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(Liebes)Brief an meine Grundschullehrerin

Kind1 kommt dieses Jahr in die Schule. Im Vorfeld haben mich viele Eltern der anderen Kindergartenkinder gefragt, in welcher Schule wir ihn anmelden, ist ja ein riesen Ding, Schulwahl. Auf dem Spielplatz ist es grade ständig Thema, man redet darüber, warum und wo man seine Kinder in die Grundschule schickt. Ich bin da sehr pragmatisch ran gegangen: Die Schule, die am besten von unserer Wohnung aus zu erreichen ist – keine große Straße über die er gehen muss oder Ampel.

Das heißt nicht, dass mir die Schule selber egal ist. Aber ob es da jetzt drei Fremdsprachen oder einen Kader des 1. FC Köln gibt – das ist mir sowas von Wumpe. Ich hab von der Schule nichts Schlechtes gehört und bin der Meinung: Letzten Endes entscheidet sich ein Großteil an der Lehrperson selber. Das ist meine ganz persönliche Erfahrung. Inzwischen kann ich einordnen, was für einen großen Einfluss meine Grundschullehrerin auf mich hatte…und wollte ihr das darum mal schreiben.

Für alle (Grundschul-)Lehrer_innen da draußen!

Ein Foto aus Grundschultagen

Ein Foto aus Grundschultagen

Liebe Frau S.

ich hoffe, Sie erinnern sich noch an mich – ich war Ihre Schülerin, ich glaube in Ihrer ersten Klasse, die Sie als Klassenlehrerin übernommen haben.

Lieber spät als nie dachte ich, ich sage Ihnen mal Danke. Oft machen einem ja erst die späteren Ausbildungsschritte klar, das der Grundstein in den ersten Schuljahren gelegt wird. Kurz gefasst bin ich mir heute sicher, dass mir das Lernen so leicht fällt, weil Sie immer ermutigend waren. Ich bin sicher, wäre ich etwa bei der Lehrerin, die meine Schwester später hatte gelandet, wäre meine weitere Schullaufbahn anders gewesen…

Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie mir gegenüber ungeduldig, geschweige denn herablassend waren. Sie haben immer das Gute betont, nie auf den Schwächen rumgetrampelt. Selbst meine recht kreativen Geschichten, warum ich meine Hausaufgaben nicht gemacht habe, nahmen Sie gelassen, manchmal fast schmunzelnd, zur Kenntnis.

Es machte Spaß bei Ihnen Schülerin zu sein und oft machte ich meine Aufgaben besonders gut, um IHNEN eine Freude zu machen – wie Kinder sich das halt manchmal so vorstellen: Der Ernst des Lebens so abstrakt, aber die Freude der Lehrerin so unmittelbar und konkret. Und diese Freude am Erfolg & Fortschritt Ihrer Schüler_innen merkte man Ihnen an – keine_r von uns war Ihnen gleichgültig. Ich erinnere mich auch an Ihre Sorgenfalten, wenn einer der unruhigen Schüler den Unterricht störte und Sie überlegten, wie man ihn wieder in die Gruppe einbinden konnte – ohne ihn zu beschimpfen oder ihn zum Schuldigen an der Störung zu machen.

Sie sahen jedes Kind als Individuum. Und behandelten es auch so, so gut das eben in einer Gruppe von 24 Kindern ging.

Auch meine persönlichen Sorgen und Probleme haben Sie stets behutsam angeschaut und mit mir besprochen. Wenn ich mich mal aus der Klassengruppe ausgeschlossen fühlte, haben Sie mir immer wertschätzend zur Seite gestanden.

Ich hoffe, Sie hatten auch in den Jahren nach uns eine gute Zeit als Lehrerin und Ihre Haltung gegenüber Schüler_innen nie geändert.

Für meinen Sohn hoffe ich, dass er auf ebenso wertschätzende und empathische Lehrer_innen trifft, bei denen die Beziehung vor der Leistungsvermittlung steht – das eine geht nämlich nicht ohne das Andere.

Herzliche Grüße, Ihre

Melanie

Heute würde man den Unterrichtsstil meiner Lehrerin vielleicht als beziehungsorientert definieren. Ich bezweifle, dass es das als Unterrichtsfach in den Leherseminaren gab damals. Und vermutlich heute auch noch nicht. Ich würde es mir aber wünschen.

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