3. Mai 2016 · 6:21 pm
Der Mann und ich wollten uns Lohn- und Elternarbeit etwa nach dem 50/50 Prinzip aufteilen. Hätte das von Anfang an geklappt, hätte ich vielleicht auch ein Buch drüber geschrieben. Aus verschiedenen Gründen klappte das nicht so, wie ursprünglich geplant:
Bevor wir Kinder hatten, war der Mann angestellt, was für seinen Arbeitsbereich eher ungewöhnlich war. Der Anteil von Freiberuflern und Selbstständigen ist in seiner Branche sehr hoch. Und die Branche ist sehr männlich dominiert (männlich? von Männern?)
Ich stand am Anfang einer glorreichen Karriere als Wissenschaftlerin. Also dachte ich. Halbe Stelle an der Uni, befristet. Doktorarbeit im Kopf halb fertig. Ich hätte natürlich mit dem Kinderkriegen warten können, bis die Doktorarbeit fertig ist. Wollte ich aber nicht. Bauchmensch halt, was jetzt erst mal nicht nach glorreicher Wissenschaftlerin klingt. Aber auch wenn ich die Doktorarbeit fertig gehabt hätte: An der Uni ist man ja erst „fertig“, wenn man eine Professur hat, und das kann auch mal gut erst mit Mitte 40 sein. So was wie einen guten Zeitpunkt fürs Kinder kriegen hat es da also nicht gegeben. Dann doch lieber früher, bevor ich mit Ende 30 feststelle, dass das mit dem Schwanger werden doch nicht so schnell geht wie gedacht.

In beiden Tassen ist gleich viel Kaffee drin. In seiner ist noch ein Löffel Zucker, in meiner Sojamilch. Beides gleichwertig, wenn auch nicht gleich?
Das 50/50 Prinzip in Theorie und Praxis
Aber ich schweife ab: Ich dachte auch mit Kind(ern) können der Mann und ich gleichberechtigt unsere Karriere verfolgen. Er war dazu bereit Familienarbeit zu übernehmen, ich liebte meine Arbeit sowieso.
Nun ja, eine Schwangerschaft, Geburt und sechs Monate Elternzeit später war mir klar: Was auch immer der Mann und ich vorhatten war ohne die Arbeitswelt geplant worden. Ok, ich hatte vielleicht Pech.
Und ausschließlich befristete Verträge. Maximal 18 Monate und das war schon die seltene Ausnahme.
Der Mann machte sich einige Zeit später selbstständig. Seine Auftragslage ist gut, er ist immer mal wieder ein paar Tage am Stück unterwegs.
Als Kind1 noch Einzelkind war ging das irgendwie, ich arbeitete – bei sehr kurzen Verträgen – mal 20, mal 30, mal 40 Stunden.
Mit zwei Kindern, beide keine Eckenhocker, ist das etwas komplizierter und aufwendiger, zumal ja auch die Tagesmutter im Februar gekündigt hat. Wenn der Mann jetzt beruflich für mehrere Tage unterwegs ist, heißt das:
In der Zeit mach ich – seit ich Januar im neuen Job begonnen habe – eben alles: Morgens mich und die Kinder fertig und zur Betreuung bringen. Zur Arbeit fahren, oft auch radeln wenn der Mann das Auto hat. Das bedeutet eine Stunde Fahrtzeit pro Stecke, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln würde es genau so lang dauern. Sechs Stunden arbeiten, Feierabend, Kinder abholen, einkaufen etc. Muss ich Euch ja nicht erzählen. Ja, es gibt auch die Tage, an denen der Mann das alles macht, also außer meine Lohnarbeit. Da kann ich durchatmen. Aber nichtsdestotrotz bleibt in seiner Abwesenheit all das an mir hängen.
Wollte ich da Vollzeit arbeiten? Oder mich – für eine wissenschaftliche Karriere nicht unüblich – deutschlandweit, europaweit, weltweit bewerben? Wo würden die Kinder bleiben?
Es gab auch die Phase, in der ich sauer auf den Mann war. Das er einfach so weiter macht wie vor den Kindern. Dass er sich keinen Bürojob sucht, in dem er von 9 bis 5 arbeitet.
Aber dann dachte ich: er macht weiter so, weil er es kann. Weil keiner denkt, dass er alleine für die Kinder zuständig ist. Weil keiner seiner Auftraggeber davon ausgeht, dass Dienstreisen ein Problem sind (sein Job besteht quasi aus Dienstreisen).
Ich dagegen, saß bei einer Personalvermittlung. Bewerbung auf Bürojobs, von Teilzeit im Anschreiben keine Rede. Im Gespräch erwähnte ich dann, dass es nach Möglichkeit eine Stelle in Köln sein sollte, da ich „auch mal“ die Kinder abholen müsste. Das Gegenüber: „Ach so, aber Teilzeit können wir Ihnen nicht anbieten“. Ich bekam von dieser Vermittlung noch zwei Anrufe. Einmal hatten sie eine Stelle für mich, 9 Stunden – die WOCHE! Auf meine Rückmeldung, dass ich ja gar nicht so wenig arbeiten wollte, kam ein paziges „Ich wollte nur entgegenkommend sein“ zurück.
Derweil teilen der Mann und ich uns den Haushalt. Er denkt an Windeln und Klopapier und er kocht lieber als ich. Seit die Tagesmutter gekündigt hat, ist Kind2, wenn er nicht grad arbeitet, den ganzen Tag mit ihm unterwegs. Und seine Aufträge sucht er sich in der Regel danach aus, ob sie allzu lang, allzu weit weg sind. Und lehnt darum auch schon mal ab. Doof nur: hat keine der Stellen interessiert, bei denen ich mich beworben habe. Und wie kriegen Sie die Kinderbetreuung organisiert?
Mein aktueller Job ist in Sachen Vereinbarkeit nicht zu schlagen.
Ich habe jetzt zum Mai von 30 Wochenstunden auf 25 Wochenstunden reduziert. Freitags habe ich dann frei.
Zuerst fühlte es sich wie ein Scheitern an. Denn so werde ich garantiert nicht 50% zum Haushaltseinkommen beitragen. Und das war eigentlich immer mein Minimalziel: 50 Prozent.
Aber da wusste ich noch nicht, dass ich es doppelt so schwer haben würde wie der Mann, nach außen meine „Karrierecredibility“ zu wahren. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen.
Und ich mag grade nicht kämpfen. Der Familienalltag mit zwei kleinen Kindern ist zauberhaft und kräfteraubend gleichzeitig. Und so mag das 50/50-Prinzip vielleicht für bestimmte Paare funktionieren. Für uns funktioniert grade was Anderes.
Und wenn ich sehe, dass Kind2 bald schon seinen zweiten Geburtstag feiert, im August in den Kindergarten kommt und seit zwei Wochen zum Einschlafen nicht mehr auf meinem Bauch liegen will – dann bin ich sicher, dass der Alltag bald weniger kräfteraubend und dafür um so zauberhafter wird. Und dann kann ich ja immer noch schauen, ob mir das mit der Karriere wieder einen Kampf wert ist, oder ich mich an die langen Wochenenden gewöhne…
Und vielleicht heißt bei uns auch 50/50 bei uns, dass wir die Hälfte von Allem nicht gleichzeitig, sondern nacheinander machen.
Wie sieht es bei Euch aus?
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