Vor ein paar Tagen sah ich diesen sehr treffenden Comic, in dem es darum geht, was es heißt, sich „alleine“ um alles zu kümmern – trotz Beziehung:
What our partners are really saying, when they ask us to tell them what needs to be done, is that they refuse to take on their share of mental load“
Jedes Mal, wenn ich wieder irgendwo „Maternal Gatekeeping“ höre, werde ich jetzt den Link zu diesem Comic verschicken.
Er macht sehr gut deutlich, dass es beim „mental load“ um weit mehr geht, als Windeln zu wechseln oder die Spülmaschine auszuräumen oder das Kind in den Kindergarten zu bringen.
Es meint daran zu DENKEN, dass die Windeln bald leer sind und für den Kindergarten auch neue mitgebracht werden müssen. Es meint, daran zu denken, dass man neue Spülmaschinentabs braucht und das Kind am nächsten Tag eine halbe Stunde früher im Kindergarten sein sollte als sonst, weil der Verkehrspolizist kommt. Es meint den nächsten Kinderarzttermin auf dem Schirm zu haben, das Geschenk für den Kindergeburtstag und die Nummer der Mama vom Kindergartenfreund, mit der sich das Kind nächste Woche treffen möchte. An den Elternabend zu denken und daran eine Babysitterin für die Einladung am Wochenende zu organisieren.

Familienmanagement – ein kleiner Auszug aus unserem Papierkalender. Der ergänzt wird vom GoogleKalender und von Wunderlist
Mental load meint nicht nur, die Wäsche zu waschen und aufzuhängen und einzuräumen. Sondern auch die Kleidergrößen der Kinder im Blick zu haben und neue Anziehsachen zu organisieren sowie die Sachen die zu klein geworden sind einzupacken, zu verkaufen oder zu verschenken.
Was ich sagen will: Während mir auf twitter ein „aktiver Vater“ erklärt, dass er die im Comic dargestellten Rollenbilder total übertrieben findet, er selber natürlich nicht so ein Exemplar ist und auch kein solches kennt und das voll unfair findet wo er grad zwischen Wäsche und Windeln hin und her läuft…da finde ich: Ja, vielleicht ist es übertrieben dargestellt. Aber auch ich habe auf Kindergeburtstagen Väter erlebt, die über irgendwas fachsimpeln, während die anwesenden Mütter Getränke einschütten und aufwischen, Nasen putzen und mit den Kindern aufs Klo gehen.
„Man muss halt Bedürfnisse kommunizieren“ hallt es mir dann auf twitter entgegen. Ja, bin ich großer Fan von. ABER: Wer muss kommunizieren? Di_er mit dem Problembewusstsein oder? In dem Comic hat der Vater kein Problem. Und wenn die Mutter dann äußert, dass da was schief läuft, bekommt sie zu hören „Du musst ja nur was sagen“. Genau DAS ist ja das Problem. Das da Jemand keine Notwendigkeit hat, kein Problembewusstsein. Läuft ja alles.
Vergleichen kann man das ganz gut mit der beruflichen Situation, die bestimmt fast jede_r kennt: Die eine Kollegin/der eine Kollege, der die Arbeit einfach nicht „sieht“. Die naheliegendsten Aufgaben, die einfachsten Sachen. Der nicht ans Telefon geht, wenn es klingelt, Infos nicht weitergibt oder im Meeting nicht nachfragt, wenn er was nicht versteht und dann das ganze Projekt verbaselt. Und dann sagt „Hat mir ja keiner gesagt…“.
Ja, der Comic ist verallgemeinernd. Nein, nicht alle Männer sind so. Schon gar nicht von „Natur“ aus.
Familienmanagement like a pro
Dann mal Tacheles, wie das hier läuft: In Sachen Haushalt habe ich keinen Partner der „mithilft“. Ich habe einen, der seinen Teil vom Ganzen macht. Da muss ich nicht auffordern oder ansagen. Wenn er da ist, übernimmt er auch Kinderarzttermine oder das Frühlingsfest. Wenn ich weg fahre koche ich nicht vor oder kaufe ein oder, oder, oder.
Ja, das knirscht manchmal im Getriebe. Denn: Logistisch wäre es oft einfacher, ich übernähme ALLES was an Familienmanagement anfällt. Der Mann ist halt beruflich auch viel abwesend. Aber: Mir ist wichtig, dass er mitDENKT und wenn sich das nur darin äußert, dass er nachfragt: Was kaufen wir Kind1 zum Geburtstag? Soll ich nach der Arbeit noch einkaufen? Was brauchen wir noch für den Urlaub?
Alleine das entlastet schon. Nicht allein verantwortlich zu sein.
Für das Management helfen uns: Der Familienplaner, der neben der Eingangstür hängt. So guckt man beim Rausgehen immer mal wieder drauf. Dann haben wir digitale Kalender. Einen für seine Termine, einen für meine und einen für die Kinder.
Und seit einigen Wochen probieren wir noch die Wunderlist-App. Für Einkaufsliste, To Do Liste (eine allgemein, eine für den Urlaub, eine für das nächste Event (Kindergeburtstag, Einschulung…).
Es klappt, mal mehr mal weniger. Auch wenn einige Aufgaben irgendwie schon organisatorisch an mir hängen bleiben, sich meine Arbeitszeit immer nach den Kinderbetreuungszeiten und den Arbeitszeiten des Mannes richten – Familienmanagement ist Teamwork.
Zum Weiterlesen: Mental Overload und Mental Re/Load
wenn es sich individuell wieder nichts feststellen lässt, weil da plötzlich so viele väter so unheimlich aktiv sind und natürlich mitdenken (ich hab die diskussion auf twitter nebenbei verfolgt und ich muss sagen, chapeau! wie lange du da ruhig geblieben bist) und mütter-wahrnehmungen täuschen: mich würde ja interessieren, welche prozentzahlen arzt/ärztin-helfer_innen schätzen. wie viele väter vereinbaren termine und rufen an, wenn das kind akut krank ist? was sagen kindergarten-pädagog_innen, wie viel prozent der anrufe kommen von vätern, um mitzuteilen, dass das kind wegen krankheit nicht kommen kann.
Und geht es ganz ähnlich. Auch wenn meine Sicht wieder die eines Vaters ist, nicht die der Mutter, die klassischerweise all diese Aufgaben übernimmt.
Wichtig für uns war, das wir den Anspruch von geteilter Hausarbeit unseren wollten und und über die Organisation ausgetauscht haben. Durch das darüber sprechen, welche Aufgaben so anstehen und wer welche Aufgaben übernimmt, hat sich das mitdenken und das „sehen“ von Aufgaben deutlich verbessert. Also ganz ähnlich wie euer Familienplaner.
Guter Artikel!
Hilf mir, als Papa der auch hin und wieder sagt „warum hast du mich denn nicht einfach gefragt ob ich XY übernehmen kann“, die Dinge mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Als eher technisch versierter Mensch bin ich der Meinung, dass Hilfsmittel dazu beitragen können das Problem „Mental Load“ in den Griff zu bekommen. Wunderlist ist da schonmal ein guter Anfang, ebenso die geteilten (digitale) Kalender auf die beide Schreibzugriff haben. Das setzt jedoch voraus, dass beide sich mit der Technik auseinandersetzen und diese auch aktiv nutzen.
Wenn fast leere Windeln oder Spülmittel Probleme bereiten kann vielleicht auch mit Helfern wie den Amazon Dash Buttons geholften werden.
So schön, dich zu lesen. So authentisch und nett. Vielen Dank dafür! Alles Liebe, Isabella
Danke für den Artikel! Ich bin froh, dass Texte wie deiner oder der Comic einfach mal beschreiben, welche Mechanismen es gibt und dass die eben nicht angeboren oder notwendiger Weise so sind. Um in einer Partnerschaft diese Mechanismen zu vermeiden oder aus so einer Schieflage wieder raus zu kommen braucht es meiner Erfahrung nach unheimlich viel Kraft, Bereitschaft miteinander zu Reden und auch zu zuhören und immer wieder neue, abgesprochene Regeln. Mein Partner und ich haben schon in der Schwangerschaft von Kind1 ganz genau geplant, wann wer wie lange Elternzeit nimmt, wer das Kind zur Kita bringt und wer abholt und uns diese Aufgaben genau zur Hälfte aufgeteilt. Da haben wir uns schon wie Helden gefühlt. Als dann auch für Kind2 die Elternzeit vorbei war, hatten wir schon gefühlte 100 weitere Dinge regeln müssen (Nächte? Haushalt? Krankentage?…). Ich finde das wichtigste ist immer die Einstellung, von der du auch schreibst: Ich habe keinen Parner, der mir hilft. Ich mache meinen Teil der Aufgaben, er seinen. Für uns hat es sich als (momentan) gut herausgestellt, bestimmte Aufgaben an eine Person zu knüpfen. Z.B. kümmert er sich um Kinderarzt, Frisör, Fingernägel, Kontakt zur Schule, beschriftet die Kleidung für Schule und Kita, kümmert sich um das Schulbrot und natürlich noch einiges mehr. Und in meinen Bereich fällt z.B. die Kinderkleidung kaufen, reparieren und durchsortieren, Kontakt zur Kita, Aufräumen vom Kinderzimmer und einiges mehr. Wenn wir beide alles im Blick haben müssten, wären beide Köpfe einfach zu voll. Wenn wir das Gefühl haben, es entwickelt sich eine Schieflage, dann erarbeiten wir uns eine neue Lösung. Und obwohl ich mich sehr wohl mit dieser Aufteilung fühle, finde ich es schade, dass das alles nur geht, weil sich mein Partner aktiv dazu entscheidet, alle seine Verpflichtungen ernst zu nehmen. Als Mutter ist man irgendwie erst einmal der „natürliche“ Platzhalter für alle Aufgaben und nur dann, wenn vom Partner die Bereitschaft kommt, Aufgaben zu übernehmen, hat man Glück und darf sich freuen, dass man nicht alles machen muss…
Ja, das mit dem Platzhalter stimmt! Hier müssen wir beide aktiv immer wieder gegen die „einfachste“ Lösung (=weil ich mehr zu Hause bin, kümmer ich mich um alles) arbeiten. Klappt nicht an allen Tagen gut. Mein Mann kann halt nur einspringen, wenn er auch zu Hause ist, was bei seinen sehr unregelmäßigen Arbeitszeiten nicht immer abzusehen ist. Das ist der Faktor, der mich nervt.
Danke für diesen Text. ?
Du bringst es wirklich wunderbar auf den Punkt.
Hier hat das alles überhaupt nicht funktioniert, nach der Geburt des 1. Kindes hätte ich plötzlich alles an den Hacken und die vielen schönen Pläne der gleichberechtigten Haushalts- und Sorgearbeit von vorher lösten sich in Wohlgefallen auf. Natürlich schleichend. Kommt mir alles vor wie ein schlechter Scherz, weil meine Arbeit so gar nicht wertgeschätzt und auch noch als Selbstverständlichkeit angesehen wird.
Hallo Sabine,
ich hoffe, ihr habt inzwischen eine Lösung dafür gefunden? Ich glaube kein Paar streitet gerne über sowas, weil man sich furchtbar kleinlich vorkommt und es bei all diesen „aber ich hab gar keine Zeit mehr für mich“ „Ich kümmer mich um ALLES!“ und „warum muss ICH das immer erledigen?“ um genau das geht: Wertschätzung und Anerkennung. Und um die fragt man nur ungern direkt. Aber letzten Endes muss man sich an manchen Punkten mal hinsetzen und aufschreiben, was zu tun ist und wer für was zuständig ist. Und vielleicht wäscht der Eine ja GERNE die Wäsche und dafür KÜMMERT sich die andere gerne um die Kindergeburtstagsvorbereitung und danach kann man schon eingies aufteilen. Und dann schaut man, wie man einander Freiräume ermöglichen kann, denn wenn einer beruflich schon ständig z.B. am Wochenenede weg ist wär es ziemlich doof für den anderen, wenn der dann ausgerechnet auch noch an den Wochenenenden mal Freunde treffen oder shoppen gehen will…Allgemeinlösungen sind immer schwierig, aber die individuelle Lösung zu finden bedeutet evt. auch mal seine Bedürfnisse zu äußern und zu formulieren…LG und viel Erfolg dabei!
Hallo Melanie,
nun ja, es gibt inzwischen eine Lösung: wir gehen künftig getrennte Wege.
Ich habe tatsächlich gewagt zu sagen, daß mir Wertschätzung, Anerkennung, Zuneigung fehlen und dann drehten sich die Diskussionen immer ruck-zuck darum, daß ich ja bloß frustriert zu Hause säße und mal lieber mehr arbeiten sollte, dann würde ich gar nicht auf solche Gedanken kommen. (Ich weiß echt nicht, ab wann und vor allem warum ich mir so dermaßen das Heft (über mein eigenes Leben!) aus der Hand habe nehmen lassen…) Dazu muß man vielleicht wissen: der Mann ist 4 Tage die Woche auswärts unterwegs, ich mache hier halt wirklich alles und fange alle Kinder-krank-Kita-zu-etc-Tage ab, weil halt auch sonst keiner da ist und arbeite – wenn auch in sehr geringem Rahmen, um alles o.g. leisten zu können – freiberuflich ein paar Stunden die Woche.
Wenig überraschend geht es mir nach der Trennungsentscheidung wirklich besser. Mal sehen, wie es dann im Alltag wirklich wird. Zu allem, was ich bisher auch schon gemacht habe, kommt halt noch Rasenmähen und ums Auto kümmern dazu, aber andererseits habe ich auch 2 Wochenenden monatlich erziehungsfrei.
Oh. Das ist schade (die mangelnde Wertschätzung), aber auch gut,dass Du Dir im Klaren über den Wert Deiner Care-Arbeit bist. Ich glaube, die meisten Mütter (ich anfangs auch) glauben immer noch, was aus Liebe getan wird, ist keine Arbeit…Ich wünsche Dir von Herzen eine tolle Zukunft und viel Spaß an den kinderfreien Wochenenden 😉