Jobsuche mit Kind
Das mit den Bewerbungen ist bei mir gefühlt Dauerzustand. Ende 2013, als mein letzter Vertrag auslief war ich grade schwanger. Ich hatte wenig Hoffnung und Motivation in dem Zustand eine Stelle zu finden. Zaghafte Versuche gab es dann wieder kurz nach Cashews Geburt. Aus der – relativ? – luxuriösen Situation namens Elternzeit.
Mein Lebenslauf ist lang und bunt. Nach meinem Studium der Sozialpädagogik, Soziologie und Gender Studies war ich eine Weile an der Uni, als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Das war der Plan: an der Uni „Karriere“ machen. Doktorarbeit, Post-Doc-Phase, Frau Professor. Ja, ihr dürft lachen.
Ich habe mich entschieden diesen Weg nicht mehr zu gehen. Bilde mich jetzt in BWL und Management fort. Bin derweil freiberuflich unterwegs, weil ich finde: Ich weiß was, das kann ich anderen erzählen.
Kinder in den Lebenslauf oder nicht?
Nun hätte ich gern wieder eine Anstellung. Früher hätte ich die Kinder definitiv nicht erwähnt. Ja, ich habe sogar allen, die in der gleichen Situation sind, davon abgeraten, ihre Kinder zu erwähnen (jedenfalls wenn sie eine Frau sind). Als Argumente „dafür“ hörte ich dann oft:
Aber wenn mein_e Arbeitgeber_in das erst erfährt, wenn ich die Zusage habe, denkt man, ich lüge. Und wenn ich dabei lüge, lüge ich ja vielleicht auch bei anderen Sachen in meinem Lebenslauf.
Man lügt nicht, wenn man die Kinder nicht erwähnt. Man muss Familienstand und Co. nicht (mehr) im Lebenslauf erwähnen. Rechtlich ist man auf der sicheren Seite und schließlich sollten – aus fachlicher Sicht – die Familienverhältnisse auch keine Rückschlüsse auf meine Qualifikation zulassen. Ich argumentierte also, überzeugte aber selten.
Ich ließ die Kinder weg. Und erwähnte sie manchmal erst im persönlichen Gespräch. Und egal, wie sehr ich wusste, dass es ok ist, fühlte es sich blöd an. Nicht weil ich ein schlechtes Gewissen meinem möglichen zukünftigen Arbeitgeber gegenüber hatte.
Warum meine Kinder jetzt wieder im Lebenslauf stehen
Sondern weil ich, nach allem, was ich über die Arbeitswelt weiß, was ich darüber weiß, wie motiviert, qualifiziert und engagiert berufstätige Mütter sind, den Gedanken nicht mehr ertragen kann, bei einer Arbeitgeberin angestellt zu sein, für die mein Muttersein ein Problem ist. Ja, es ist vielleicht naiv. Weil die Personaler_in nicht immer das Gleiche denkt, wie die_er Vorgesetzte. Weil ich mir so vielleicht Chancen verbaue.
Kinder im Lebenslauf als Bullshitdetector
Vor einigen Wochen hatte ich ein Telefonat mit einer Personalvermittlerin. Es war sehr nett, sehr offen und ich sprach sie deshalb drauf an, fragte was ihre Kunden von Müttern hielten. Sie sagte, dass die das erstmal nicht interessiert, da es oft um Zeitarbeit bzw. Arbeitnehmerübernahme geht. Das heißt: Über die Personalvermittlung können die Arbeitgeber_innen die Angestellten erst mal unverbindlich testen. Wenn man da nicht besteht, geben die Unternehmen die Kandidatin einfach wieder zurück an die Personalvermittlung (jetzt mal etwas lapidar verfasst). Ich dankte ihr für das Gespräch und grübelte nach.
Was, wenn meine Kinder der Bullshitdetector für meinen zukünftigen Arbeitsplatz sind? Will ich in einem Unternehmen arbeiten, dass Bewerberinnen aussortiert, weil sie Kinder haben – Mütter sind? Bei EditionF schreibt Alu vom Blog großeköpfe über ihre dreisteste Erfahrung in, bzw. nach einem Vorstellungsgespräch. Solche Geschichten sind so oder so ähnlich Legion. Ich möchte sie in Zukunft sammeln, ebenso Geschichten von verhinderter Rückkehr nach Elternzeit. Diesem Drama, das in der Politik kleingeredet wird Sichtbarkeit verschaffen. Wenn ihr mir Eure Geschichte schreiben wollt, schickt mir Post an gluecklichscheitern@gmail.com.
Bis dahin stehe ich zu meinen Kindern, im Leben sowieso, im Lebenslauf ab jetzt auch.
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P.S.: Manche können es ich auch gar nicht leisten, ihre Kinder zu „verschweigen“. Entweder, weil die Lücken im Lebenslauf zu groß sind oder weil die Rahmenbedingungen eine_n verständnisvolle_n Arbeitgeber_in nötig machen.
In Bewerbungen hatte ich die Kinder immer schon im Anschreiben, auf dem Deckblatt des Lebenslaufes UND im Lebenslauf selbst mit erwähnt. Nicht, weil ich so wahnsinnig stolz drauf bin, Mutter zu sein, mich quasi darüber definiere. Sondern weil bei manchen Arbeitsvermittlungen nur Anschreiben, nur Lebenslauf oder Deckblatt weitergereicht wird.
Und dann wird man zum Vorstellungsgespräch eingeladen, macht sich Hoffnungen und am Ende scheitert es an den Kindern. Konkret an den Öffnungszeiten von Kita und Hort. Denn jeder simple Bürojob läuft in dieser Gegend hier entweder gleich und ausschließlich im Schichtsystem oder mindestens bis 17 Uhr. Blöd nur, wenn Kita und Hort auch 17 Uhr schließen.
Nach langem Suchen fand ich Arbeit, wo ich einen Teil der Arbeitszeit von Zuhause erledigen kann und so Kinder und Job unter einen Hut bekomme. Als Alleinerziehende ein Glücksfall. Was nicht heißt, dass ich mit dem Job selbst glücklich bin.
Ich drücke Dir die Daumen, dass Du bald einen auch inhaltlich schönen Job findest!
Sehr interessantes Thema, mit dem ich mich zuletzt viel beschäftigt habe. Ich habe mich zuletzt dafür entschieden, mein Kind nur im Anschreiben zu erwähnen, weil es für mich sozusagen ein Motivationsfaktor ist und ich das Anschreiben als Motivationsschreiben betrachte. Im Lebenslauf und auf dem Deckblatt erwähne ich es nicht, ebenso wenig wie meinen Familienstand, weil ich diese Angaben – wie du früher auch – als nicht relevant für meine Leistung betrachte. Aber ganz verschweigen finde ich aus den oben genannten Gründen eben auch schwierig, und ich spreche es im Vorstellungsgespräch auch immer eigeninitiativ an.
In etwa so, wie ich meinen Freund erwähne, wenn ich mich auf einer Party mit einem fremden Mann schäkerig unterhalte.
Was meinst Du mit Motivationsfaktor, wenn ich fragen darf?
Damit meine ich einen Teil der Motivation, mich auf ebendiesen Job zu bewerben, für den ich das Anschreiben formuliere. Sei es, dass der Job einen Familienforschungsbezug hat, das Unternehmen Familienfreundlichkeit in seiner Ausschreibung erwähnt hat, auf Teilzeit ausgeschrieben hat oder sehr nahe an meinem Wohnort liegt – da spielt mein Kind eine Rolle. Deswegen kommt da immer ein Satz vor á la: „Besonders interessant für mich und meine Bewerbung bei Ihnen ist Ihr audit-Familiensiegel. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine große gesellschaftliche Aufgabe – das weiß ich nicht erst seit der Geburt meiner Tochter.“ oder „Ein weiterer Grund für meine Bewerbung bei Ihnen ist Ihr Standort, der direkt in der Nähe meines Zuhauses und der Kita meiner Tochter liegt. So kann ich die gewünschte Flexibilität besonders gut leisten.“
Mal ins Unreine geschrieben… Ist mein Geschreibsel verständlich…?
Ja, verstehe. So bin ich das noch nie angegangen, aus Angst das klingt wie: ah, die will es sich hier bequem machen…aber auch das ist eine Angst, die ich mir abgewöhnen sollte
Ah, so habe ich das noch nie gesehen… Aber meine Einladungsquote ist zumindest okay, allerdings bewerbe ich mich auch nicht in der Wirtschaft.
Mein Kind wird im Lebenslauf erwähnt, zusammen mit dem knappen Hinweis, dass die Betreuung gesichert ist. Das hatte mir mal eine Arbeitsvermittlerin empfohlen. Ob’s hilft – keine Ahnung.
Mein Problem sind wohl eher meine bisherigen „nur Uni“-Arbeitsstationen…
Mich hat diese Frage auch gerade bewegt und ich bin ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass ich nur einen Arbeitgeber möchte, der damit umgehen kann, dass man ein Kind hat. Ich habe auch über das Thema „Jobsuche als Mutter“ geschrieben und freue mich, wenn Du Lust hast, vorbeizuschauen.
Als mein Mann letztes Jahr aus seinem (letztendlich erfolgreichen) Bewerbungsgespräch kam und mir erzählte, dass das Thema Kinder gar nicht angesprochen wurde, d.h. dass die da noch gar nicht wussten, dass er zwei Kinder hat und ein drittes auf dem Weg, da war ich erstmal platt.
Das kann wahrscheinlich nur einem Mann passieren, dachte ich.
Und eigentlich richtig so, denn es sollte ja keine Rolle spielen.
Ich persönlich habe die Kinder bisher immer (jedes Mal neu beworben weil in der Schwangerschaft oder Elternzeit ausgelaufener Vertrag) schon im Lebenslauf erwähnt. Ich denke da einfach nicht strategisch. Ich möchte auch nur einen Arbeitgeber, bei dem es keine Rolle spielt, ob man Kinder hat.