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Gleichberechtigte Elternschaft: Was Geld damit zu tun hat

Neulich twitterte ich so raus, dass ich seit einem halben Jahr ein ‚Haushaltsbuch‘ führe:

Selten hab ich so viele Reaktionen auf einen tweet bekommen, wie auf diesen hier. Sehr oft kamen Nachfragen, mit welchem Tool ich das mache oder welche Posten ich im Haushaltsbuch festhalte. Und viele Reaktionen zeigten, dass so was eher unüblich ist, viele sogar keinen oder wenig Überblick über regelmäßige Einnahmen und Ausgaben haben. (Zu unserem Haushaltsbuch folgt noch ein eigener Artikel).

Warum ich das hier zu einem Beitrag über gleichberechtigte Elternschaft schreibe? Weil Geld eine ganze Menge damit zu tun hat.

Die Aufteilung von Elternzeit und späterer Teilzeit-/Vollzeitarbeit wird oft damit begründet, dass eine_r (bei Heteropaaren meist der Mann) mehr verdient als die andere. Wenn tatsächlich die Frau mehr verdient, ist Geld seltener ein Argument, auch wenn sie trotzdem meist länger in Elternzeit bleibt und später in Teilzeit geht. Da wird dann eher vorgeschoben, dass der Mann halt grade einen wichtigen Karriereschritt vor sich hat oder sein Chef ihm eine längere berufliche Unterbrechung übel nimmt (ich könnte jetzt schon so viele Fußnoten einbauen, aber ich möchte auf einen bestimmten Punkt hinaus):

Nehmen wir eben den Fall eines jungen Paares, das Eltern werden möchte und bei dem „er“ mehr verdient als „sie“. Und nehmen an, dass dieses Paar mehr verdient, als mit Mindestlohnjobs oder Hartz IV Satz möglich wäre. Damit mit der Geburt des Kindes die Aufteilung von Lohn- und Carearbeit nicht ‚automatisch‘ nach dem klassischen Modell erfolgt, bei dem ’sie‘ später auf Elternzeit und Teilzeit sitzen bleibt, während ‚er‘ in Vollzeit durchgängig weiter arbeitet, hab ich einen krassen Tipp: Werdet euch klar über euren Finanzbedarf! (Dass man natürlich die Verteilung trotzdem so handhaben kann, weil man es WILL ist selbstredend ok, aber dann soll mans auch so sagen. Aber oft hört man: „Er verdient halt mehr…“)

Erstaunlich viele Paare wissen nicht mal genau, wie viel der andere verdient oder wie viel sie zum Leben monatlich brauchen. Wer kann, kann zum Beispiel vor der Schwangerschaft Geld beiseite legen, für die Elternzeit: Wenn, sagen wir, der Mann 300 Euro im Monat mehr Elterngeld bekäme, kann man vorher schon Rücklagen bilden oder während der Schwangerschaft das Geld zur Seite legen.

Alleine durch das Festhalten unserer Einnahmen und Ausgaben haben sich unsere Finanzen verbessert, sind „Löcher“ aufgefallen und wir halten unser Geld besser zusammen. Viele Paare hätten schon lange vor der Elternzeit die Möglichkeit, Rücklagen für die erste Zeit mit Baby und Kind zu bilden. Wie gesagt, ich rede nicht von Paaren die eh schon im unteren Bereich verdienen oder während Ausbildung/Studium ihre Kinder bekommen.

Wenn ich also mit erhobenem Zeigefinger und mit dem Krückstock fuchtelnd werdenden Eltern was raten dürfte: redet über Geld und wieviel ihr braucht, das ist oft sehr erhellend und hilfreich und verhindert eine spätere Rollenverteilung, die nur ‚aus dem Bauch‘ getroffen wird.

Konkrete Fragen, die ihr euch stellen könntet:

  • wie viele Einnahmen haben wir aktuell
  • wie viel davon geben wir wofür aus
  • wie viel haben wir übrig, wo hätten wir Einsparpotential
  • können wir ein Konto (oder ganz haptisch ein Sparschwein) einrichten, auf das wir Geld für die ersten Monate/Jahre als Eltern legen
  • wie viel Geld weniger hätten wir wenn A in Elternzeit geht, wie viel weniger, wenn B auch 2,4,6 Monate Elternzeit nimmt
  • Wie sieht die Rechnung aus, wenn anschließend Kinderbetreuung vorhanden ist: wäre es finanziell möglich, das beide in Teilzeit (ob je 20, je 30 Stunden, eine_r 20, der andere 30 Stunden) gehen – Teilzeitrechner nutzen und gern auch mal ne Steuerberaterin fragen! Sowohl wenn unverheiratet, aber auch bei Verheiratet, ob dann die aktuellen Steuerklassen Sinn machen etc.
  • (indirekt im Zusammenhang mit Geld, aber wo wir schon mal dabei sind): macht es Sinn, wenn eine_r sich mit Blick auf Familienplanung schon mal einen neuen/anderen Job sucht, so dass zumindest pendeln weg fällt oder Homeoffice möglich ist (und damit mein ich die_den, die mehr arbeiten will/muss).

Für die Transparenz: wir haben uns damals nicht diese Fragen gestellt, waren beim ersten Kind dennoch beide gleich lang in Elternzeit. Für uns spielte das Thema Geld aber da auch nicht so die Rolle, das kam aber beim zweiten Kind…und außerdem: ihr könnt ja auch aus unseren Fehlern lernen ^^.

Und damit möglichst viele aus meinen Fehlern lernen, würde ich mich freuen, wenn ihr den Artikel verbreitet wo es geht!


Weil ich ja phasenweise auf Dinge stoße, die ich spannend finde und dann nahezu alles darüber lese was ich finden kann empfehle ich den durchschnittlich bis gut verdienenden werdenden Eltern hier mal Blogs zu „frugality“ oder „FIRE (financial independence retire early)“ zu googlen. Manches wirkt absurd, anderes kann hilfreich sein. Interessant auch die Stay at home Moms die Artikel über „How we live on one income“ oder so schreiben (ein Einkommen kann ja in eurem Falle auch zwei halbe Einkommen sein ^^). Ich denke schlicht: Je klarer man sich über die Finanzen ist, desto bewusster werden Entscheidungen getroffen (sofern man die Wahlmöglichkeiten hat).

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Links 2_2014

hier mal wieder ein kleines sammelsurium an blogs und texten der letzten zeit:

– warum das blog ‚gemsichtwahnlädchen‚ so lange unbemerkt an mir vorbeigezogen ist versteh ich nicht – leseempfehlung.

– bei aufzehenspitzen was zum thema geburtsschmerz, dessen sinn und unsinn, bzw. die bevormundende rhetorik dazu. großartig.

– meine freundin nadine ist mit ihrem blog ‚fashion, baby!‘ endlich auf facebook angekommen. und schreibt was in sachen „gender marketing

– bei das nuf gibt es was zum thema väter und elternzeit/elterngeld. interessant finde ich auch die inzwischen 90 kommentare unter dem beitrag, in dem viele berichten, wie und warum sich paare für die jeweilige aufteilung von elternzeit und -geld entschieden haben. hier dazu noch mein älterer beitrag zu väterelternzeit

– auch bei den fuckermothers was zum thema paarbeziehungen und geld. 

dr. mutti nimmt herrlich einen beitrag auseinander, den ein kinderloser mann über vereinbarkeit geschrieben hat…fühlt ihr euch auch ganz dekadent?

und noch mal ein versuch, euch meinen aktuellen ohrwurm einzuhauchen:

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Vaterschutz und Elternzeit

Jawoll, ich bin für die ‚Erfindung‘ des Vaterschutzes. Mindestens drei Wochen nach der Geburt des Kindes sollten auch für den Vater drin sein – sofern er sich an der Erziehung beteiligt. (Vater kann auch mit ‚Partnerin‘ ersetzt werden, sollten zwei Frauen zusammen leben und das Kind erziehen.)

Auch für diese Person bleibt die Welt ein paar Tage stehen. Und die Mutter kann Unterstützung gut gebrauchen. Die Familie muss erst mal zu einer solchen werden, eine neue Infrastruktur geschaffen werden, die Arbeitsteilung neu geregelt und gaaanz viel Zeit miteinander verbracht werden. Wie schnöde, wenn der Vater kurz nach der Geburt wieder arbeiten muss, als sei nichts gewesen. Die ein, zwei Tage Sonderurlaub die manche Firmen gewähren sind doch ein Witz.
Viel hab ich im vorhinein über die Elternzeit und wie wir sie aufteilen sinniert. Na ja, über das wie nicht so sehr, sondern warum fifty/fifty nicht Usus ist und die ’neuen Väter‘ schon gelobt werden, wenn sie zwei Monate zu Hause bleiben. Glücklicherweise musste ich mit dem Vater meines Minime nicht darüber diskutieren, dass wir beide ein halbes Jahr Elternzeit nehmen, oder anders: wenn er sich gesträubt hätte, hätten wir kein Kind bekommen. Für mich ist das wichtig, dass Beide eine Weile zu Hause bleiben. Zum einen, damit man sich in die Lage des jeweils anderen versetzen kann. Dass ein ganzer Tag mit Kind zwar beglückend, aber nicht unbedingt intellektuell befriedigend ist. Dass man nach einer Nacht mit wenig Schlaf eben mal das ‚danke‘ und ‚bitte‘ vergisst. Auch die Argumente, die andere Paare dann so einwerfen, wie „er verdient mehr Geld“, „ich kann das besser mit meinem Beruf vereinbaren“ haben für mich einen schalen Beigeschmack: das liebe Geld…natürlich gibt es Paarkonstellationen, in denen es in dem Fall um Existenzielles geht, aber ganz sicher nicht in meinem Bekanntenkreis! Die meisten haben schon ein paar Jahre gearbeitet und evt. etwas Geld beiseite gelegt oder kommen auch mit den 67% des Einkommens einer seite zurecht, müsste man ja auch im Falle von Arbeitslosigkeit. Klar, wer grade noch ein Haus gebaut oder ein neues Auto gekauft hat, muss aufs Konto gucken…und auch die Vereinbarkeit mit dem Beruf ist so ne sache, da fallen mir immer (verbeamtete) LehrerInnen ein: ist ER der Lehrer, bleibt er NICHT zu Hause weil er ja den sicheren und gutbezahlten Job hat. Ist SIE die Lehrerin, bleibt sie zu Hause, weil der Job ja sicher ist und man nach dem Jahr Elternzeit ganz unkompliziert wieder einsteigen kann. Und auch politisch ist es bedeutsam, dass Väter Elternzeit über die zwei Monate hinaus nehmen: DANN KANN SICH NIE WIEDER EIN ARBEITGEBER SAGEN, WENN WIR EINEN MANN EINSTELLEN, SIND WIR AUF DER SICHEREN SEITE!!!

EDIT Mai 2014: neben einem vaterschutz* finde ich auch überlegenswert, einen kündigungsschutz für (werdende) väter einzuführen. nicht für die, die lediglich zum zeugungsakt beitrugen, sondern für diejenigen, die in nennenswertem umfang elternzeit nehmen und/oder teilzeit arbeiten. 

* meine utopie: statt väter darf es – geschlechtsunabhängig – auch eine andere person sein, die aktiv an der sorge und erziehung des kindes beiträgt.

zu diesem beitrag passen auch die blogeinträge elternzeitrhetorik und väter – mütter sind eure beste lobby

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