Archiv der Kategorie: feminismus

Kein Ehevertrag ist wohl ein Ehevertrag

Habt ihr eigentlich einen Ehevertrag? “Neee, sowas brauchen wir nicht” – “Ach nö, ist doch unromantisch”. Mag sein. Fakt ist nur: Auch wenn ihr keinen eigenen Ehevertrag ausarbeitet, geht ihr mit der Eheschließung einen Vertrag ein. Nur, dass dann nicht ihr die Regeln macht, sondern Vater Staat. Ich bin keine studierte Juristin und ich weiß, dass Jurist*innen gerne um Worte streiten, ich bitte euch an dieser Stelle mir Ungenauigkeiten in der Begriffswahl zu verzeihen.

ehevertrag

@5050elternschaft heisst mein Instaaccount genau eben dazu…

Wenn ihr eine Ehe schließt, dann treten die zugehörigen Rechtswirkungen ein, ganz egal, ob ihr mal an entsprechender Stelle im bürgerlichen Gesetzbuch nachgeschlagen habt, was das heißt und einschließt. Im Prinzip unterschreibt ihr bei der Trauung “blind” einen Vertrag. Würdet ihr doch bei keinem anderen Vertrag tun, oder?

Ein (zusätzlich) geschlossener Ehevertrag kann aber Dinge regeln, die besonders dann wichtig sind, wenn ein_e Ehepartner_in wegen der Kinderbetreuung beruflich kürzer oder zurück tritt:

  • Unterhalt nach der Scheidung: Im “klassischen” Fall, in dem die Mutter kürzer oder ganz aus dem Beruf tritt hätte sie nach einer Scheidung keinen Anspruch auf Unterhalt, wenn das jüngste Kind älter als drei Jahre ist. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten müsste sie wieder mehr/Vollzeit arbeiten. Hier könnte man festlegen: Wer sich mehr um die Kinder kümmert und darum weniger lohnarbeiten kann bekommt Unterhalt, so lange die Kinder jünger als 14 sind (oder noch zu Hause wohnen oder was auch immer).
  • Altersvorsorge: Zwar werden bei einer Scheidung Rentenpunkte geteilt, aber ist ein_e Ehepartner_in beruflich zurück getreten und hat darum einen geringeren Rentenanspruch, kann man auch hier (auch schon während der Ehe) Vorsorge treffen: Der mehr verdienende Partner kann eine bestimmte Summe zur Seite legen oder in Wertpapiere anlegen, um diese Rentenlücke zu begleichen.

Das sind nur wenige, aber sehr wichtige Punkte. Und noch viel wichtiger sind sie eigentlich für alle Paare, die unverheiratet sind. Denn hier fällt bei einer Trennung auch der Zugewinnausgleich weg. Und unromantisch? Nun ja, jede_r versteht Romantik anders, aber ich finde nichts romantischer als sich umeinander zu kümmern und Gedanken zu machen, wie man im Worst Case miteinander umgeht. Wem ein Ehevertrag (oder eben ein nicht-ehelicher Zivilvertrag) zu umständlich und aufwendig ist, kann ja ähnlich wie bei einem Testament, handschriftlich zu Papier bringen, wie man bei einer Scheidung füreinander sorgen will. Das wäre zwar nicht rechtlich bindend, aber vielleicht moralisch. Soll bei manchen ja ausreichen.

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Mental (Re)Load: Die neverending To Do Liste

Ich wache auf. Wie spät mag es sein? Es ist nicht mehr richtig dunkel draußen, aber auch noch nicht hell. Und ich bin nicht mehr richtig müde, aber auch nicht wach. Noch mal einschlafen und zurück zu den Träumen, das wärs. Soll ich auf die Uhr schauen? Wenn ich sehe, dass es erst 5 ist, kann ich noch mal einschlafen. Ist es 5.55 Uhr lohnt es sich nicht mehr. Um 6.30 ist die Nacht vorbei und eine halbe Stunde ist viel zu kurz um den Gedanken an meine To Do Liste zu verdrängen. Die To Do Liste, die mich aus dem Schlaf geholt hat und sagt: Denk auch an alles!

Ich drehe mich ein paar mal hin und her, dann schau ich doch auf die Uhr: 5.50 Uhr, na dann ist ja auch egal. Ich liege auf dem Rücken und schaue im Halbdunkel an die Decke.

Zuerst gleich das Schulkind wecken, Brot schmieren, durch wirres Kopfhaar streicheln, hundertmal “jetzt iss endlich…leg das Buch weg und zieh dich an” sagen, eine Brotdose mit einer ausgewogenen Mischung aus Vitaminen, Kohlehydraten und Eiweiß packen und schon ist es vor der Tür. Vorher habe ich das Buch gesucht, dass er zurück in die Schulbücherei bringen soll, seit drei Wochen schon. Wir sollen es ersetzen, aber ich hab es neulich irgendwo liegen sehen. Um 7.35 Uhr geb ich die Suche auf und schreibe ‘Buch kaufen und in die Bücherei bringen’ auf meine To Do Liste. In das Übergabeheft der Ganztagsbetreuung schreibe ich, dass mein Kind mit seinem Freund und dessen Mutter nachmittags in den Park geht. “Deinen Turnbeutel einpacken, Schatz” und schon schließt sich die Tür hinter ihm.

Das Kindergartenkind sitzt verschlafen am Küchentisch, es möchte doch jetzt lieber Erdnussbutter als Marmelade auf sein Brot und ich überlege, ob es sich lohnt, eine Diskussion anzufangen, dass Brote, die einmal gewünscht und geschmmiert wurden bitte auch gegessen werden müssen. Mir fällt ein, dass heut Spielzeugtag im Kindergarten ist und so lenk ich ihn ab – welches Spielzeug solls denn heute sein? Zähne putzen, anziehen, Fahrradhelm einpacken, eine weitere Brotdose, das Spielzeug, los.

Nach dem Kindergarten schnell einkaufen. Meist mache ich mir Sonntags eine Liste, einen Menüplan. Natürlich liegt die Liste zu Hause, aber montags ist einfach, montags ist Nudeltag. Weils Montag in der Kita immer nur Suppe gibt und das Kind abends sehr ungehalten wird, wenn ich Experimente beim Essen wage.

Um kurz nach neun sitze ich am Schreibtisch, eine weitere Liste wartet: Emails beantworten, Texte schreiben, Recherchieren, noch mehr Texte schreiben, Meeting, wieder Texte schreiben. Ich höre mit der Arbeit nicht auf, wenn sie fertig ist, sondern wenn ich die Kinder abholen muss. Der Rest muss warten.

Ich packe ein paar essbare Kleinigkeiten ein, fülle eine Trinkflasche, sammel beide Kinder ein und gehe auf den Spielplatz. Oh, eigentlich wollte ich vormittags doch endlich die Reisekostenabrechnung erledigen, verjährt sowas eigentlich? Das Finanzamt hätte endlich gern meine Steuererklärung aber ich wusste ja auch nicht, dass man für die Online-Eingabe erst auf den postalischen Pin warten muss. Wann soll ich die EÜR überhaupt erledigen? Bekomme doch eh nix wieder fürs letzte Jahr. Orrr. Die Kinder müssen wieder zum Zahnarzt und ich brauche wieder Salbe für meine Haut, da soll ich auch immer in die Sprechstunde kommen. Zum Friseur müsste ich mal dringend und wann war ich eigentlich das letzte mal beim Sport? Wieso haben wir eigentlich schon wieder September und wo ist die Zeit hin?

Wer kümmert sich um die Katze wenn wir in den Herbstferien weg fahren, und wer kann abends auf die Kinder aufpassen wenn ich dieses berufliche Meeting am Abend habe?

Nächste Woche ist das Kindergartenkind auf einen Kindergeburtstag eingeladen und wir brauchen noch ein Geschenk. Der Herbst kommt und beide Kinder brauchen wetterfeste Kleidung. Passt dem Kleinen das Zeug vom Großen? Was braucht der Große neu?

Mist, jetzt hab ich vergessen, diese eine Mail – für den Job – abzuschicken, das wollte ich doch endlich von der Liste streichen…

Als ich die Unterlagen für die Steuererklärungen raussuche, überlege ich, wo ich die Briefmarken hingetan habe, die ich gestern gekauft habe. Habe ich sie vielleicht in der Post vergessen? Ich kann mich daran erinnern, die Quittung eingepackt zu haben, aber nicht die Briefmarken (P.S. Ich finde sie einige Tage später im Altpapier…). Dafür habe ich das Backpulver wieder gefunden, was ich neulich suchte. Es lag nicht bei den Backzutaten, sondern beim Müsli. Wo hatte ich da nur meinen Kopf?

Der Wecker klingelt, es ist 6:30 Uhr. Der Tag beginnt.

 

Langweilt ihr euch? Oder kommt euch das vertraut vor? Egal, was ich von der Liste streiche, es kommen direkt zwei neue Sachen dazu. Die Listen helfen nicht, denn es steht einfach zu viel drauf. Zu viel. Das hat nichts mit Vergessen zu tun, oder Zeitmanagement. Es steht einfach zu viel drauf, zu viel für zu wenig Zeit und zu wenig Menschen.

Mental Load. Für mindestens drei Personen. Wenn der Mann zu Hause ist macht es das minimal besser, man kann sich zwar mehr Aufgaben teilen, muss aber organisieren wer was wann macht. Und das ist oft eine weitere Aufgabe auf der To Do Liste.

Ich habe lange auf diesem Text rumgekaut und er fasst doch nicht in Worte, wie sich das anfühlt. Neulich ging noch mal dieser grandiose Comic viral, auf dem meine älteren Blogbeiträge beruhen. Und ja, auch ich übernehme hier einen Großteil des ‘Mental Load’, aber bei weitem nicht so extrem, wie im Comic dargestellt, auch wenn ich an mancher Stelle nicke. Hier gibt es immer wieder Phasen, in denen der Mann längere Zeit weg ist – und wenn er wieder zu Hause ist, folgt eine Art “Einarbeitungsphase”. Sonntags abends komme ich mit dem Plan für die nächste Woche, wir besprechen was ansteht. Keinen Mental Load haben hieße, jemand sagt MIR was ich tun soll. Und wann. Und wie.

Mareice Kaiser hat viele Ideen gesammelt, die an strukturellen Punkten ansetzen.

Vielleicht braucht es aber auch mehr Sichtbarkeit, dessen, was Eltern neben Lohnarbeit und der reinen “Beaufsichtigung” der Kinder leisten müssen. Für mich ist es keineswegs erstrebenswert, dass beide Eltern 40 Stunden/Woche arbeiten (müssen).

Falls ihr Lust habt, nehmt an dieser “Blogparade” teil oder schreibt eure To Do Liste hier in die Kommentare – ach übrigens: die Hälfte dessen, was ich eigentlich tun wollte/sollte, habe ich vergessen hier aufzuschreiben, weil ich ja in Gedanken schon dabei war, mich für den Elternabend im Ganztag schriftlich zu entschuldigen. Muss wohl doch mehr an der Organisation arbeiten!

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brause*mag: Das Online Magazin für Mädchen und alle anderen Teens

Es ist aufregend, unheimlich, berauschend und beängstigend wenn Herzensprojekte konkrete Formen annehmen. Ich hab im Laufe des letzten Jahres ja öfter angedeutet, dass ich da mit wunderbaren Personen an was Tollem arbeite und viel Herzblut investiere. Nun nimmt alles Gestalt an, die letzten Wochen war ich weniger hier auf diesem Blog und dafür bei dem, was im November online geht:

Mit brause*mag startet am 6. November ein neues Online-Magazin für Mädchen & alle anderen Teens  – mit dem Ziel anders zu sein, den User*innen etwas zuzutrauen, sie zu stärken und ihnen Orte für ihre Fragen, Interessen und Spaß zu schaffen. brause*mag soll vielfältig und bunt sein, wie Teenager eben auch: die immer selben Diät-Tipps und Hinweise, wie besonders Mädchen zu sein haben, um “anzukommen” sind nicht nur langweilig, sie hindern daran sich ehrlich mit wichtigen Themen und sich selbst auseinanderzusetzen.

brausemag - das Mädchenmagazin im Internet

brause*mag, das Onlinemagazin für Mädchen und alle Teens

brause*mag unterstützt Teens in ihrem Selbstbewusstsein, indem es auch Themen abseits des Mainstreams bespricht und Jugendliche abseits der Norm mitdenkt.
Eine feministische, antirassistische, inklusive Grundhaltung ist dabei immer wichtig, ohne dass ständig darauf hingewiesen werden muss: Die Themensetzung und Herangehensweise an die Themen sprechen für sich.
Jugendliche* werden auf Augenhöhe zum Mitmachen ermuntert, weit über Umfragetools hinaus – Gastredakteur*innen und Autori*nnen bereichern das Magazin durch persönliche Perspektiven und Themen, die ihnen am Herzen liegen, denn es gilt selbstredend auch hier: Das Private ist politisch.

Teenager gelten oft als Unruhestifter*innen und störend, obwohl sie einen wichtigen Teil der Gesellschaft ausmachen. Gerade Mädchen werden oft nur sehr eingeschränkte Interessen und Verhaltensweisen zugestanden. Wir nehmen ihre Anliegen, Ängste und Sorgen ernst und bieten einen Raum, den sie aktiv mitgestalten können.
Deshalb sind wir davon überzeugt, dass brause*mag genau das Magazin ist, das in der deutschsprachigen Medienlandschaft noch fehlt.

Unser Kernteam mit Sitz in Köln und Berlin besteht aus Kristin Lein, Melanie Trommer und Sarah Rudolph und wird ergänzt durch ein vielfältiges Team an Autor*innen und Impulsgeber*innen wie z.B. Ninia LaGrande.

Melanie ist nach einem Studium der Sozialpädagogik und der Gender Studies ins Internet gegangen und dort geblieben. Bloggt seit 2010 als gluecklichscheitern über Familie, Feminismus und Fernweh. Mag wechselnde Sportarten und gleichbleibend warmes Wetter

Kristin ist die coole Mom, auch wenn ihre Tochter das nur inoffiziell zugibt. Musik war ihre erste Liebe und auch mal ihr Job. Im Moment verkauft sie T-Shirts und studiert Kulturwissenschaft in Berlin. Sie schimpft in ihrem Blog und auf Twitter gerne über Familien- und Schulpolitik und fehlende Solidarität für Kinder.

Sarah ist Online-Redakteur*in, liebt Katzen, Aktivismus, digitale Medien und wie das alles eigentlich zusammenhängt. Am liebsten sitzt sie zwischen den Stühlen und hört da zu laute Musik, redet über Videospiele oder liest heimlich Twitter.

In den sozialen Netzwerken findet ihr uns auf facebook, twitter und instagram. Wir freuen uns auf viele Follower!!!

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Familienmanagement

Vor ein paar Tagen sah ich diesen sehr treffenden Comic, in dem es darum geht, was es heißt, sich „alleine“ um alles zu kümmern – trotz Beziehung:

What our partners are really saying, when they ask us to tell them what needs to be done, is that they refuse to take on their share of mental load“

Jedes Mal, wenn ich wieder irgendwo „Maternal Gatekeeping“ höre, werde ich jetzt den Link zu diesem Comic verschicken.

Er macht sehr gut deutlich, dass es beim „mental load“ um weit mehr geht, als Windeln zu wechseln oder die Spülmaschine auszuräumen oder das Kind in den Kindergarten zu bringen.

Es meint daran zu DENKEN, dass die Windeln bald leer sind und für den Kindergarten auch neue mitgebracht werden müssen. Es meint, daran zu denken, dass man neue Spülmaschinentabs braucht und das Kind am nächsten Tag eine halbe Stunde früher im Kindergarten sein sollte als sonst, weil der Verkehrspolizist kommt. Es meint den nächsten Kinderarzttermin auf dem Schirm zu haben, das Geschenk für den Kindergeburtstag und die Nummer der Mama vom Kindergartenfreund, mit der sich das Kind nächste Woche treffen möchte. An den Elternabend zu denken und daran eine Babysitterin für die Einladung am Wochenende zu organisieren.

Kalender

Familienmanagement – ein kleiner Auszug aus unserem Papierkalender. Der ergänzt wird vom GoogleKalender und von Wunderlist

Mental load meint nicht nur, die Wäsche zu waschen und aufzuhängen und einzuräumen. Sondern auch die Kleidergrößen der Kinder im Blick zu haben und neue Anziehsachen zu organisieren sowie die Sachen die zu klein geworden sind einzupacken, zu verkaufen oder zu verschenken.

Was ich sagen will: Während mir auf twitter ein „aktiver Vater“ erklärt, dass er die im Comic dargestellten Rollenbilder total übertrieben findet, er selber natürlich nicht so ein Exemplar ist und auch kein solches kennt und das voll unfair findet wo er grad zwischen Wäsche und Windeln hin und her läuft…da finde ich: Ja, vielleicht ist es übertrieben dargestellt. Aber auch ich habe auf Kindergeburtstagen Väter erlebt, die über irgendwas fachsimpeln, während die anwesenden Mütter Getränke einschütten und aufwischen, Nasen putzen und mit den Kindern aufs Klo gehen.

„Man muss halt Bedürfnisse kommunizieren“ hallt es mir dann auf twitter entgegen. Ja, bin ich großer Fan von. ABER: Wer muss kommunizieren? Di_er mit dem Problembewusstsein oder? In dem Comic hat der Vater kein Problem. Und wenn die Mutter dann äußert, dass da was schief läuft, bekommt sie zu hören „Du musst ja nur was sagen“. Genau DAS ist ja das Problem. Das da Jemand keine Notwendigkeit hat, kein Problembewusstsein. Läuft ja alles.

Vergleichen kann man das ganz gut mit der beruflichen Situation, die bestimmt fast jede_r kennt: Die eine Kollegin/der eine Kollege, der die Arbeit einfach nicht „sieht“. Die naheliegendsten Aufgaben, die einfachsten Sachen. Der nicht ans Telefon geht, wenn es klingelt, Infos nicht weitergibt oder im Meeting nicht nachfragt, wenn er was nicht versteht und dann das ganze Projekt verbaselt. Und dann sagt „Hat mir ja keiner gesagt…“.

Ja, der Comic ist verallgemeinernd. Nein, nicht alle Männer sind so. Schon gar nicht von „Natur“ aus.

Familienmanagement like a pro

Dann mal Tacheles, wie das hier läuft: In Sachen Haushalt habe ich keinen Partner der „mithilft“. Ich habe einen, der seinen Teil vom Ganzen macht. Da muss ich nicht auffordern oder ansagen. Wenn er da ist, übernimmt er auch Kinderarzttermine oder das Frühlingsfest. Wenn ich weg fahre koche ich nicht vor oder kaufe ein oder, oder, oder.

Ja, das knirscht manchmal im Getriebe. Denn: Logistisch wäre es oft einfacher, ich übernähme ALLES was an Familienmanagement anfällt. Der Mann ist halt beruflich auch viel abwesend. Aber: Mir ist wichtig, dass er mitDENKT und wenn sich das nur darin äußert, dass er nachfragt: Was kaufen wir Kind1 zum Geburtstag? Soll ich nach der Arbeit noch einkaufen? Was brauchen wir noch für den Urlaub?

Alleine das entlastet schon. Nicht allein verantwortlich zu sein.

Für das Management helfen uns: Der Familienplaner, der neben der Eingangstür hängt. So guckt man beim Rausgehen immer mal wieder drauf. Dann haben wir digitale Kalender. Einen für seine Termine, einen für meine und einen für die Kinder.

Und seit einigen Wochen probieren wir noch die Wunderlist-App. Für Einkaufsliste, To Do Liste (eine allgemein, eine für den Urlaub, eine für das nächste Event (Kindergeburtstag, Einschulung…).

Es klappt, mal mehr mal weniger. Auch wenn einige Aufgaben irgendwie schon organisatorisch an mir hängen bleiben, sich meine Arbeitszeit immer nach den Kinderbetreuungszeiten und den Arbeitszeiten des Mannes richten – Familienmanagement ist Teamwork.

Zum Weiterlesen: Mental Overload und Mental Re/Load

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Kurz und knapp: Feminismus. Mutterschaft. Yeah

Hach, es gibt Zeiten, da sehe ich die „Früchte“ meiner Arbeit. Da freue ich mich, dass ich nach all den Jahren das Schreiben über feministische Mutterschaft nicht aufgegeben habe. Weil es nicht so viele Klicks bringt, für viele Diskussionen sorgt und man sich nicht immer Freund_innen macht. Weil das, was man schreibt per se als Affront gegen diejenigen aufgefasst wird, die ein klassisches Familienleben leben. As if!

Ich denke, dass gerne Missverständnisse über Feminismus aufrecht erhalten werden, damit man sich nicht auf die inhaltliche Ebene begeben muss. Weil es hart ist zu sehen, dass sich gesellschaftliche Strukturen auch im eigenen Familienleben finden lassen. Weil es weh tut zu sehen, dass die eigenen Erwartungen an Familie und Unabhängigkeit nicht erfüllt werden und man keine Energie mehr hat, dem eigenen Partner die vermeintlich gemeinsam getroffenen Entscheidungen vorzuwerfen…

Aber ich schweife wieder ab. Eigentlich wollte ich nur kurz auf zwei Texte hinweisen.

Ich habe für das gleichstellungspolitische Magazin „news. Gender, Politik, Universität“ über Feminismus und Mutterschaft im Netz geschrieben. Weil es quasi kein 100prozentig subjektiver Text ist, sondern ein Metatext hab ich diesen nicht hier auf meinem Blog veröffentlicht, sondern auf meiner Referentinnen-Seite. Hier nur mein Fazit:

Mütter erschreiben sich einen Raum, finden Gehör in Politik und Wirtschaft und die ein oder andere betreibt mit ihrem Mamablog ein Business. Diese durch Blogs und soziale Medien ermöglichten Chancen verhelfen feministischen Ideen und Thematiken zu mehr Reichweite. Auch wenn sich weiterhin darum gestritten wird, ob Kinder möglichst lange zu Hause betreut werden sollten oder auch schon Kleinkindern eine außerhäusige Betreuung mit gut ausgebildeten und einfühlsamen Erzieherinnen zuzumuten ist: 

Einig ist man sich prinzipiell darin, dass Mütter die Wahl haben sollten sich für ihren Weg entscheiden zu können. Wenn das mal nicht feministisch ist.

Und in der Süddeutschen Zeitung ist ein Beitrag über die Wellenmacherin Christine Finke, alias „Mama arbeitet“ erschienen. In einer kleinen Infobox wird auf weitere Elternblogs aufmerksam gemacht und mein feiner kleiner Blog findet dort Erwähnung (zum ganzen Artikel geht es hier):

glücklich scheitern in der Süddeutschen

In so illustrer Runde fühle ich mich sehr wohl! Alles tolle Blogs.

Falls ihr also über einen dieser Links, bzw. Quellen hierher gekommen seid:

Lest gern weiter und verweilt! Ohne meine Leser_innen und ganz besonders ohne die Kommentare hier und der Austausch in den sozialen Netzwerk wäre die Bloggerei ziemlich fad. Wenn euch feministische Themen interessieren – in der Seitenleiste (oder in der mobilen Ansicht am Ende) findet ihr die Kategorien „Feminismus“ oder die „Interviewreihe Feminismus & Mutterschaft„.

Oder ihr lest nach, wie mein Kind ein Junge wurde. Wie ich als Feministin meine Söhne erziehe. Oder warum ich nicht glaube, dass der Feminismus Schuld ist, wenn Hausfrauen gedisst werden. Und falls ihr dann noch Lust habt, könnt ihr einen persönlichen Blick in unsere 50/50 Variante gleichberechtigter Elternschaft nachlesen.

Und wenn ihr dann bleibt, dann könnt ihr auch was über Familienalltag oder vegane Rezepte sowie Urlaubsberichte hier lesen. Ich freue mich, wenn ihr bleiben mögt!

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Tag der Care-Arbeit?

Wie, Wochenende schon wieder rum? Ach, morgen ist ja noch ein Feiertag, deswegen. Tag der Arbeit. Tag der Lohnarbeit um es genau zu sagen. Denn alles andere ist keine Arbeit (falls ihr den Artikel liest, gern auch mal die Kommentare. Süß, wie dort Kinderlose meinen, sie machen ja auch Hausarbeit und wo da der Unterschied sei…), jedenfalls keine, die den Namen verdient.

Also gehen Morgen, am Tag der Arbeit wieder viele viele Angestellte und Arbeiter_innen auf die Straße. Werden ja auch immer weniger, Leute die so richtig arbeiten. Unbefristet und Vollzeit.

Ich persönlich hatte noch nie einen unbefristeten Arbeitsvertrag und Vollzeit habe ich insgesamt ein Jahr gearbeitet. Und trotzdem – Langeweile habe ich dieser Tage noch weniger als damals, kinderlos und Vollzeit arbeitend.

Ich bin es auch müde und leid, ständig darauf hinzuweisen, was an dem, was ich so tagtäglich mache eigentlich Arbeit ist. Und warum das nicht weniger Arbeit ist, nur weil ich meine Kinder liebe. Denn ja, echt, das tue ich. Bis zum Mond und zurück oder was einem da so für Wortschöpfungen für begegnen.

Tag der Arbeit…Wenn Muddi (ich) mal nicht arbeitet, sitzt sie mit den Kindern im Park. Sieht ziemlich entspannt aus, aber ich hab leichte Nackenverspannungen, weil ich von meinem Platz im Schatten ständig nach den Kindern Ausschau hielt, Essen reichte, Wunden pustete, Streit schlichtete…Wo ist der Tag der Carearbeit?

Ich habe die letzten sechs Tage ununterbrochen Kinder bekuschelt, getröstet und bespaßt und nebenbei…ach ich fange ja doch wieder damit an. Wollte ich gar nicht.

Eigentlich wollte ich was total Schlaues darüber schreiben, warum Care-Arbeit, also Sorgearbeit für andere, kleinere und schwache, gebrechliche Menschen immer noch unterschätzt wird und finanziell nicht angemessen entlohnt.

Ich bereite mich mit Minimalismus, ZeroWaste Living und Tiny Houses schon mal darauf vor, von meiner viel zu kleinen Rente später in einem umgebauten Wohnwagen zu wohnen (vorausgesetzt ich werde nicht pflegebedürftig), dann war mein Boho-Loha-Lifestyle – dem nicht selten auch junge Eltern fröhnen – doch sehr vorausschauend.

Was Schlaueres, so was mit scharfer Zunge und Pointe und einem „Hört, hört!“ bei der Leser_in entlockend – das wird heut nix. Für mich war nämlich die letzten Tage jeder „Tag der Care-Arbeit“ und da bleibt die Hirnarbeit leider auf der Strecke.

 

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Feminismus zum Lachen? Jacky Flemings „Das Problem mit den Frauen“ (Verlosung)

Feministinnen sind ja bekanntermaßen bierernst. Frau hat ja auch nichts zu lachen in dieser MANS WORLD. Darum verstecken sich Feministinnen in lila Latzhosen und unter Achselhaar und gehen zum Lachen höchstens in den Keller.

Oder?

Eigentlich lache ich selten so viel, als wenn ich mit anderen Feministinnen zusammen bin (damit mein ich auch die, die sich vielleicht selber nicht so nennen würden, aber es doch ganz bestimmt sind). Das fing im Studium der Gender Studies an, zog sich durch den feministischen Stammtisch, den ich hier in Köln organisierte (den es nicht mehr gibt, aber die coolen Frauen darin, die sind geblieben). Und jetzt sind es die Texte und der Austausch mit anderen – feministischen – Bloggerinnen, twitterinnen etc. Lachen können wir gemeinsam, viel. Humor als Waffe, Verbindungskitt und Selfcare. Wir lachen über Breitmachmacker oder Martenstein, über uns…also ja: Auch Feministinnen ist Lachen erlaubt!

Wie komm ich eigentlich zu dieser langen Einleitung? Ach ja: Ich bekam dieses Buch vom Kiwi-Verlag zugeschickt: Jacky Fleming – Das Problem mit den Frauen.

Das ich hier und da – auch ungefragt – Bücher zugeschickt bekomme mit der Bitte um eine Erwähnung auf meinem Blog ist nichts Neues. Das ich aber eins bekomme, das so witzig ist und das ich am Liebsten direkt allen Freund_innen verschenken würde ist schon die Ausnahme.

„Das Problem mit den Frauen“ ist quasi ein Comic über die Geschichte der Frauen. Verbunden mit dem Witz, den die Tatsache mit sich bringt, dass Frauen „das bestuntersuchte Wesen“ (war das de Beauvoir die das sagte?) sind. Aber eben von Männern untersucht wurden.

Es gibt Bücher, für die ist „gute Klolektüre“ echt ein Kompliment und dieses ist so eins davon – auch wenn es auf dem Nachttisch und nicht neben dem Klo liegt. Man kann es auch ganz unauffällig auf anderer Leute Toiletten liegen lassen, Guerilla-Feminismus quasi. Aber jetzt lasse ich ein paar der Bilder einfach selber sprechen – dann könnt ihr entscheiden, ob ihr eins von drei Exemplaren gewinnen wollt:

Klingt witzig? Ist witzig! Wenn ihr euch mit dem Rest des Buches amüsieren wollt, könnt ihr ganz einfach in den Lostopf hüpfen – erst wollte ich ja so ne kluge Frage stellen wie „welche Frau der Geschichte inspiriert euch“ oder „worüber kannst Du als Feministin lachen“ aber eigentlich soll jede mitmachen, die das Buch lesen und/oder verschenken will. Also kommentiert Freestyle hier unterm Artikel (vielleicht ja auch warum ihr mal wieder was zu Lachen bräuchtet), geduldet euch bis Freitag, 23:59 (der 17. März) und wartet ob ihr unter den Gewinner_innen seid!

Da ich die Verlosungsexemplare netterweise selber verschicken darf müssen Teilnehmerinnen aus dem Ausland mir das Porto bitte per Paypal oder Überweisung zu Gute kommen lassen, ein Honorar gabs nämlich auch nicht und ich verlose das nur, weil ichs wirklich witzig finde… auch wenn ich auf den Versandkosten sitzen bleibe.

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Feministin und Jungs-Mama – was heißt das?

Als ich das erste Mal schwanger war, ging ich davon aus, dass es ein Mädchen wird. Warum genau kann ich gar nicht sagen. Irgendwie passte ein Mädchen besser zu mir. Und als Feministin hatte ich sehr konkrete Vorstellungen davon, wie ich diese Tochter dann erziehen würde.

Ja nun, ich bekam dann einen Jungen. Vorweg: Ich war kein bisschen enttäuscht. In dem Moment, als ich erfuhr, dass ich einen Sohn bekomme war es perfekt wie es war. Aber dennoch tauchten bei mir Fragen auf:

Was mache ich als Feministin nun mit einem Sohn (inzwischen zwei Söhnen)? Erziehe ich sie anders als Mädchen? Erziehe ich sie – in Zeiten von „unerzogen“-  überhaupt? Was sind meine Wünsche und Sorgen für sie und welche Werte will ich ihnen vermitteln?

Zumal aktuell die Debatte ja auch kippt: Manchmal scheint es in den Feuilletons eher der „männliche Nachwuchs“ zu sein, der von der Wettbewerbsgesellschaft vernachlässigt wird. Jungs, die Bildungsverlierer. Jungs, die ja „nur“ von Frauen betreut werden (in Betreuungseinrichtungen) und dadurch nicht lernen, was eine männliche Identität sei (aber keiner fragt danach, wo die Väter, Erzieher und Lehrer sind, die ihnen eine Identität welcher Art auch immer vorleben).

Ich wartete erst mal ab. Wie sich mein Sohn so entwickelte. Denn vielleicht würde sich ja vieles von selber ergeben.

Was ich recht schnell merkte: Ein Kind „geschlechtsneutral“ zu erziehen ist unmöglich, wenn man nicht alleine mit ihm im Wald lebt oder es von anderen Betreuungspersonen fern hält. Denn schon während der Schwangerschaft wird – sofern man das Geschlecht bekannt gibt – in rosa und blau getrennt: Ob bei der Zusammenstellung der Erstausstattung, der Dankeskarten für die Geschenke zur Geburt, bei der Bewertung der Kindsbewegungen („Ballerina“, „Fußballer“…) – nichts bleibt in der Hinsicht unkommentiert.

Ich merkte, wie schwer es war (und ist) Freund*innen und Familie dazu zu bewegen, meinem Sohn etwas zu schenken, das nicht den Genderstereotypen entspricht. Als er grade das Laufen lernte, schnappte er sich auf den Spielplätzen immer die Puppenbuggys anderer Kinder und schob sie durch die Gegend. Praktischerweise hatte er bald darauf Geburtstag. Ich versuchte alle, die was Schenken wollte zu überreden, aber den Puppenwagen bekam er nicht.

Als er öfter in Kontakt mit anderen Kindern kam – bei der Tagesmutter, Krabbelgruppe oder später eben im Kindergarten – spielte er gerne mit den Mädchen. Und dementsprechend fand er rosa toll, die Eiskönigin und Einhörner. Das änderte sich nach dem Drama um seine rosa Brotdose.

Im Kindergarten machten ihm die anderen Kids klar, was Jungen- und was Mädchensachen war. Dass ich ihm immer wieder erklärte, dass es kein „Jungs- oder Mädchenspielzeug“ gibt nahm er nicht so ernst wie die Worte seiner Kindergartenfreund*innen.

Gut, das alles kennt jede_r, di_er mit Kindern zu tun hat vermutlich. Gibt es aber neben all dem trotzdem ein paar Punkte, die mir als Jungsmutter wichtig sind? Und die ich vielleicht anders mache, anders werte als wenn ich Mädchen*  hätte (wohl wissend, dass auch die Einteilung in Töchter und Söhne schon gewisse Vorannahmen und Wertungen einschließt)? Oder die ich anders mache als andere Jungsmamas?

Ein Beispiel: Kind1 war drei, als wir mit seiner besten Freundin nach Hause gingen. Die beiden stritten sich, er war die treibende Kraft. Ich vermittelte, Kind1 entschuldigte sich. Danach wollte er sie wieder an die Hand nehmen, aber sie weigerte sich. Er sagte zu mir: „Sie soll jetzt wieder meine Hand nehmen, ich hab mich entschuldigt!“ – ich vermute, viele Eltern hätten danach auf das Mädchen eingeredet, sich doch wieder zu vertragen und nicht so beleidigt zu sein. Ich hab versucht ihm zu erklären, dass sie gar nichts müsse und vielleicht noch traurig und enttäuscht ist und selber entscheiden darf, wann sie wieder seine Hand halten will.

Kurz gesagt:

– vielleicht lege ich den Fokus mehr darauf, dass sie lernen Rücksicht zu nehmen.

– vielleicht bedeutet es mir mehr, ihnen zu zeigen, wo meine Grenzen sind. Als Mensch aber auch als Mutter.

– vielleicht lege ich mehr Wert darauf, ihnen zu vermitteln, was Verantwortung heißt. Für das Wohlbefinden ihrer Mitmenschen.

– vielleicht ist es mir wichtig, auch ihre „jungsuntypischen“ Seiten zu fördern. Ich habe zwei sehr sensible Kinder. Beim Großen (5 Jahre) sehe ich jetzt schon, wie ihm das unter anderen Jungs ausgetrieben wird, während er das mit anderen Mädchen, mit denen er spielt, voll ausleben darf.

Warum so viele vielleichts? Nun, ich habe das Gefühl, dass mein Einfluss begrenzt ist. Und ich hab auch keine Vergleichsmöglichkeiten: Würde ich bei Mädchen weniger Wert auf Rücksichtnahme legen?

Mein bester Freund half mir da ein bisschen. Er hat auch zwei Söhne und erzählte mir einmal, auf dem Spielplätz hätte er eine mit Edding oder Spraydosen geschriebene Botschaft in einem Spielhäuschen gelesen. Eine Vergewaltigungsdrohung. Er sagte in etwa, er wüsste nicht was er tun sollte, wenn seine Kinder so etwas schrieben. Das zu verhindern sei ihm sehr wichtig.

Ja, als feministische Jungsmama hat man irgendwie eine Verantwortung. Aber man will in den eigenen Kindern ja auch nicht gleich das heranwachsende Böse sehen. Ich nehme also meine Kinder wie sie sind und hoffe, dass sie zu feinfühligen und verantwortungsbewussten Menschen, Männern werden. Darüber hinaus habe ich keine konkreten Wünsche. Egal ob Mädchen oder Jungen – sie sollen sein dürfen, wer sie sind. So individuell wie sie sind. Idealerweise in einer Gesellschaft die sie nicht in Schubladen steckt, sondern mehrere zur Auswahl bietet.

 

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Dieser Post erschien auch im wunderbaren Blogazine umstandslos

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Das 50/50 Prinzip im Hause glücklich scheitern

Der Mann und ich wollten uns Lohn- und Elternarbeit etwa nach dem 50/50 Prinzip aufteilen. Hätte das von Anfang an geklappt, hätte ich vielleicht auch ein Buch drüber geschrieben. Aus verschiedenen Gründen klappte das nicht so, wie ursprünglich geplant:

Bevor wir Kinder hatten, war der Mann angestellt, was für seinen Arbeitsbereich eher ungewöhnlich war. Der Anteil von Freiberuflern und Selbstständigen ist in seiner Branche sehr hoch. Und die Branche ist sehr männlich dominiert (männlich? von Männern?)

Ich stand am Anfang einer glorreichen Karriere als Wissenschaftlerin. Also dachte ich. Halbe Stelle an der Uni, befristet. Doktorarbeit im Kopf halb fertig. Ich hätte natürlich mit dem Kinderkriegen warten können, bis die Doktorarbeit fertig ist. Wollte ich aber nicht. Bauchmensch halt, was jetzt erst mal nicht nach glorreicher Wissenschaftlerin klingt. Aber auch wenn ich die Doktorarbeit fertig gehabt hätte: An der Uni ist man ja erst „fertig“, wenn man eine Professur hat, und das kann auch mal gut erst mit Mitte 40 sein. So was wie einen guten Zeitpunkt fürs Kinder kriegen hat es da also nicht gegeben. Dann doch lieber früher, bevor ich mit Ende 30 feststelle, dass das mit dem Schwanger werden doch nicht so schnell geht wie gedacht.

Kaffeetassen

In beiden Tassen ist gleich viel Kaffee drin. In seiner ist noch ein Löffel Zucker, in meiner Sojamilch. Beides gleichwertig, wenn auch nicht gleich?

Das 50/50 Prinzip in Theorie und Praxis

Aber ich schweife ab: Ich dachte auch mit Kind(ern) können der Mann und ich gleichberechtigt unsere Karriere verfolgen. Er war dazu bereit Familienarbeit zu übernehmen, ich liebte meine Arbeit sowieso.

Nun ja, eine Schwangerschaft, Geburt und sechs Monate Elternzeit später war mir klar: Was auch immer der Mann und ich vorhatten war ohne die Arbeitswelt geplant worden. Ok, ich hatte vielleicht Pech.

Und ausschließlich befristete Verträge. Maximal 18 Monate und das war schon die seltene Ausnahme.

Der Mann machte sich einige Zeit später selbstständig. Seine Auftragslage ist gut, er ist immer mal wieder ein paar Tage am Stück unterwegs.

Als Kind1 noch Einzelkind war ging das irgendwie, ich arbeitete – bei sehr kurzen Verträgen – mal 20, mal 30, mal 40 Stunden.

Mit zwei Kindern, beide keine Eckenhocker, ist das etwas komplizierter und aufwendiger, zumal ja auch die Tagesmutter im Februar gekündigt hat. Wenn der Mann jetzt beruflich für mehrere Tage unterwegs ist, heißt das:

In der Zeit mach ich  – seit ich Januar im neuen Job begonnen habe – eben alles: Morgens mich und die Kinder fertig und zur Betreuung bringen. Zur Arbeit fahren, oft auch radeln wenn der Mann das Auto hat. Das bedeutet eine Stunde Fahrtzeit pro Stecke, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln würde es genau so lang dauern. Sechs Stunden arbeiten, Feierabend, Kinder abholen, einkaufen etc. Muss ich Euch ja nicht erzählen. Ja, es gibt auch die Tage, an denen der Mann das alles macht, also außer meine Lohnarbeit. Da kann ich durchatmen. Aber nichtsdestotrotz bleibt in seiner Abwesenheit all das an mir hängen.

Wollte ich da Vollzeit arbeiten? Oder mich – für eine wissenschaftliche Karriere nicht unüblich – deutschlandweit, europaweit, weltweit bewerben? Wo würden die Kinder bleiben?

Es gab auch die Phase, in der ich sauer auf den Mann war. Das er einfach so weiter macht wie vor den Kindern. Dass er sich keinen Bürojob sucht, in dem er von 9 bis 5 arbeitet.

Aber dann dachte ich: er macht weiter so, weil er es kann. Weil keiner denkt, dass er alleine für die Kinder zuständig ist. Weil keiner seiner Auftraggeber davon ausgeht, dass Dienstreisen ein Problem sind (sein Job besteht quasi aus Dienstreisen).

Ich dagegen, saß bei einer Personalvermittlung. Bewerbung auf Bürojobs, von Teilzeit im Anschreiben keine Rede. Im Gespräch erwähnte ich dann, dass es nach Möglichkeit eine Stelle in Köln sein sollte, da ich „auch mal“ die Kinder abholen müsste. Das Gegenüber: „Ach so, aber Teilzeit können wir Ihnen nicht anbieten“. Ich bekam von dieser Vermittlung noch zwei Anrufe. Einmal hatten sie eine Stelle für mich, 9 Stunden – die WOCHE! Auf meine Rückmeldung, dass ich ja gar nicht so wenig arbeiten wollte, kam ein paziges „Ich wollte nur entgegenkommend sein“ zurück.

Derweil teilen der Mann und ich uns den Haushalt. Er denkt an Windeln und Klopapier und er kocht lieber als ich. Seit die Tagesmutter gekündigt hat, ist Kind2, wenn er nicht grad arbeitet, den ganzen Tag mit ihm unterwegs. Und seine Aufträge sucht er sich in der Regel danach aus, ob sie allzu lang, allzu weit weg sind. Und lehnt darum auch schon mal ab. Doof nur: hat keine der Stellen interessiert, bei denen ich mich beworben habe. Und wie kriegen Sie die Kinderbetreuung organisiert?

Mein aktueller Job ist in Sachen Vereinbarkeit nicht zu schlagen.

Ich habe jetzt zum Mai von 30 Wochenstunden auf 25 Wochenstunden reduziert. Freitags habe ich dann frei.

Zuerst fühlte es sich wie ein Scheitern an. Denn so werde ich garantiert nicht 50% zum Haushaltseinkommen beitragen. Und das war eigentlich immer mein Minimalziel: 50 Prozent.

Aber da wusste ich noch nicht, dass ich es doppelt so schwer haben würde wie der Mann, nach außen meine „Karrierecredibility“ zu wahren. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen.

Und ich mag grade nicht kämpfen. Der Familienalltag mit zwei kleinen Kindern ist zauberhaft und kräfteraubend gleichzeitig. Und so mag das 50/50-Prinzip vielleicht für bestimmte Paare funktionieren. Für uns funktioniert grade was Anderes.

Und wenn ich sehe, dass Kind2 bald schon seinen zweiten Geburtstag feiert, im August in den Kindergarten kommt und seit zwei Wochen zum Einschlafen nicht mehr auf meinem Bauch liegen will – dann bin ich sicher, dass der Alltag bald weniger kräfteraubend und dafür um so zauberhafter wird. Und dann kann ich ja immer noch schauen, ob mir das mit der Karriere wieder einen Kampf wert ist, oder ich mich an die langen Wochenenden gewöhne…

Und vielleicht heißt bei uns auch 50/50 bei uns, dass wir die Hälfte von Allem nicht gleichzeitig, sondern nacheinander machen.

Wie sieht es bei Euch aus?

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Blame capitalism, not feminism!

In letzter Zeit kriege ich öfter mal Puls, weil mir andere Frauen, meist Mütter, mitteilen, dass sie vom Feminismus enttäuscht sind, oder sie nicht dazu gehören wollen.

Weil irgendwo wieder ein Artikel erschienen ist, in dem eine Top-Managerin mit zwei Kindern sagt, man müsse halt nur wollen und gut organisiert sein. Weil irgendwo eine Feministin in einem Roman die Idee einer künstlichen Gebärmutter aufgreift. Weil die großen Zeitschriften und Talkshows halt gerne „extreme“ Positionen aufgreifen (der Klicks und Zuschauerzahlen wegen. Bei jedem anderen Thema ist eine_r das klar, es sei denn, es geht um Feminismus, da wird alles für bare Münze genommen). Und weil sich Positionen wie meine, die da hieße „macht doch wie ihr wollt, aber kämpft an den Strukturen, die die Wahlfreiheit für Alle verhindern“ irgendwie nicht so knackig, medial verkäuflich sind. Ja, tut mir leid, aber dann seid ihr selber gefragt:

Es gibt viele wunderbare Blogs die sich Mutterschaft auf feministische Weise nähern und meines Wissens nach nicht danach schreien, dass Mütter 40Stunden/Woche arbeiten müssen um echte Feministinnen zu sein. Es gibt das Care-Netzwerk, das

„neue Modelle von Sorge-Beziehungen und eine Care-Ökonomie an(strebt), die nicht Profitmaximierung, sondern die Bedürfnisse der Menschen ins Zentrum stellt, und die Sorgearbeiten und Care-Ressourcen nicht nach rassistischen, geschlechtlichen oder klassenbezogenen Strukturierungen verteilt.“

Lest und teilt die Beiträge die hier, auf umstandslos, bei fuckermothers oder von Barbara und Nicole bei kleinerdrei geschrieben werden. MACHT sie zum Mainstream, wenn ihr nicht wollt, dass die großen Medien immer den Selben Sch***ß berichten. Sonst werden Eure Argumente und Bedürfnisse nämlich von denen vereinnahmt, von denen ihr bestimmt keine Zustimmung wollt: Den Rechten oder Eva Herman. Da wird der Müttermythos neu geschaffen, aber bestimmt nicht in Eurem Sinne. Mit Wahlfreiheit hat das nämlich null und nixig zu tun.

Dann kommen wir vielleicht zu einem mütter- und familienfreundlichen Feminismus, der auch in der Politik Gehör findet und nicht nur denen Vorteile zukommen lässt, die eh schon welche haben. Und dazu, dass Nachteile abgebaut werden, wo sie am Stärksten spürbar sind. Bei den Alleinerziehenden, den Regenbogen- und Patchworkfamilien.

Für mich geht Feminismus nur mit Kapitalismuskritik. Weil kapitalistische Strukturen Niemandem gut tun, der nicht für sich selbst sorgen kann oder für andere Sorge trägt. So was kann man in der Regel nur schon nicht mehr schreiben, weil man dann als naiv und weltfremd gilt. Familien* spüren die Strenge des Kapitalismus ziemlich stark, aber was dagegen tun, wenn die Zeit für Aktivismus nicht für mehr als ein paar Likes und Klicks auf dem Smartphone reicht, weil schon wieder eine Windel darauf wartet, gewechselt zu werden, 12 Ostereier ausgepustet werden sollen und man dann schnell noch die Präsentation für das nächste Meeting vorbereiten muss?

Sich vielleicht nicht über diese Artikel in den Zeitungen aufregen, sondern  – siehe oben – die unterstützen (und wenn nur mit Klicks und Likes) die ein anderes Verständnis von Feminismus und Mutterschaft haben. Das „Der Feminismus“ Schuld sei, wenn Mütter völlig aufgerissen und gestresst zwischen Job und Kindergarten herlaufen ist ein altes Märchen, dass immer wieder gerne neu inszeniert wird – dann ist Feminismus nämlich nicht mehr so gefährlich, weil er sich eine Menge Feind_innen macht (-> Verschwörungstheorien kann ich).

„Dem Feminismus“ die Schuld zu geben ist, als würde man der Physik die Schuld an der Atombombe geben ( -> Vergleiche kann ich auch. Äh ja).

Nur weil man die Norm der Heterokleinfamilie in Frage stellt, heíßt das nicht, dass konkret ihr die Zielscheibe von Feministinnen seid. Kritik an Politik, die ausschließlich einem Familienmodell Rechnung trägt heißt nicht, das Feministinnen keine Vater-Mutter-verheiratet-mit-Kind haben wollen.

Feminismus und Mutterschaft gehen Hand in Hand. Feminismus ist für alle Mütter da (der Kapitalismus aber nicht, nur um das noch mal deutlich zu machen). Aber der Feminismus hat viele Stimmen, manche sind lauter, manche leiser. Es liegt auch an euch, welche gehört werden.

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