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Der Mythos (m)einer selbstbestimmten Geburt

ich hab mir schon lange vorgenommen, etwas zum thema selbstbestimmung und geburt zu schreiben. ende der vergangenen woche kam bei twitter unter dem hashtag #selbstgeboren eine riesige welle von blogbeiträgen dazu ins rollen. ausgelöst durch ein geplantes buchprojekt einer hebamme.

„Geburt funktioniert! Es kann ganz einfach sein, wenn Frauen währenddessen die Möglichkeit haben ganz bei sich zu bleiben und zurückhaltende und bestärkende Begleitung dabei erfahren.“ schreibt diese hebamme. achwas, denk ich mir, in loriotschem ton. ihr ansinnen ist es, berichte von „selbstbestimmten“ geburten zu sammeln und frauen damit mut zu machen, dass eine geburt ohne eingriffe möglich ist. oder wie sie schreibt: „Es spielt dabei keine Rolle wo Dein/ Euer Kind zur Welt gekommen ist, oder wo Dein Arbeitsplatz ist, wenn Du Hebamme bist. Wichtig ist ein physiologischer Geburtsverlauf, frei von Manipulation oder Eingriffen von Außen. (D.h: Ohne künstlich eingeleitete Wehen, PDA, Kristellern, Dammschnitt, Saugglocke oder Kaiserschnitt.)“

dennoch bin ich nicht gleich auf den zug gesprungen, die viel berechtigte kritik an diesem projekt mit meiner perspektive zu untermauern. denn irgendwie schien oder scheint mich was anderes zu ‚triggern‘, als viele mitbloggerinnen. da wird von mommy wars gesprochen, und wer denn die bessere mutter sei bzw. das man sich durch mütter, die eine „natürliche“ geburt hatten als kaiserschnittmutter abgewert fühlt. obwohl ich einen (sekundären) kaiserschnitt hatte, fühlte ich mich nicht schlechter als die fraktion der „spontangebärerin“. aber ich fühlte mich trotzdem scheiße. und das hatte weniger mit vergleichen zu tun, als mit dem gefühl von ohnmacht und fehlender selbstbestimmung unter der geburt.

denn natürlich gehört die reflektion der eigenen geburt dazu. und die frage: wie habe ich diese erlebt, was fühlte sich selbstbestimmt an und warum, und was nicht? was ist meinem gefühl nach schief gelaufen, was lag in wessen verantwortung, und kann man in dieser situation überhaupt „verantworten“?

ich glaube, „selbstbestimmung“ in einem kontext wie dem ausnahmezustand geburt ist eine verdammt komplexe angelegenheit. ich erlebte den teil, den man wohl übergangs-/austreibungsphase nennt, in totalem ausnahmezustand, nahm nur bruchstücke dessen wahr, was um mich geschah. aber um es anschaulicher zu machen, werde ich schreiben, wie ich die geburt (und die vorbereitungen) erlebte, wo ich das gefühl hatte, das mir die „selbstbestimmung“ entglitt und für wen ich mir ein solches projekt wie das oben genannte wünsche…

DIE VORBEREITUNGEN

auch 2010 war es schon nicht einfach, eine beleghebamme zu finden. erst muss man ja auch entscheiden, wo man entbinden will. eine hausgeburt kam für mich nicht in frage. nicht weil mir das zu unmedizinisch oder unsicher erschien. aber ich wohne im 5. stock eines altbaus ohne fahrstuhl. ich konnte mir nicht vorstellen, das, sollte eine verlegung ins krankenhaus nötig sein (und ja, das kommt gar nicht sooo selten vor, ich habe mich da informiert) mich irgendwer da unter wehen runter bekommt. das geburtshaus liegt in einem anderen stadtteil und ich machte mir sorgen, dass wir in der hauptverkehrszeit vielleicht nicht rechtzeitig dort sein könnten (im nachhinein sind das gedanken einer großstädterin, sooo weit ist es nicht, aber gut). also las ich erfahrungsberichte von krankenhäusern mit entbindungsstationen. ich schaute mir mit dem mann das krankenhaus an, das mir am sympathischsten erschien, zudem um die ecke lag und sich mit einer niedrigen kaiserschnitt- und dammschnittrate rühmte.

vorab recherchierte ich trotzdem hebammen. schließlich sollte die chemie stimmen und ich wollte auch die vorsorge schon bei hebammen machen. trotzdem dauerte es eine weile, bis ich diese schritte alle erledigen konnte. erst mal dauerte es eine weile, bis ich mich überhaupt an den gedanken, ein kind zu bekommen, gewöhnt habe. nicht, dass ich das kind nicht gewollt habe, im gegenteil, aber es war zunächst trotzdem sehr abstrakt. ich hatte dann mehrfach glück mit unseren hebammen: die chemie stimmte, sie arbeiteten als beleghebammen in meinem wunschkrankenhaus und als „nachrückerin“ konnte ich sie dann auch als beleghebammen gewinnen. ich meine, wie viel zeit bleibt einer für die auswahl einer hebamme? wie viele soll/kann man sich angucken undundund? also ja, ich fand, das war glück.

zwei punkte also abgehakt auf meiner to-do-liste. hebamme und krankenhaus: check. zu den weiteren vorbereitungen gehörte das lesen von geburtsberichten. genau, in diesem internet. die einen sagen ja, besser die finger davon lassen. mir hat es sehr geholfen. das gute: es gab berichte von „glatt“ laufenden geburten und von solchen, die weniger glatt liefen. die spannweite war sehr groß und nach einer weile bekam ich ein gutes gefühl dafür, was ICH wollte, wie ich mir MEINE geburt vorstellte. ja, ich überlegte mir auch so was wie (wunsch)kaiserschnitt und pda. denn das ganze gerede von „natürlichen“ geburten war mir suspekt. ich lass mir ja auch nicht ohne betäubung die weisheitszähne ziehen, nur weil das „natürlicher“ ist. die natur hat sich sicher bei vielem was gedacht, aber warum sollte ich darunter „leiden“? ich entschied mich dann aber gegen einen wunschkaiserschnitt. zum einen war ich neugierig wie das so ist mit den wehen, zum anderen schrieben die kaiserschnittmütter vor allem davon, dass die schmerzen hinterher viel unangenehmer waren und sie sich nach möglichkeit noch mal für eine spontangeburt entscheiden würden. ok, also möglichst spontane vaginalgeburt oder wie der korrekte ausdruck ist. bei pda blieb ich neutral, bzw. wollte es situationsabhängig entscheiden. ich las von müttern, denen die pda unglaublich geholfen hat, weil sie zeit brachte um neue energie zu tanken und zu entspannen. ich las genau so von gebärenden, bei denen die pda einen teufelskreis von interventionen nach sich zog. ergo: das wollte ich nicht vorab entscheiden. auf keinen fall wollte ich einen wehentropf oder eine einleitung, da schrieben die wenigsten gutes drüber. ach, machen wir es kurz: ich „entschied“ mich für eine geburt in der wanne. wassergeburt, das klang wie das nonplusultra. natürlich las ich auch noch die üblichen infobroschüren, besuchte einen geburtsvorbereitungskurs und lieh mir aus der bibliothek dvds zum thema geburt aus. im nachhinein wundert es mich, dass ich bei der recherche nicht über hypnobirthing und co. gestoßen bin – vielleicht hätt ich einen kurs besucht. ich fühlte mich nun bestens vorbereitet.

ES GEHT LOS

ich war bei der geburtsvorbereitenden akkupunktur, lies mir noch einen termin für die kommende woche geben, weil ich das gefühl hatte, zu übertragen. zu hause legte ich mich auf die couch und schaute „Zwei bei Kallwas“. ich war enttäuscht, war mir nach 15. minuten schon klar, wie die auflösung lautet. plopp, fruchtblase geplatzt. eindeutig. hebamme angerufen, mann angerufen. die hebamme kam zu mir, untersuchte mich und wir verabredeten uns für halb neun am nächsten morgen in der entbindungsklinik. sollten sich vorher starke wehen einstellen, sollte ich sie natürlich anrufen, ansonsten hieß es erst mal: warten. spät abends machten sich die ersten wehen bemerkbar. in dem stadium, wo man sich fragt: fühlen die sich so an? dann ist ja gut…nachts gegen zwei siegte dann die müdigkeit über die aufregung und ich beschloss, mich doch noch mal ins bett zu legen. ich schlief ein, wurde zwischendurch vom ziehen im unterleib geweckt, schlief weiter. morgens klingelte der wecker, wir packten unsere sachen und gingen los. auf dem 10minütigen fußweg zur klinik verschwanden die wehen kurzzeitig. zur aufnahme war meine hebamme da, brachte uns aufs zimmer und gab mir einen kleinen wehendrink (ich glaub, rhizinusöl war der hauptbestandteil?). auf dem weg zum zimmer bat ich meine hebamme um einen einlauf (ich hatte recherchiert, bei einer geburt verliert man möglicherweise die kontrolle über den darmausgang, ergo kackt. das wollte ich nicht, hätte mir wohl nicht bei der ‚entspannung‘ geholfen…), da ich ja auch in die wanne wollte. meine hebamme antwortete etwas wie: „wir brauchen keinen einlauf, vielleicht gehen wir ja auch gar nicht in die wanne“. als nächstes verlangte ich die papiere für pda und kaiserschnitt. das wollte ich bei klarem verstand erledigen, sollten diese eingriffe notwendig sein. auch hier: das wird nicht nötig sein.

ich will eines gleich deutlich machen: ich gebe meiner hebamme nicht die „verantwortung“, dass ich mich hier übergangen fühlte. ihre botschaft war vermutlich mehr ein beruhigendes: alles wird gut, ich kümmer mich. für mich fühlte es sich aber doof an, andererseits war ich in dieser situation so aufgeregt und verwundbar, dass ich mich da auch nicht durchsetzen konnte/wollte. ich vertraute einfach darauf, dass sie schon weiß, was gut ist.

die eröffnungsphase verlief für mich super: der mann und ich waren erst auf dem zimmer und der wehenantreibende cocktail regte auch meine verdauung an. so musste ich mir darum schon mal keine gedanken mehr machen. weil das wetter schön war, gingen wir noch runter in den garten des krankenhauses. ich veratmete die wehen, wir lachten. irgendwann fühlte ich mich im hof nicht mehr ’sicher‘ und wollte zurück aufs zimmer. dort wurden die wehen stärker, ich hielt mich am bett fest und ging zum atmen in die hocke. ging noch einmal den stationsflur rauf und runter und hatte dann das gefühl, jetzt ginge es los. ich sagte also zum mann, ich wolle in den kreisssaal. wir klingelten, eine der krankenhaushebammen machte auf und brachte uns ins wehenzimmer. dort wurde ich ans ctg angeschlossen. dafür musste ich liegen, was ich ätzend fand. mal ehrlich, mehr frauen in die medizintechnik! dieses ctg sollte mich auch später noch fertig machen, aber alles schön der reihe nach. meine hebamme kam kurze zeit später und untersuchte mich. sie gratulierte mir, der muttermund war komplett offen! halleluja, dachte ich, das war ja einfach (und ich betrachte das nicht als meine leistung, ich habe da wohl eher eine gute konstitution geschenkt bekommen)! ein anderer teil meines verstandes kam aber irgendwie noch nicht hinterher, dass es jetzt „richtig“ los gehen sollte. Ich bekräftigte noch mal meinen wunsch, in die wanne zu wollen und meine hebamme ging los um wasser einzulassen. als sie wieder kam, schienen ihr aber die herztöne des babies nicht zu gefallen und sie sagte, das mit der wanne würde wohl nichts, wir müssten direkt gegenüber in den kreisssaal. ich war enttäuscht. ich kann gar nicht sagen wie enttäuscht. und was hieß das überhaupt, dass die herztöne nicht so toll sind? war das was ernstes? muss ich mir sorgen machen? jetzt kamen die wehen aber so heftig und schnell hintereinander dass ich offen gestanden nicht weiter über das baby nachdachte, sondern daran, die schmerzen zu verarbeiten. im nachhinein muss ich ein bisschen an zirkeltraining denken: erst aufs bett und am tuch hängen (ich hatte in einem video was über die rückenmuskulatur gesehen, und dass der untere teil sich gut entspannt, wenn der obere angespannt ist. ich streckte also meine arme und meinen oberen rücken und hoffte, das macht unten alles locker). dann in die tiefe hocke. das blöde wehenschreiberdings verrutschte ständig, was ich am rande mitbekam und einfach nervte. die hebamme tastete mich bei jeder wehe ab, was ich irgendwie unangenehm fand. vermutlich wollte sie schauen, wie tief das köpfchen war oder wie es im becken lagt. vielleicht hat sie es mir auch erklärt, aber ich war nicht mehr besonders aufnahmefähig. ach ja, vorher schon (bei der aufnahme?) wurde mir ein zugang gelegt. präventiv wie es hieß. ahso, präventiv zugang aber keine unterschrift für kaiserschnitt und co? aber weiter in der reihenfolge: die tiefe hocke fühlte sich ganz ok an und ich merkte einmal, wie das köpfchen endlich in den geburtskanal flutschte. offensichtlich stresste aber der druck das baby zu sehr und ich wurde zum geburtshocker gebracht. noch angenehmer, aber die wehen wurden schwächer…ich weiß nicht, wie viel zeit bereits vergangen war, aber ich wurde aufs bett gebracht und sollte mich auf die seite liegen. NEVER wollte ich so liegen. das kreißbett war für mich eine horrorvorstellung. aber ich sollte ein wenig kraft tanken und für das baby war es wohl auch besser. ich fühlte mich schlecht. weiter kann ich nicht ganz der chronologie folgen, weil alles vor mir verschwimmt, aber es ging ungefähr so weiter: die ärztin schaute rein. sie erklärte mir, sie könnte blut aus dem köpfchen des kindes abnehmen um zu gucken, ob es genug sauerstoff hatte. vermutlich sagte sie das genau so und sachlich. was ich hörte? WIR BOHREN EIN LOCH IN DEN SCHÄDEL IHRES KINDES UND HOLEN DA BLUT RAUS! und wie sollten sie das tun? durch den bauch? durch die scheide? dann müsste ich ja still auf dem rücken liegen NÄCHSTE WEHE luft holen, mann angucken….NEIN! auf keinen fall. – die ärztin hat sich sinnvoll verhalten und vermutlich wäre diese mikroblutuntersuchung hilfreich gewesen. hätte mir zu einem selbstbestimmten weiteren verlauf der geburt geholfen. hätte man mir noch mut zusprechen sollen, diese untersuchung machen zu lassen? wurde hier meine meinung und mein wunsch respektiert? oder bin ich selber schuld, dass ich diese untersuchung abgelehnt habe und es deshalb so weiter ging, wie es weiter ging? selbstbestimmung ist ein schweres wort…ich glaube, die ärztin ging noch mal und es wurde mir vorgeschlagen, einen wehentropf anzulegen. NEIN, das wollte ich doch nie! ich hatte doch wehen! stark und schnell hintereinander. man legte es mir noch mal nahe und ich stimmte zu, schließlich war mir ja klar, dass es jetzt mal langsam voran gehen musste. ironie des schicksals: alle geräte sind irgendwie auf rechtshänderinnen ausgelegt. ich wollte aber schon den zugang lieber rechts haben, da der linke arm eben mein „bewegungsarm“ ist. nein, alles musste auf die linke seite, ich fühlte mich so noch mehr in meiner bewegungsfreiheit eingeschränkt. der zugang oder der schlauch oder irgendwas fiel ständig raus, was ich selber gar nicht merkte.

offensichtlich kam die ärztin wieder. meine hebamme ging zur eingangstür und unterhielt sich mit ihr. hinterher erzählte sie mir, dass sie ihr sagte, wir probieren es noch ein paar minuten und sie würde sich dann wieder melden. die ärztin kam aber zu mir und sagte: sie sind aber auch schon ganz geschwächt, wir sollten mal über einen kaiserschnitt nachdenken. ich war fix und alle. ja, ich war erschöpft (laut geburtsbericht dauerte die austreibungsperiode nun schon drei stunden oder mehr), ich habe nur einmal gemerkt, dass das köpfchen das becken gen ausgang verlassen hat. ich hatte „schlechte herztöne“ im ohr und „blut aus dem kopf abnehmen“. ich wollte, dass das alles aufhört. der oberarzt wurde dazugerufen (ich weiß nicht, wer ihn holte), der nickte auch. ich stimmte zu. ich hätte auch zugestimmt, wenn man mir vorgeschlagen hätte, das kind mit einem löffel aus meinem bauchnabel zu schaben. hauptsache ende.

der wehentropf wurde gegen einen wehenhemmer ausgetauscht. tja, irgendwie war dafür aber ein anderes gerät notwendig, dass irgendwo verliehen war. mir musste ein neuer zugang gelegt werden und offensichtlich durfte eine ärztin im praktikum an mir genau das üben. mein arm war jedenfalls am tag danach blau und grün. meine hebamme griff dann durch und holte einen anderen arzt, der mir dann den zugang vernünftig legte. die anästhesistin kam mit ihren fragebögen und ich setzte sowas wie eine unterschrift drunter. der mann erzählte mir hinterher, er wär ihr am liebsten an die gurgel gegangen, weil sie jedesmal die augen verdrehte, wenn ich mit einer wehe beschäftigt war, statt ihr zu antworten. nun denn, hektik, fahrstuhl, op. wie gut das tat, als der schmerz nachließ. meine hebamme wurde noch mal weggeschickt (!) weil eine wehende frau mit dickem bauch und ihre beleghebamme offenbar nicht ausreichten, um dem op-team zu beweisen, dass hier ein kaiserschnitt gemacht werden sollte, sie musste die 5 etagen wieder hoch und die ‚überweisung‘ holen. naja, ab hier ging alles schnell: ruckelruckel, ein schwacher schrei. der mann geht mit hebamme und baby kurz in den nebenraum, dann wird mir das baby ins bett gelegt, wir fahren wieder hoch, kommen in den kreissaal, werden in ruhe gelassen, später gewaschen, das baby gewogen…mutter und kind „wohlauf“.

und ich war mit der frage allein: warum wurde es ein kaiserschnitt? ich hatte kein schlechtes gewissen, meinem baby gegenüber, wie so viele mütter. minime war gesund und ich behaupte, ihm war es pupsegal wie er auf die welt kam. mir aber nicht. ich fühlte mich übergangen, allein gelassen und verwundbar. in dieser situation, die ich nicht kontrollieren konnte, in der ich den körpergewalten ausgeliefert war. ich bekam auch keine eindeutige antwort auf die frage, warum der kleine nicht auf dem „natürlichen“ weg raus wollte. ja, er hatte die nabelschnur rucksackartig umwickelt. aber sooo lang ist der ausgang ja auch nicht. lag er vielleicht auf dem trockenen und konnte das köpfchen nicht mehr in den ausgang drehen? aber fruchtwasser wird ja ständig neu gebildet und einmal hat er es ja immerhin in die richtige richtung geschafft. weder mein gynäkologe noch die hebammen auf der station wollten/konnten mir sagen, warum es nicht geklappt hat. ich fühlte mich als versagerin. letzten endes waren es vielleicht die zeitparameter, die die ärztin dazu bewogen, jetzt auf nummer sicher zu gehen. in den geburtsbericht schrieb sie „patientin wünscht kaiserschnitt“. ich hasse sie dafür.

wow, ich bin dann doch ein wenig ausgeufert. worauf ich hinaus wollte: ich war „gut vorbereitet“ und hatte alle vorkehrungen für eine „natürliche, interventionsarme“ geburt geschaffen. die eröffnungsphase war für mich ein spaziergang. manche interventionen hätte ich aber gewollt (einlauf, papierkram), andere währen vielleicht sogar sinnvoll gewesen (mikroblutuntersuchung). bei den einen wurde mein wunsch nicht gehört, bei den anderen wurde mein wunsch sofort ernst genommen, obwohl es anders vielleicht sinnvoller gewesen wäre. was heißt also selbstbestimmung unter der geburt und wer trägt dafür die verantwortung? ich glaub da gibt es keine eindeutigen antworten. eine freundin sagte vor der geburt zu ihrer hebamme, sie wolle auf keinen fall eine pda. unter der geburt fragte sie mehrfach danach, aber ihre hebamme hielt sich an den zuvor geäußerten wunsch. meine freundin ist damit sehr glücklich, es „ohne“ geschafft zu haben. was aber, wenn sie diese pda wirklich „gebraucht“ hätte, wenn sie ohne pda traumatisiert gewesen wäre? was ist da selbstbestimmung?

meiner hebamme, um es noch mal deutlich zu machen, mach ich keine vorwürfe: sie war die meiste zeit an meiner seite, war damit beschäftigt, neugierige hebammenschülerinnen fern zu halten, das ctg zu überwachen und gelegentlich wieder an ort und stelle zu bringen, mir was zu trinken zu reichen, die ärztin im praktikum zu verjagen die keinen zugang legen konnte, mir gut zuzureden, sie „mogelte“ einen cm vom muttermund weg (behauptete also ggüber der ärztin, wir seien erst bei 9cm) um etwas zeit zu schinden undundund.

DIE NACHWEHEN

ich ging mit minime zur babymassage. in der ersten stunde sollten wir uns kurz vorstellen und auch erzählen, wie die geburt verlief. ich erzählte, dass minime mit kaiserschnitt geboren wurde, ich aber nicht genau wüsste, warum. darauf sagte die kursleitende hebamme „vielleicht waren sie nicht entspannt genug“. ich hätte meine sachen packen und gehen sollen. aber ich glaubte, sie hatte recht. darüber hinaus hat der kaiserschnitt zur folge, dass ich mir den nächsten geburtsort noch genauer aussuchen muss: hausgeburt bleibt wegen immer noch gleicher wohnung tabu und es gibt auch wenige hebammen, die nach einer kaiserschnitt eine hausgeburt betreuen. das geburtshaus schließt frauen mit vorangegangem kaiserschnitt als kundinnen aus. das nächste krankenhaus, dass bekannt dafür ist, den gebärenden sehr viel zeit zu lassen und kaiserschnitte nur bei medizinischer indikation (oder auf ausdrücklichen wunsch im sinne eines echten wunschkaiserschnitts) durchzuführen, und das sogar eventuell in der wanne (ja, davon träum ich immer noch) ist über 20 minuten autofahrt weg. zwar sagen viele, die zeiten von „einmal kaiserschnitt, immer kaiserschnitt“ sind vorbei, dennoch mach ich mir gedanken.

SELBSTGEBOREN

ich fühle mich nicht von dem projekt angegriffen. mir ist total klar, dass auch ich mein kind selbstgeboren habe und die geburt weder schlechter oder besser war, weil es ein kaiserschnitt wurde. aber MIR hätte so ein buch im vorfeld ganz sicher nicht geholfen. mir persönlich ging es mit dem kaiserschnitt nicht gut, ich fühlte mich ausgeliefert und verlassen. nicht in den augen anderer mütter oder solcher hebammen. aber diese biologisierung von mutterschaft und geburt, diese natürlichkeitsrhetorik und co machen nichts besser. selbstbestimmt kann auch das bestehen auf „eingriffen“ sein. und ausschließlich den gebärenden zu suggerieren, sie seien für diese selbstbestimmung verantwortlich, entweder dadurch, dass sie sich den richtigen geburtsort, die richtige hebamme aussuchen oder „entspannt“ sind, ist purer hohn und verkennt diesen ausnahmezustand. ein sinnvolles projekt, das gebärende ermutigt sollte dazu beitragen, dass die ganze spannweite von geburtsabläufen sichtbar gemacht wird, damit man ein realistisches gefühl dafür bekommt, was eine erwarten kann. dass vielerorts auch unnötige interventionen statt finden, steht da noch auf einem anderen blatt, denn darauf hat die gebärende selbst kaum einfluss. da müssen die fachleute, hebammen, gynäkolog_innen und auch diejenigen, die für die abläufe bei geburten sonst noch mitverantwortlich sind dran arbeiten. diese „bürde“ kann man nicht auch noch den frauen auflasten.

(und das bei diesem projekt frauen und menschen, die nicht „selbstgeboren“ haben und dennoch mütter/eltern sind unsichtbar gemacht werden, lass ich außen vor)

vielleicht überarbeite ich diesen text noch mal. ich habe immer noch das gefühl, viele punkte eigentlich nur umkreist zu haben. darum bin ich doppelt gespannt auf eure leseeindrücke und kommentare! vielleicht hilft mir das beim „weiterdenken“

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