklichen Ereignisse (Kolonialisierung, Genozide, Progrome, Versklavung, etc.) der Vergangenheit können wir nicht an einer friedlicheren Gegenwart arbeiten. Wir müssen die Gefahr kennen und sie vermittelt sich eben am besten durch die Sprache der Zeit. Am Grad der Arglosigkeit einer Gesellschaft kann man ermessen, dass sie auf eine menschenverachtende Katastrophe zusteuert. Man kann Bücher mit Fußnoten versehen und man kann adaptieren. Aber das Urwerk muss erhalten bleiben. Es ist ein Zeitdokument. Das ist wie Zeitreise. Wichtigstes Gesetz: Ändere nie die Geschichte!

    Wir müssen JETZT diese Bücher mit diversen Lebensrealitäten schreiben. JETZT ist die Zeit dazu. Es wird schwierig die kapitalistisch denkenden Verlage davon zu überzeugen, aber das ist die Arbeit die jetzt geleistet werden kann und muss. Streichen und umschreiben geht nicht. Wer darf dann beurteilen, wo das aufhört????

    Hier noch eine Bücherliste mit genau solchen Büchern, die es schon gibt:

    Klicke, um auf Kinderbuchliste_2011_komprimiert.pdf zuzugreifen

    Und hier mein eigener Artikel zum Thema: http://www.mutterseelenalleinerziehend.de/861-das-verbotene-wort-und-die-literatur/

    • „Bücher sind Zeitzeugen und die vielen Kommentare des Typs: “Eltern wollen ihre Kinder beim Vorlesen nicht aufklären.” kann ich schlicht nicht nachempfinden. Selbstverständlich wollen wir das. Und ich musste meiner Tochter beim Vorlesen schon einiges erklären und das ist teilweise harte Arbeit und zum Teil sogar tränenreich. Aber genau diese Gespräch müssen wir Eltern eben führen.“ – und ich glaube auch zuversichtlich, dass das ein großteil meiner leser_innenschaft tut. aber viel zu viele eben nicht. viel zu vielen ist die bedeutung bestimmter wörter eben nicht bewusst, wie die vielen diskussionen an anderen stellen gezeigt haben. da gehe ich nicht von aus, dass unter den entsprechenden stellen ein exkurs statt findet.
      „Am meisten würde es mir gefallen, wenn die Diskussion nicht so dogmatisch geführt würde“ – was heißt denn dogmatisch? man kann für die änderungen sein, aus gründen, oder dagegen. ich bin eben aus all den schon genannten gründen der meinungen: FÜR das streichen rassistischer begriffe. und meinetwegen auch eine modernisierung bei anderen begriffen. es ist eh schon erstaunlich, dass die bücher, um die es hier geht, immer noch und wieder und wieder gelesen werden.
      „Es ist grausam für viele Betroffene, diesen Dingen ausgesetzt zu sein. Das kann ich durchaus nachempfinden. Aber genau darum ist es mir so wichtig, diese Dinge genau so “heftig” zu belassen.“ – und genau hier haben viele betroffene, soweit ich sie verstanden habe, genau das gegenteil gesagt. weil es eben schon genug rassismus (und sexismus) im alltag gibt. weil das kinder alltäglich erfahren.
      „Wer darf dann beurteilen, wo das aufhört????“ – diese angst versteh ich einfach nicht. es ging um ganz konkrete begriffe, ganz konkrete beispiele. aus guten gründen.
      und ja, dass es mehr ‚diverse‘ bücher geben soll und hoffentlich auch wird, gerne. aber so lange preußler, lindgren und ende noch in kinderzimmern vorgelesen werden, kann man das meiner meinung nicht vergleichen.

  7. yoshi

    Na toll. Eigentlich habe ich jede Menge Arbeit zu erledigen, aber die Kommentare, die Melli hier vom Stapel laesst, sind auf eine derart unertraegliche Art und Weise arrogant, paternalistisch und vor white privilege und self-entitlement strotzend, dass ich nicht umhinkomme, darauf einzugehen. Ausserdem exemplifiziert Mellis Sichtweise die Reaktion der weissen deutschen Mehrheitsgesellschaft, wenn sie sich mit Gegenstandpunkten ausserhalb des eigenen Konsens auseinandergesetzt sieht- sprich die absolute Empoerung darueber, dass sich es Leute herausnehmen, eine eigene Position zu haben, mit einer eigenen Stimme zu sprechen. Es gibt Menschen, die durch das N*Wort diskriminiert, herabgewuerdigt und verletzt werden. Eine Erfahrung, die Melli allen PoC’s abspricht. Das haben wir zu ertragen.‘ Jeden „stoert“ nunmal irgendetwas, da koennte ja jeder kommen‘- dass Rassismus eine spezifische Geschichte hat, in der unterschiedliche Menschen und Personengruppen unterschiedliche Machtpositionen einnehmen, wird hierbei von Melli natuerlich geflissentlich ausser Acht gelassen. Stattdessen wird Noah Sow als Rassistin beschimpft, und der Autorin des Blogs vorgeworfen Menschen in Schubladen zu stecken. Einer Position, die im Grunde nur ein im Grundgesetz verbrieftes Recht einfordert, naemlich den Schutz vor Diskriminierung, wird vorgeworfen, Rassismus unsichtbar zu machen (und in die Naehe von nazistischen Methoden der Buecherverbrennung und der faschistischen Kontrolle von „1984“ gerueckt), waehrend die eigene Colorblindness und Akzeptanz des status quo als Loesung des Ganzen praesentiert wird. Hier in Deutschland gehoert Melli aber zur dominanten Mehrheit, die ihren eigenen universalen Wahrheitsanspruch, und das Recht, Andere zu diskriminieren, vehement verteidigt- ganz abgesehen davon, dass ihre Privilegien weit ueber Europas Grenzen hinaus wirkmaechtig sind.
    Naja gut, um die ganzen Derailingkomponenten aus Mellis Kommentaren auseinanderzunehmen, und ihr Rassismus zu erklaeren, ist hier weder ausreichend Platz, noch hab ich da Bock drauf, noch hab ich bei ihrer bisher an den Tag gelegten Resistenz fuer Argumente irgendeine Hoffnung, dass das was bringt, ein paar Dinge wollte ich aber noch loswerden, weil sie mich unglaublich geaergert haben.
    Dieser Aufschrei, dass das alles „Zensur“ sei, ist einfach kompletter Nonsens. Keine staatliche Institution hat sich eingeschaltet, keine Vorschriften wurden gemacht, sondern Autor_Innen und Verleger_Innen haben sich zu diesem Schritt entschlossen, nachdem Sie sich in Diskussionen von den vielen, vielen, in vielen Texten dargelegten Argumenten haben ueberzeugen lassen. Die Originale sind weiterhin zugaenglich, wenn Melli das Reproduzieren von Rassismus unerlaesslich fuer die Bildung ihrer Kinder haelt.
    Der Vergleich mit 1984 macht keinen Sinn. Wieder: Keine staatliche Einflussnahme, kein faschistischer Einheitsstaat, keine praeventive Vorzensur, die ist in Deutschland verfassungswidrig. Ausserdem kann Melli ihre Kommentare ja sogar auf diesem Blog von sich geben, ihre Meinungsfreiheit scheint nicht eingeschraenkt, und ich gehe davon aus, dass sie nicht vom grossen Bruder fuer ihre unerhoerte geistige Dissidenz verhaftet worden ist.
    Schlussendlich ist es das allerletzte, auf den Blog einer Person zu kommen, sich derartig auszukotzen und Raum zu nehmen, und dann noch in ueberheblichstmoeglicher Weise ueber Rechtschreibung zu laestern und zu behaupten, die Diskussionspartnerin haette keine Argumente. Nochmal, es gibt tausend gute Argumente, sowohl auf diesem Blog, auf dem Blog von Nadia von shehadistan, bei der Maedchenmannschaft, und, und, und… Aber natuerlich, „Hitler!Zensur!Buecherverbrennung!1984!“ zu schreien ist wesentlich stichhaltiger. Ich bin da ganz bei gluecklich scheitern, unglaublich, dieser Mangel an Empathie.
    Ich hoffe, dass ist jetzt nicht viel zu lang, und dass ich hier nicht zu viel Raum einnehme, aber das musste raus, bevor es mich kaputt macht. Vielen Dank an gluecklich scheitern fuer den eigentlichen Blogpost.

    • mutterseelenalleinerziehend

      Wahnsinn. So einen beleidigenden Kommentar abzulassen und dann zu schreiben, so wenig Empathievermögen könne man nicht nachfühlen. Bravo! 1A Widerspruch. Und genau das meinte ich mit Dogmen. Jeder starr aus einer Richtung und am liebsten mit Gewalt. Gesprächskultur???

      • sooooo mein letztes wort dazu: es ist erstaunlich, wem du beleidigende kommentare zugestehst und wem nicht. es lässt sich sicher schön sachlich über folter diskutieren – wenn man nie gefoltert wurde. man kann sicherlich ganz allgemein mal über gesprächskultur diskutieren, ich übe da auch ständig und wünschte mir auch einen anderen umgang miteinander. aber als derailing hat ein: das war jetzt aber nicht nett! hier nichts zu suchen.

      • yoshi

        Hm, ich finde es ist eigentlich kein Widerspruch, keine grossartige Empathie mit Menschen zu empfinden, die
        a) Rassismus verharmlosen, („da koennte ja jeder kommen“)
        b)Menschen, die von Rassismus betroffen sind- und seit Jahren Antirassusmusarbeit leisten, diffamieren, („noah sow ist fuer mich eine schwarze rassistin“)
        c) und uns, die wir es einfach leid sind, uns in Buechern als N* oder K*nacke repraesentiert zu finden und uns darueber beschweren, in die Naehe nazistisch-faschistischer Praxen zu ruecken („Buecherverbrennung waere nicht das erste Mal in der Geschichte“)
        und mir gleichzeitig Empathie fuer mich und alle Anderen zu wuenschen und zu erhoffen die Rassismus erfahren.
        Wo ich dogmatisch gewesen bin, darfst Du mir gerne zeigen, und wo ich gewalttaetig war, auch. Fuer jedes unfreundliche Wort habe ich anschliessend auch eine Begruendung angefuehrt. Voellig klar, mein Text war nicht frei von Aggression, ich war sehr sehr wuetend. Und Gespraechskultur ist natuerlich auch ein Hinweis. Das Ding ist, und das vergessen weisse Menschen meiner Erfahrung nach haeufig, ich und viele viele Andere, fuehren diese Diskussion nicht zum ersten Mal. Sondern immer und immer wieder. Seit unserer Kindheit, auf die eine oder andere Weise. Wir haben auch nicht die Wahl, ob wir sie fuehren wollen oder nicht. Und immer immer wieder, begegnen mir Reaktionen wie die von Melli. Die meine eigenen Erfahrungen in Frage stellt und sich darueber lustig macht.Und das frustriert. Fuer Sie ist das eine Luxusdiskussion- kein Vorwurf, eine Feststellung. Sie muss sich nicht mit Rassismus auseinandersetzen, sie kann sich ueberall auf der Welt bewegen, und dann ihren Freunden zu Hause erzaehlen, dass Sie im Urlaub komisch angeguckt wurde, weil Sie weiss war. Aber dann ist sie wieder ins Hotel, nochmal Glueck gehabt. Wir koennen in kein Hotel… Klar, war ihr gegenueber meine Reaktion nicht sonderlich paedagogisch wertvoll. Aber auf „turn the other cheek“ hab ich nach ein paar Jahrzehnten auch keinen Bock mehr. Alle Informationen sind da. Alle Argumente. Wenn Du sie hoeren willst. Wir reiben uns immer wieder in solchen Diskussionen auf- weil wir muessen. Wenn dann noch jemensch das N*Wort ausschreibt, dann gibt es keine Ausrede, dann nimmt diese Person bewusst das Verletzen von Menschen in Kauf: Keine Empathie. Und dann heisst es „nur leere Huelsen“. Mir ist klar, dass das Internet, und egal welcher Blog, kein sicherer Ort sein kann. Aber ich verfolge diese Debatte nunmal, weil sie mich betrifft, und muss mich in saemtlichen Zeitungen durch einen Haufen Abgefeiere von rassistischem Scheissdreck kaempfen, und fuehl mich ueberwaeltigt davon. Dann ist es schoen, auf den ein oder anderen Artikel und Blogpost zu stossen, der das anders sieht, dann fuehl ich mich besser und nicht allein. Und dann steht dadrunter das selbe Stammtischgeprolle wie in den Kommentarspalten der Springerpresse. Und mir wird schlecht. Und ich denke, dass darf nicht sein. Das darf nicht das Letzte sein, was unter diesem Blogpost steht; und wenn mich das traurig macht, dann wahrscheinlich auch viele Andere. Und das nagt dann an mir. Mehr und mehr und mehr. Deshalb war es mir wichtig einen Kontrapunkt zu setzen. Melli hab ich damit sicherlich nicht ueberzeugt, und ich bewundere all die Leute, die immer wieder die Geduld aufbringen, bei anderen Menschen bei Punkt Null anzufangen, immer und immer wieder. Ich kann das nicht. Wenn Du es dogmatisch findest, dass wir uns nicht mehr N* oder K*nacke nennen lassen wollen, so be it.

      • mutterseelenalleinerziehend

        Tja. Und dann wird mir was in den Mund gelegt … Hab einen weiteren Text verfasst. Thema Gesprächskultur.

      • Maike, ich finde yoshi hat jetzt sehr deutlich und in allerfreundlichstem ton dargelegt, warum Mellis argumentation nicht ok war. solidarität deinerseits? (weil das jetzt auch dein thema ist…) fehlanzeige. gesprächskultur ist ein wichtiges thema für dich, das habe ich verstanden. das thema kannst du auch gern auf deinem blog und deiner facebook-seite diskutieren. nicht an dieser stelle. denn es lenkt vom eigentlichen thema ab.
        um die diskussion noch mal zurück aufs thema zu lenken: ich habe hier (also in meinem blogbeitrag) versucht darzulegen, warum bestimmte argumente nicht dazu dienen, rassistische sprache zu befürworten. weil andere argumente (diskriminierung!) schwerer wiegen. wenn du eine petition für den beibehalt des wortes schuhwichse in die kleine hexe aufsetzen möchtest, wird dich vermutlich niemand aufhalten wollen – ich als allerletzte. denn das wort schuhwichse beleidigt niemanden. jedenfalls fällt mir niemand ein. es diskriminiert niemanden, verletzt niemanden – so what. man erklärt dem kind was es heißt (verwendet also doch wieder modernere wörter) und gut ist. rassistische sprache ist ein ganz anderes kaliber. darum wiegen andere argumente meiner meinung nach daneben nicht, ich zitiere aber auch gerne:
        „Solange Schwarze Menschen von Mitgliedern der Dominanzgesellschaften mit den N-Worten bezeichnet werden, solange diese Begriffe in der Literatur (auch bei Pipi Langstrumpf) auftauchen, werden Schwarze Menschen die oben beschriebene Geusenwort-Strategie anwenden. Solange die Geschichte fortwirkt, solange das N-Wort seine bedrohliche, rassistische Macht behält, solange Rassismus Realität ist, werden Schwarze Menschen versuchen, diese zu bannen, zu benennen und zu entmachten, auf die unterschiedlichsten Arten. Bevor eine Beschneidung künstlerischer Freiheit verlangt wird, sollten die Hintergründe der selektiven Publikation und enormen Erfolgsgeschichten betreffender Ausdrücke in der Popularkultur genau hinterfragt und beleuchtet werden“ (der braune mob)
        wenn wir da trotzdem inhaltlich nicht zueinander kommen, schade, aber ist dann so. von fehlender solidarität zu schreiben finde ich in diesem kontext dann aber doch allerhand.

  8. Astrid

    Danke für den Artikel und insbesondere Danke an Yoshi für Deine Kommentare. Ich finde es einfach nur traurig, wie Du, Meike, Wut und persönliche Betroffenheit an Dir abtropfen lässt. Offenbar hast Du es nicht nötig, auf Argumente von People of Colour einzugehen. Du weißt es in Deiner Weißheit (pun intended) einfach besser.

    Erschreckend finde ich ja, wie dünn die Decke der Zivilisation in Deutschland ist. Meine Amerikanischen Freunde waren entsetzt, als sie von der Debatte hörten. Sie verstehen nicht, dass das Thema hier überhaupt diskutiert werden muss und halten uns für unglaublich rückschrittlich (freundlich gesagt).

  9. a light sneeze

    [vorsicht, text u.u. nicht ernstzunehmen aufgrund stringenter vermeidung sämtlicher majuskeln, welche die qualität eines textes maßgeblich bestimmen, wie schon die gebrüder grimm wussten./ironie off]

    hatte heute selbst eine kurze diskussion zum thema kinderbuchumschreibungen – anlass bot ein artikel in der zeit.

    als weiße dazu überhaupt stellung zu beziehen, finde ich grundsätzlich schwierig. ich bin von den begriffen ja nicht betroffen.
    also habe ich mir ein gedankenspiel erlaubt.

    ich stelle mir vor, ich hätte da ein buch in der hand, ein vorlesebuch für kinder. stünde da nun statt „frau“ jedes mal, sagen wir mal, „fotze“ oder „schlampe“, aus kulturellen/historischen gründen – würde ich mich da angegriffen fühlen (ich bin ja nicht persönlich gemeint, und die_der autor_in hat ansonsten keine frauenverachtende einstellung an den tag gelegt)?
    ja.

    würde ich mich hinstellen und sagen: jaaa, aber ich kann ja meinem kind beim vorlesen erklären, dass dieses frauenbild inzwischen überholt ist?
    würde ich darauf bestehen, dass diese beleidigenden bezeichnungen erhalten bleiben, weil sie in den historischen kontext einzuordnen und somit pädagogisch wertvolle dikussionsgrundlage seien?
    nee.

    und zum thema original fällt mir noch ein: michel aus lönneberga heißt im original emil. diese m.e. recht große änderung scheint niemanden zu schmerzen.

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